EU-Gipfel in Brüssel Die zwei Gipfelansichten

Nach dem Abschluss des EU-Gipfels in Brüssel fallen die Reaktionen der Teilnehmer gemischt aus. Während Bundeskanzlerin Merkel von „einem Geist neuer Zuversicht“ spricht, zeigt sich EU-Ratspräsident Tusk enttäuscht.

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EU-Ratspräsident Donald Tusk und Bundeskanzlerin Angela Merkel. Quelle: dpa

Brüssel Der EU-Gipfel in Brüssel hat nach den Worten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „einen Geist von neuer Zuversicht ausgestrahlt“. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron nach dem Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs sagte Merkel am Freitag, die deutsch-französische Zusammenarbeit und Vorbereitung des Gipfels hätten sich als „wirklich belastbar erwiesen“.

Der Spitzenrunde sei auch bewusst geworden, wie sehr sich die EU-Staaten jetzt zunächst um ihre eigene Zukunft kümmern müssten und nicht zuerst um die Verhandlungen über den geplanten Austritt Großbritanniens aus der Union. Merkel verwies darauf, dass sich der Gipfel klar und geschlossen zum Pariser Klimaschutzabkommen bekannt habe.

EU-Ratspräsident Donald Tusk teilt Merkels Optimismus nicht. Er reagierte skeptisch auf die von Großbritannien angebotenen Bleiberechte für rund 3,2 Millionen EU-Bürger: „Mein erster Eindruck ist, dass das Angebot des Vereinigten Königreichs hinter unseren Erwartungen zurückbleibt“, sagte Tusk nach Ende des EU-Gipfels. Es bestehe damit das Risiko, dass sich die Situation für die betroffenen Bürger verschlechtere. Doch werde das Verhandlungsteam das erwartete schriftliche Angebot genau analysieren.

Der maltesische Regierungschef Joseph Muscat, dessen Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft ausübt, kritisierte die Idee aus London, ein bestimmtes Datum für die Gewährung von EU-Rechten festzulegen.

Premierministerin Theresa May hatte in Aussicht gestellt, dass kein legal in Großbritannien lebender EU-Bürger das Land nach dem EU-Austritt verlassen müsse. Demnach soll jeder eine Chance auf einen dauerhaft gesicherten Rechtsstatus bekommen. May nannte das ein „sehr faires und ernsthaftes Angebot“ und forderte ähnliche Zusagen auch für die Briten in der EU.

Der Brexit-Unterhändler des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, hält Mays Vorschläge für unzureichend. „Theresa Mays „großzügiges Angebot“ garantiert nicht vollständig die Rechte für EU-Bürger, die in Großbritannien leben“, erklärte der belgische Liberale am Freitag. „Unklarheiten über den Nachweisstichtag, Familienzusammenführungen und Unsicherheit über die Rechtsprechung sind nicht das, was wir suchen.“

Die Rechte der rund drei Millionen EU-Bürger in Großbritannien und der mehr als 1,5 Millionen Briten in EU-Staaten nach dem Brexit sind eines der zentralen Themen bei den Austrittsverhandlungen. Die Meinung des Europaparlaments ist deshalb wichtig, weil es jeglichem Brexit-Deal zustimmen muss.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte, die Details der Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien sollten nicht auf EU-Gipfeln besprochen werden. Zudem nannte er es für ihn nicht vorstellbar, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Streitfragen über die Rechte von EU-Bürgern nicht mehr zuständig sein soll. Dies hatte May ebenfalls vorgeschlagen. Ihre genauen Pläne will sie am Montag in London präsentieren.

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