Fall Kavanaugh US-Republikaner wollen rasche Entscheidung

Eine umfassende Untersuchung, aber möglichst schnell, fordert US-Präsident Trump von den FBI-Ermittlern. Die Demokraten wittern eine Mogelpackung.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Mehr als 800 Absolventen der Harvard Law School (HLS) haben einen Brief unterzeichnet, in dem sie die Universität aufforderten, Kavanaugh seinen Lehrauftrag zu entziehen. Quelle: Reuters

Washington Im erbitterten Parteienstreit über die Nominierung des Richters Brett Kavanaugh für das Oberste Gericht wollen die Republikaner von Präsident Donald Trump noch in dieser Woche eine Entscheidung erzwingen. Das kündigte der republikanische Mehrheitsführer im US-Senat, Mitch McConnell, am Montag (Ortszeit) in Washington an.

Dagegen forderte die Demokratin Dianne Feinstein, dass die laufenden Ermittlungen der US-Bundespolizei FBI zu Missbrauchsvorwürfen gegen Kavanaugh zeitlich unbefristet sind, alle Zeugen angehört werden und allen Vorwürfen nachgegangen wird.

Bei dem Streit geht es im Kern darum, dass die Republikaner den Demokraten eine Verzögerungstaktik vorwerfen. Aus ihrer Sicht wollen die Demokraten das Votum bis zu den Zwischenwahlen am 6. November hinauszögern – in der Hoffnung, dann selbst eine Mehrheit im Senat zu haben und den erzkonservativen Kavanaugh endgültig zu Fall zu bringen.

Die Demokraten wiederum befürchten eine Scheinuntersuchung durch das FBI, um noch zögernden Republikanern eine Zustimmung zu erleichtern. Weil die Republikaner nur eine knappe Mehrheit im Senat haben, sind sie auf jede Stimme angewiesen. Insbesondere ein Senator und zwei Senatorinnen aus ihren Reihen gelten als Wackelkandidaten.

Mehrere Frauen beschuldigen Kavanaugh schwerer sexueller Übergriffe während der Schul- und Studienzeit. Der Richter bestreitet die Anschuldigungen und wehrt sich auch gegen Darstellungen früherer Weggefährten, er habe zu Highschool- und Unizeiten heftig getrunken. US-Medien berichteten am Dienstag, dass die Ermittler mit einem Freund Kavanaughs gesprochen hätten. Der war nach Angaben einer Frau bei einer Party vor 36 Jahren anwesend, bei der es zu einer versuchten Vergewaltigung gekommen sein soll.

Trump hatte einer einwöchigen FBI-Ermittlung bis zu diesem Freitag zugestimmt. Nach heftiger Kritik am Umfang der Untersuchungen beteuerte Trump am Montag, die Ermittler hätten völlig freie Hand. „Ich denke, das FBI sollte tun, was es tun muss, um an die Antworten zu kommen“, sagte Trump. Allerdings sollten die Befragungen in einem „angemessenen Rahmen“ bleiben. „Wir wollen keine Hexenjagd machen.“ Das Weiße Haus folge den Wünschen des US-Senats. „Die eine Sache, die ich will, ist Schnelligkeit.“

Bei einem Wahlkampfauftritt in Johnson City im US-Bundesstaat Tennessee warf Trump am Montagabend (Ortszeit) dann den Demokraten vor, sie versuchten, Kavanaugh fertig zu machen. „Sie versuchen, eine sehr anständige Person zu zerstören“, sagte Trump vor seinen Anhängern. „Das dürfen wir nicht zulassen.“

Die „Washington Post“ berichtete am Dienstag unter Berufung auf mehrere Quellen, dass es für die FBI-Untersuchung Schranken gebe. So werde nicht ermittelt, ob Angaben Kavanaughs zu seinem Alkoholkonsum stimmen oder nicht.

In den vergangenen Tagen hatten mehrere Kommilitonen angegeben, er habe früher mehr getrunken als jetzt angegeben und sich auch auffällig verhalten. Das Trinkverhalten hat unmittelbar nichts mit den Tatvorwürfen zu tun, könnte aber die Glaubwürdigkeit Kavanaughs erschüttern.

Wie das Blatt weiter berichtete, soll das FBI auch keinen neuen Vorwürfen nachgehen. Einem Polizeibericht zufolge soll Kavanaugh 1985 während seiner Studentenzeit an der Universität Yale in Handgreiflichkeiten in einer Bar verwickelt gewesen sein. Kavanaugh habe einen Gast mit Eis beworfen, einer seiner Studienfreunde habe ein Glas nach dem Mann geworfen und ihn am Ohr verletzt, berichtete die „New York Times“ am Montag (Ortszeit) unter Berufung auf den Bericht der Polizei in New Haven.

Kavanaugh wird im Januar 2019 seinen Lehrauftrag an der Elite-Universität Harvard aufgeben, wo er derzeit Jura unterrichtet. Das geht aus einer E-Mail an die Studierenden hervor, die dem Sender CNN nach eigenen Angaben am Montag vorlag. Darin habe die Universität mitgeteilt, Kavanaugh könne sich nicht für den Kurs im kommenden Wintersemester verpflichten.

Die Gründe für seinen Rückzug waren zunächst unklar. Möglich wäre, dass der Rückzug mit seiner möglichen Tätigkeit am Supreme Court oder aber mit der jüngsten Kritik an seiner Person zusammenhängt.

Laut CNN-Bericht hatten bis zum Montagabend mehr als 800 Absolventen der Harvard Law School (HLS) einen Brief unterzeichnet, in dem sie die Universität aufforderten, Kavanaugh seinen Lehrauftrag zu entziehen. Die Belästigungsvorwürfe von Christine Blasey Ford seien „glaubwürdig und schwerwiegend“ und müssten ernstgenommen werden, hieß es darin laut CNN.

„Sie stellen seinen Charakter und seine Moral ernsthaft infrage und sollten ihn von einer Position auf Lebenszeit als Richter am Supreme Court disqualifizieren.“ Als Lehrender an der Harvard Law School sei Kavanaugh nicht mehr tragbar.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%