Handelsstraße blockiert „Der Suezkanal ist die Lebensader für Europa“

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„Der Weg durch die Arktis lohnt sich wirtschaftlich nicht“

Wie groß ist heute das Risiko eines militärischen Konflikts um den Suezkanal?
Die Zeiten haben sich geändert. Ägypten ist nicht mehr der Nabel des Panarabismus und stellt auch für Israel und die politische Situation im Nahen Osten kein vordringliches Bedrohungsszenario da. Niemand hat ernsthaft wirtschaftliches Interesse daran, dass der Kanal dicht ist. Ägypten hat mit dem Suezkanal im vergangenen Jahr 5,6 Milliarden Dollar Umsatz gemacht, das ist ein ganz wesentlicher Teil des Bruttosozialprodukts.

Die größte Gefahr sehe ich darin, dass ein regionaler Konflikt quasi überschwappt. Bei den aktuellen Konflikten im Jemen gab es bereits Vorfälle mit improvisierten, schwimmenden Bomben. Aber bisher hatte auch das wenig Auswirkungen.

Vor einigen Jahren gab es auch vor Somalia noch regelmäßig Piratenangriffe auf Schiffe, die durch den Suezkanal wollten – damals haben einige Schiffe umgesteuert.
Dann haben die EU-Staaten ja eine Mission zum hoheitlichen Seeschutz installiert und die Reeder zusätzlich mit privaten Sicherheitsdiensten auf die Schiffe geholt. Heute gibt es kaum noch Angriffe. Aber die Versicherungen haben da auch einen starken Einfluss: Wenn die Prämien steigen, weil die Versicherung ein Gebiet als risikoreich einstuft, müssen sich die Reeder sehr genau überlegen, ob sich die Fahrt lohnt.

Ist die europäische Wirtschaft heute zu abhängig vom Suezkanal?
Ich denke nicht. Das ist auch eine Frage der Alternativen. Zwischen Asien und Mittelmeer ist der Kanal der kürzeste Weg.

Mit dem Klimawandel und dem Abschmelzen der Arktis wird auch die Nordostpassage über Russland immer besser befahrbar. Ist das keine Alternative?
Diese Route klingt natürlich verlockend. Aber damit würde man sich natürlich auch von Russland abhängig machen, die mit ihrer Küstenlinie ein Großteil der Strecke kontrollieren und auf deren Eisbrecher man angewiesen wäre. Selbst im Sommer muss nur einmal der Wind aus der falschen Richtung wehen und das Schiff sitzt im Packeis. Und wer will schon Schiffe mit der entsprechenden Eisklasse bauen, wenn die es dann nur die nur ein paar Wochen im Jahr auf der Strecke fahren, wo sie diese Ausrüstung brauchen? Das lohnt sich wirtschaftlich nicht.

Nach 150 Jahren ist der Kanal teilweise noch immer einspurig. Entspricht das den Anforderungen der heutigen Schifffahrt?
Die Ägypter haben ja einiges gemacht. Früher konnten sich die Schiffe nur im Bittersee begegnen. Mittlerweile gibt es auf großen Teilen eine zweite Spur. Und im Gegensatz zum Panamakanal hat er keine Schleusen und deshalb auch wenig Begrenzungen für die Größen der Schiffe.

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In der Coronapandemie haben auch einige Unternehmen sich die Frage gestellt, ob es so viel Sinn macht, die Güter für ihre Produktion aus Asien einschiffen zu lassen. Wie sieht Zukunft des Suezkanals aus?
Er wird eine Zukunft und eine Bedeutung haben. Ja, in der Pandemie diskutieren Unternehmen, ob sie sich weniger abhängig machen sollten und Lieferketten nach Europa zurückholen. Aber diese Entwicklung in der Globalisierung - die ja über einen Zeitraum von dreißig oder vierzig Jahren stattgefunden hat - die dreht sich nicht einfach so zurück.

Mehr zum Thema: Containerschiffe werden länger und breiter. Das birgt enorme Gefahren und bringt immer mehr Häfen an ihre Grenzen. Nach der Havarie im Suezkanal dürfte die Lobby gegen die Ozeanriesen noch größer werden.

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