Konflikt mit Russland Ukraine bewaffnet Zehntausende Soldaten

Die Ukraine mobilisiert mehr Soldaten für den Kampf im Osten des Landes. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnt vor einer Eskalation. Unterdessen fordert die EU weiterhin Sanktionen gegen Russland.

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Die ukrainische Armee wird weiter aufgerüstet. Quelle: dpa

Kiew/Donezk Ungeachtet von Friedensbemühungen im blutigen Ukraine-Konflikt sollen ab diesem Dienstag bei einer umstrittenen Teilmobilmachung 50.000 Ukrainer zusätzlich bewaffnet werden. Das Parlament in Kiew stimmte am Donnerstag in letzter Instanz den Plänen zu, die Präsident Petro Poroschenko zuvor unterzeichnet hatte. In zwei weiteren Wellen sollen von April und Juni an erneut mehr als 50.000 Soldaten im Kampf gegen prorussische Separatisten eingezogen werden.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte in einem Zeitungsinterview vor der Gefahr einer erneuten militärischen Eskalation. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, schlug vor, die USA stärker an der Lösung des Konflikts zu beteiligen.

„Die russische Aggression geht weiter“, sagte der Sekretär des nationalen Sicherheitsrates, Alexander Turtschinow, vor den Abgeordneten. Die Intensität der Gefechte habe deutlich zugenommen. „Es ist dringend nötig, die Kampf- und Mobilisierungsbereitschaft unserer Kräfte und anderer militärischer Kräfte so zu erhöhen, dass eine angemessene Reaktion auf die Bedrohungen der nationalen Sicherheit durch die russische Aggression möglich ist“, sagte Turtschinow.

8500 reguläre russische Soldaten seien in der Ostukraine im Einsatz. Russland hat stets bestritten, Truppen im Nachbarland stationiert zu haben.

Am Mittwoch waren zwei ukrainische Soldaten beim Beschuss ihrer Stellung getötet worden. Am Dienstag starben bei einem Angriff auf einen Reisebus an einem Kontrollposten der Armee zwölf Menschen. Die Regierung macht Separatisten für die Tat verantwortlich, diese weisen die Vorwürfe zurück.

Steinmeier sprach von einer „unglaublich komplizierten Gemengelage“. Der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ sagte er: „Das Problem ist, dass wir gleichzeitig über die Festlegung der Waffenstillstandslinie, den Rückzug von schweren Waffen und ausländischen Kämpfern, den Zugang für humanitäre Hilfe und den Austausch von Gefangenen reden – und das alles in einer Situation, in der sich die Lage der Menschen im Osten der Ukraine wegen des Winters fast täglich verschlechtert.“ Fortschritte werde es deshalb „nur in kleinen Schritten geben“.


EU-Parlament fordert weiterhin Sanktionen gegen Russland

Die Aufrüstung der Armee läuft den internationalen Friedensbemühungen für die Ostukraine zuwider. Ein geplanter Krisengipfel zwischen Deutschland, Russland, der Ukraine und Frankreich war diese Woche geplatzt. Ob es zu einem für diesen Freitag angedachten Treffen der Kontaktgruppe in Minsk kommt, ist offen. Das weißrussische Außenministerium teilte mit, es habe keine Bestätigung der Teilnehmer erhalten.

Zur Kontaktgruppe gehören neben der Ukraine und den Separatisten auch Russland und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).

Ein Schlüssel für neue Gespräche ist der Abzug der ukrainischen Soldaten vom seit Monaten umkämpften Flughafen der Großstadt Donezk. Eine Anweisung für einen Rückzug gab es nach Angaben aus Kiew bislang nicht. Militär und Separatisten nahmen sich erneut unter Beschuss.

Unterdessen könnte die EU nach den Worten der Außenbeauftragten Federica Mogherini die Zusammenarbeit mit Russland in den Bereichen Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit wieder aufnehmen. Diese Möglichkeit gehöre zu den Optionen, über die die EU-Außenminister in der kommenden Woche beraten würden, sagte Mogherini am Donnerstag in Straßburg.

Zur Situation im Ukraine-Konflikt verabschiedeten die Parlamentarier mit großer Mehrheit eine Entschließung, in der eine Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland gefordert wird. Darin heißt es: „Diese Sanktionen dienen nur dazu, die russische Regierung zu veranlassen, ihre Politik zu ändern und einen sinnvollen Beitrag zu einer Lösung der Krise zu leisten“.

Verlangt wird die „Wiederaufnahme eines echten landesweiten Dialogs, der alle betroffenen Seiten einbezieht“. Für die Straßburger Volksvertretung ist es dabei von entscheidender Bedeutung, „alle größeren Gewaltakte, darunter die auf dem Maidan (in Kiew) und in Odessa unparteiisch und effektiv zu untersuchen“.

Die Krise in der Ostukraine scheint sich gegenwärtig zu verschärfen. Die Aussichten für Friedensbemühungen erscheinen nach Ansicht von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) angesichts der komplexen Lage nicht besonders optimistisch.

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