4. Russland hat die Krim nicht annektiert, sondern per Referendum „heimgeholt“
Ein „Anschluss“ der Krim an Russland hätte auch im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgen können: Indem man mit mehrmonatigem Vorlauf ein Referendum organisiert, das die Ukraine unterstützt und die OSZE als neutrale Organisation überwacht. Vermutlich hätten die Krim-Bewohner im Sinne des Kremls gestimmt – allein schon, weil die Renten in Russland höher sind als in der Ukraine. Die Besetzung der Krim mit „grünen Männchen“ ist juristisch eine klare Verletzung des Völkerrechts: Die Souveränität der Territorien fremder Staaten ist unantastbar und in russisch-ukrainischen Verträgen eindeutig festgeschrieben. Ihr Bruch signalisiert der Welt, dass sich Russland im Zweifel an eigene Verträge nicht hält – und dies ist auch für die Wirtschaft keine gute Botschaft. Über den Kosovo-Konflikt kann man derweil streiten, aber die „Causa Krim“ relativiert dies nicht, schließlich ist dort nie ein Schuss gefallen, der eine Intervention aus „humanitären Gründen“ hätte rechtfertigen können.
5. Eigentlich gehörte die Ukraine ja immer schon zu Russland
Gottseidank kam in Deutschland lange keiner mehr auf die Idee, an einen Zusammenschluss mit Österreich auch nur zu denken – obwohl man im Nachbarland dieselbe Sprache spricht. In Russland sind ähnliche Gedanken aber gerade sehr „en vogue“: In der politischen Debatte wird die Ukraine als „Neurussland“ bezeichnet und somit direkt zum Eroberungsziel erklärt. Für die Nachbarn ist das brandgefährlich! Dabei dürfte die Zahl jener, die den Anschluss an Russland wünschen, selbst in der Ost-Ukraine überschaubar sein: Wer dort Arbeit hat, weiß sehr die Vorzüge einer souveränen Ukraine zu schätzen. Die dortigen Industriebetriebe würden im Konkurrenzkampf mit besser aufgestellten russischen untergehen, eine „Volksrepublik Donezk“ wäre ohnehin nicht überlebensfähig. Die Begeisterung, von Russland erobert zu werden, hält sich selbst in den Gegenden um Donezk und Lugansk in Grenzen – in Städten wie Charkow und Odessa ist sie erst Recht nicht zu spüren.
6. In der Ukraine herrschen Faschisten, die auch die illegale Regierung stellen
Zwar sitzen im ukrainischen Kabinett drei Minister, die der rechten Partei „Swoboda“ angehören – aber auf unbedeutenden Posten, die Männer haben nichts zu sagen. Premier Arsenij Jazenjuk führt seine Übergangsregierung auf einem eher wirtschaftsliberalen Kurs durch eine schwere Finanzkrise, für die Neuwahlen im Oktober rechnet er sich Chancen aus. Präsident Petro Poroschenko ist Unternehmer und steht keinen extremen Kräften nahe; bei den Präsidentschaftswahlen im Mai holten die Rechts-Parteien zusammen weit weniger als fünf Prozent der Stimmen. In Kiew herrschen keine Faschisten – und die Ukrainer wählen bislang lieber Mitte als das rechte Spektrum. Militante rechte Gruppen haben aber die Maidan-Bewegung mitgetragen und fordern jetzt Mitsprache in der Politik. Doch den moderaten Politikern gelingt es, sie klein zu halten.
Die Sanktionen der EU und USA gegen Russland
Die EU erschwert den Zugang zu den EU-Finanzmärkten für russische Banken. Gilt für alle Banken mit einem staatlichen Anteil von mindestens 50 Prozent. Sie können auf den EU-Kapitalmärkten keine neuen Wertpapiere oder Aktien von russischen Unternehmen mehr verkaufen.
In den USA fallen drei weitere Banken im russischen Staatsbesitz unter die Strafmaßnahmen, damit sind es nun fünf von sechs: Die Bank von Moskau, die Russische Landwirtschaftsbank und die VTB Bank kamen hinzu. Ihnen wird der Zugang zu mittel- und langfristiger Dollarfinanzierung für Russland erschwert. Sie dürfen aber weiter in den USA operieren.
Die EU verbietet künftige Rüstungslieferungen. Betroffen sind alle Güter, die auf einer entsprechenden Liste der EU stehen. Gilt nicht für bereits unterzeichnete Verträge, also auch nicht für die Lieferung von zwei französischen Hubschrauberträgern im Wert von 1,2 Milliarden Euro an Russland.
In den USA wurde die United Shipbuilding Corporation (größtes russisches Schiffsbau-Unternehmen) zu den bislang acht auf der Sanktionsliste stehenden Firmen im Verteidigungssektor ergänzt. Die Unternehmen dürfen nicht mehr das US-Finanzsystem nutzen oder mit amerikanischen Bürgern Geschäfte machen.
Die EU verbietet den Export von bestimmten Hochtechnologiegütern an das Militär. Gilt beispielsweise für Verschlüsselungssysteme sowie für Hochleistungscomputer.
Die EU untersagt die Ausfuhr für Spezialtechnik zur Ölförderung. Zielt auf Geräte, die für Ölbohrung und -förderung beispielsweise in der Arktis gebraucht werden.
Auch in den USA gelten für Unternehmen aus der Ölbranche eingeschränkte Importmöglichkeiten für Technik zur Erschließung von Ölquellen in tiefen Gewässern, vor der arktischen Küste oder in Schiefergestein. Die aktuelle Energieproduktion werde damit aber nicht beeinträchtigt.
7. Die Kiewer Maidan-Bewegung kam nur zustande, weil sie der Westen finanzierte
Politische Stiftungen des Westens fördern zivilgesellschaftliche Projekte. Na und? Das ist in vielen Ländern der Welt so, es geht in erster Linie um Völkeraustausch. Aber gegen Geld haben sich in den Wintertagen keine Zehntausende in Kiew auf den Maidan verirrt – es wäre logistisch gar nicht zu stemmen gewesen, jedem Teilnehmer zehn Dollar in die Hand zu drücken. In Kiew ist vielmehr passiert, was in Autokratien um Himmels willen nicht passieren darf: Ein Volk hat seinem Willen kundgetan und gegen ein Willkür-Regime protestiert. Am Ende wurde sie gestürzt. Das passiert.