Der Präsident macht es kurz: „Großartiger Erfolg heute Abend. Danke an alle“, twittert er, während im ganzen Land noch die Stimmen ausgezählt werden. Da ist die Richtung, die diese Zwischenwahlen nehmen, allerdings längst klar.
Wie erwartet verloren Trumps Republikaner ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus, konnten aber einige Sitze im Senat hinzugewinnen. Die Ära, in der die Grand Old Party (GOP) sämtliche Machthebel in Washington besetzte, ist vorbei.
Es bedarf einiges an präsidentieller Selbsttäuschung, um ein solches Wahlergebnis zum Sieg umzudeuten. Zwar blieb die befürchtete „blaue Welle“, der ungebremste Durchmarsch der oppositionellen Demokraten im Kongress, aus. Doch die Ergebnisse können die Republikaner trotzdem nicht zufrieden stellen.
Aufs ganze Land gerechnet landete die Präsidentenpartei mit weitem Abstand hinter den Demokraten. Zwar bauten die Republikaner ihre Mehrheit im Senat aus, allerdings nicht annähernd so stark, wie es die Opposition in ihren dunkelsten Stunden befürchtet hatte. Schließlich standen für die obere Kongresskammer deutlich mehr Demokraten zur Wahl, allein zehn von ihnen in Staaten, die Trump vor zwei Jahren gewonnen hatte. Angesichts dieser Gemengelage sind die moderaten Zuwächse fast schon eine Enttäuschung.
Zumal auf dem Papier vieles für die Republikaner gesprochen hätte. Die Wirtschaftslage in den USA ist historisch gut – das Wachstum stark, die Arbeitslosigkeit niedrig. Doch anstatt sich auf dieses Thema zu konzentrieren, setzte Trump im Wahlkampf lieber auf das Thema Einwanderung – und das mit teils rassistischen Tönen.
Damit gelang es ihm zwar, seine Basis zu begeistern, in der Mitte jedoch, wo auch in den USA traditionell die Wahlen gewonnen werden, wandten sich die Wähler vom Präsidenten ab.
Wie erwartet konnten die Demokraten vor allem in den Vorstädten der großen Metropolen zulegen. Dort, wo die gut gebildete, finanziell ungefährdete Mittelschicht zu Hause ist. Hier haben die Republikaner von je her ihre Basis. Sollten diese Wähler nun dauerhaft ins Demokraten-Lager wechseln, hat die GOP künftig ein nachhaltiges Problem.
Die Folgen für die Wirtschaft
Das Ergebnis hat auch unmittelbare Auswirkungen. Für die Trump-Regierung brechen jetzt schwierige Zeiten an. Bislang überstand der Präsident seine zahlreichen Skandale auch deshalb weitgehend unbeschadet, weil eine ernsthafte Kontrolle durch den Kongress nicht stattgefunden hat. Damit dürfte jetzt Schluss sein.
Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus kann das Weiße Haus nun mit Vorladungen und Beweisanträgen überziehen. Trumps Verhältnis zur Russland dürfte noch einmal ganz neu untersucht werden, sein Geschäftsgebaren und die vielen großen und kleinen Korruptionsskandale und Interessenkonflikte seines Kabinetts und seiner Familie.
Auch die nach wie vor geheim gehaltene Steuererklärung des Präsidenten könnte nun ihren Weg in die Öffentlichkeit finden.
An Negativschlagzeilen wird es dem Präsidenten in den kommenden zwei Jahren also kaum mangeln. Die Umsetzung seiner Agenda dürfte durch die Daueruntersuchungen ebenfalls leiden. Eine feindselige Kongresskammer hat in der Vergangenheit schon deutlich organisiertere Regierungen zum Stillstand gezwungen.
An der Gesetzgebungsfront wird sich auf absehbare Zeit sowieso nicht mehr viel bewegen. Das Misstrauen zwischen Demokraten und Republikanern in Washington ist so enorm, dass an große Reformprojekte angesichts der unterschiedlichen Mehrheiten in den beiden Kongresskammern in den kommenden zwei Jahren nicht zu denken ist.
Für die Wirtschaftspolitik muss das in der aktuellen Situation nicht dramatisch sein. Die Steuerreform ist bereits verabschiedet, die Deregulierungspolitik kann das Weiße Haus auch ohne den Kongress fortsetzen.
Doch sollte die US-Wirtschaft in die Krise rutschen, könnte es zu einem enormen Problem werden. Kaum vorstellbar, dass sich Kongress und Weißes Haus in der künftigen Konstellation auf effektive Gegenmaßnahmen einigen könnten. Zu tief ist der ideologische Graben zwischen den Parteien mittlerweile. Und im Weißen Haus sitzt ein Präsident, der den Demokraten so verhasst ist, dass er als Brückenbauer nicht in Frage kommt.
Den Demokraten gibt das Ergebnis vor allem Hoffnung. Endlich sitzen sie wieder mit am Tisch, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen. Ob sie in zwei Jahren allerdings auch das Präsidentenamt zurückerobern können, ist offen. Zwar verdankt die Partei ihren Sieg im Repräsentantenhaus zu großen Teilen der Abneigung gegen den Präsidenten. Eine eigene, verbindende Agenda haben die Demokraten heute allerdings noch nicht vorzuweisen.
Das sagen Ökonomen zum Ausgang der US-Kongresswahl
"Es wird ungemütlich für Trump, aber Verbesserungen für Europa im Streit über Zölle und Militärausgaben erwarte ich nicht. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus hat meines Erachtens drei Konsequenzen. Erstens wird Trump weitere Steuersenkungen, die er plant, nicht durchsetzen können. Zweitens muss im März 2019 die Obergrenze für die Staatschulden erhöht werden. Die Demokraten könnten dafür Maßnahmen zum Abbau des Budgetdefizits verlangen, also eventuell Steuererhöhungen. All das bedeutet, dass der schuldenfinanzierte Boom in den USA schneller enden könnte als bislang erwartet. Drittens werden die Demokraten Trump mit Untersuchungsausschüssen unter Druck setzen, eventuell sogar ein Verfahren zur Amtsenthebung einleiten. Wirklich stürzen können sie den Präsidenten nicht, weil die Republikaner den Senat beherrschen.
Prinzipiell wären die Demokraten wie Trump daran interessiert, ein Investitionsprogramm für die US-Infrastruktur auf den Weg zu bringen. Das könnte ein gemeinsames Projekt sein. Aber einen solchen Erfolg werden die Demokraten Trump kaum gönnen, deshalb wird das wohl nichts. In der Handelspolitik wird sich wenig ändern. Viele Demokraten sind eher protektionistisch orientiert. Es kann sogar sein, dass Trump gegenüber Europa und China noch aggressiver wird, um davon abzulenken, dass er innenpolitisch unter Druck gerät und nicht mehr viel bewegen kann."
"Die deutsche Industrie muss sich auch zukünftig auf rauen Gegenwind aus Washington einstellen. Wir haben wenig Zuversicht, dass sich an der protektionistischen Ausrichtung der amerikanischen Handelspolitik etwas ändern wird. Viele Demokraten unterstützen die Handelsagenda des Präsidenten. Der Konfrontationskurs der US-Regierung ist und bleibt eine Gefahr für die Weltwirtschaft.
Ein schärferer Handelskonflikt nutzt niemandem, auch nicht den amerikanischen Unternehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die Strafzölle der US-Regierung auf die heimische Konjunktur negativ durchschlagen.
Nationale Alleingänge und Zölle unter dem Deckmantel der nationalen Sicherheit sind falsch. Europäische Exporte gefährden nicht die nationale Sicherheit in den USA. Die USA sollten sich konstruktiv für eine Reform der Welthandelsorganisation einsetzen und dazu beitragen, moderne Handelsregeln zu schaffen."
"Der Wahlausgang in den USA zeigt, dass die Politik Donald Trumps auch im eigenen Land nicht unumstritten ist. Gerade in der Handelspolitik sind die Herausforderungen aktuell besonders groß - Handelskonflikt mit China, Strafzölle, WTO. Auch die deutsche Wirtschaft ist hiervon direkt betroffen. Nach dem Ausgang der Wahl ist immerhin zu erwarten, dass die innenpolitische Auseinandersetzung zu diesen gerade für die deutsche Wirtschaft so wichtigen Themen wieder kontroverser wird. Das ist ein kleines Zeichen von Hoffnung. Insgesamt stehen die Zeichen für das Thema Handelspolitik und die Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika nicht auf Abkehr vom bisherigen Kurs."
"Bei der Abstimmung über den Haushalt wird es eine starke Opposition geben und absehbar eine Blockade der Politik mit dem Risiko, dass es zu einem Regierungsstillstand kommt. Das Defizit und die Schulden des US-Bundesstaats werden weiter steigen. Dies könnte die Gefahr ungünstigerer Finanzierungsbedingungen und einer Rezession erhöhen."
"Dieses Ergebnis bedeutet, dass es zu einer stärkeren Blockade der Regierungspolitik kommen wird. Diese kann abgemildert werden, wenn es gemäßigten Republikanern gelingt, eine stärkere Stimme in ihrer Partei zu werden. Da die Demokraten das Repräsentantenhaus kontrollieren, wird Trump die US-Wirtschaft nicht durch zusätzliche wirtschaftspolitische Schritte überhitzen können. Er dürfte auch größere Schwierigkeiten haben, andere, schwächere Länder dazu zu bringen, den USA bessere Handelsabkommen zu gewähren und Einwanderer genauso hart wie bisher zu behandeln."
"Da große Überraschungen ausblieben, nimmt man den Wahlausgang an den Finanzmärkten gelassen. Deutliche Kursreaktionen sind bislang nicht auszumachen. Der Euro kann gegenüber dem US-Dollar leichte Zugewinne verbuchen. US-Staatstitel notieren ebenfalls etwas im Plus.
Die Demokraten werden nun versuchen, das Leben des Präsidenten so schwer wie möglich zu machen. Viele Gesetze bedürfen der Zustimmung beider Häuser des Kongresses. So ungern Donald Trump Kompromisse eingeht, spätestens bei der Verabschiedung neuer Haushaltsgesetze braucht er die Zustimmung der Demokraten. Die laxe Finanzpolitik des US-Präsidenten kann von den Demokraten ausgeschlachtet werden. Aber auch neue Untersuchungsausschüsse können den Chef des Weißen Hauses in Bedrängnis bringen. Es brechen also ungemütlichere Zeiten in der Regierungszentrale an."
"Dass der US-Präsident nun weiterhin seine republikanischen Impulse setzen kann, dabei aber etwas mehr Gegenwind von den Demokraten im Repräsentantenhaus bekommt, könnte sich als optimale Konstellation für die Märkte herausstellen. Denn grundsätzlich trauen die Börsen den Republikanern mehr Wirtschaftskompetenz zu als den Demokraten – doch Donald Trump hat es durch seine zuweilen aggressive Vorgehensweise geschafft, diesen Bonus zu verspielen. So sehr die Märkte republikanische Politik grundsätzlich zu schätzen wissen, so wenig mögen sie Unsicherheit und Instabilität."
"Das Wahlergebnis hat neue fiskalpolitische Impulse in den kommenden zwei Jahren unwahrscheinlich gemacht. Zwar gibt es kleinere gemeinsame politische Anliegen, deren Umfang sollte aber nicht groß genug sein, um unser Konjunkturbild zu ändern. Daher dürfte der Impuls der letzten Steuerreform die US-Wirtschaft noch bis zum Frühjahr 2019 tragen, danach sollte jedoch die Konjunkturdynamik an Fahrt verlieren. Durch die Reform wurden in erster Linie Investitionen und Konsumausgaben vorgezogen, es deutet aber wenig auf nachhaltig höhere Investitionen hin, die das Potenzialwachstum der US-Wirtschaft steigern. Eine erhöhte Unsicherheit um die US-Politik dürfte bleiben. Zum einen steigt mit einem gespaltenen Kongress die Wahrscheinlichkeit für hitzige Budgetverhandlungen und die Gefahr eines Regierungsstillstands. Zum anderen ändert sich die Handels- und Außenpolitik der USA nicht, da diese allein vom Präsidenten gestaltet wird."
"Trump dürfte von nun an das Regieren deutlich schwerer gemacht werden. Seine fiskalpolitische Agenda mit Steuersenkungen und erhöhten Ausgaben für Rüstung und eine Mauer gegenüber Mexiko wird kaum in der gesehenen Form weiterlaufen können. Im Gegenteil: Es droht für die kommenden zwei Jahre durchaus einmal mehr Stillstand, nicht nur im übertragenen Sinn, sondern auch ganz wörtlich. Ein 'Government Shutdown' könnte wieder Wirklichkeit werden, wenn die Demokraten bei den anstehenden Haushaltsberatungen auf stur stellen. Die Republikaner im Parlament wiederum könnten entweder versuchen, sich von Trump abzusetzen oder sich noch enger um ihn scharen."
"Die Börsen sollten mit diesem Wahlergebnis ganz gut leben können. Eine weitere Steuerreform dürfte damit zwar vom Tisch sein. Dafür wird Donald Trump zumindest innenpolitisch berechenbarer. Auf den Handelsstreit mit China hat das Ergebnis keine unmittelbaren Auswirkungen. Hier kann Donald Trump ohne den Kongress handeln und verhandeln."
"Das Ergebnis ist ein klares Unentschieden ohne große Folgen für die amerikanische Wirtschaftspolitik oder für Finanzmärkte. Da die beiden Häuser des Kongresses sich gegenseitig blockieren, läuft es auf eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners hinaus. Große Initiativen dürfte es nicht geben. Die großen Probleme des Landes - Gesundheitswesen, Medicare und das ausufernde Staatsdefizit - wird dieser Kongress kaum angehen. Harte Entscheidungen wird es nicht geben. Höchstens kann es einige Initiativen von Trump gemeinsam mit den Demokraten geben, die über ein Infrastrukturprogramm auf ein noch höheres Staatsdefizit hinauslaufen.
In der Außen- und Handelspolitik ändert sich nichts. Trump rechtfertigt seinen Protektionismus mit sicherheitspolitischen Argumenten. Dort kann ihn der Kongress kaum einhegen. In der Politik gegenüber Europa ändert sich wohl nichts. Das Unentschieden erlaubt keine Rückschlüsse auf die Präsidentenwahl 2021. Trump kann seine Wirtschaftspolitik fortführen mit einigen weiteren Deregulierungen."
"Für uns bedeutet das Wahlergebnis kein Aufatmen im Handelskonflikt mit den USA. Wenn Trump künftig innenpolitisch weniger frei agieren kann, dann ist es nicht ausgeschlossen, dass er im Bereich der Außenwirtschaftspolitik - wo er weitgehend freie Hand hat - umso entschiedener auftritt. So kann er die geringer gewordenen Handlungsoptionen in der Innenpolitik ausgleichen. Die Risiken für Deutschland und Europa im Handelskonflikt haben nicht abgenommen, sie sind sogar eher etwas gestiegen.
Ich rate dazu, Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen. Dazu muss die EU bereit sein, Zölle deutlich zu senken. So könnten die Autozölle auf das niedrige amerikanische Niveau gedrückt werden. Auch könnten die Nato-Verpflichtungen, wonach zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgegeben werden sollten, erfüllt werden. Das wäre ein wichtiges Signal, um Trump den Wind aus den Segeln zu nehmen."
Künftig sitzen selbsterklärte demokratische Sozialisten und semi-konservative Zentristen gemeinsam in einer Kongressfraktion. Das war die richtige Strategie, um die Mehrheit von 435 Wahlbezirken zu gewinnen, für die Präsidentschaft gelten allerdings andere Regeln.
Der Partei steht damit ein langer Richtungsstreit bevor, an dessen Ende ein Herausforderer für Donald Trump stehen wird. Lange dürfte es nicht dauern, bis er voll ausbricht.
Die Wahlen 2018 sind vorbei, die von 2020 stehen fast schon unmittelbar bevor.