Mohammed bin Salman Deutsche Unternehmer hoffen auf den saudischen Kronprinzen

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Saudis sollen die Jobs übernehmen - wollen aber oft gar nicht

Jahrzehntelang sind in Saudi-Arabien keine größeren Reformen umgesetzt worden. Der Ölreichtum ernährte eine Tausende Prinzen und deren Familien umfassende königliche Familie und eine satte Gesellschaft. Jegliche anstrengende Arbeit wurde von Gastarbeitern verrichtet, die rund ein Drittel der Bevölkerung bilden. Man lebte in Wohlstand und Isolation zugleich. Für die Reichen seit jeher kein Problem: Sie kauften sich Freiheit, Spaß und Luxusgüter im Urlaub am libanesischen Mittelmeer, in der Schweiz, in München, Paris oder London.

„Vision 2030“ hat Mohammed bin Salman seinen Entwicklungsplan für Saudi-Arabien genannt. Im Arabischen sind Vision und „Traum“ dasselbe Wort. Man kann also darin lesen, was man mag: Einen Masterplan, der durchgezogen wird. Einen Wunsch, wie es einmal sein könnte. Eine Fantasie, die wenig mit der Realität zu tun hat. Mohammed bin Salman, der Macher, hat bisher wenig Zweifel daran gelassen, dass er eher einen Masterplan umsetzt als Luftschlösser baut – trotz einiger Mega-Projekte, die Beobachter noch skeptisch betrachten und sagen: Na, mal sehen, ob das wirklich so umgesetzt wird. Die Rede ist etwa von der Reißbrett-Digitalstadt Neom, deren Manager bis vor kurzem der ehemalige Siemens-Chef Klaus Kleinfeld war.

Einer von denen, die Mohammed bin Salman zutrauen, dass er seine Pläne umsetzt, ist Joachim Schares. Der Geschäftsführende Gesellschafter im Architektenbüro Albert Speer + Partner in Frankfurt betreut Bauprojekte in der arabischen Welt, darunter auch in Saudi-Arabien. Schon der Namensgeber, Albert Speer Junior, war Architekt für repräsentative Gebäude im Königreich, etwa das Gericht in der Hauptstadt Riad. „Mohammed bin Salman arbeitet rund um die Uhr und kennt keine Pausen“, sagt Joachim Schares über den Kronprinzen. Er habe ihn einmal getroffen, der Termin sei nachts um viertel vor zwölf gewesen, der Kronprinz hellwach. „Und ich war nicht der letzte Termin für ihn“, fügt Schares hinzu.

Die Saudi Vision 2030 in Kürze

Deutlich weniger glänzend kommt bin Salmans Projekt der Diversifizierung und Saudifizierung der heimischen Wirtschaft an. Dabei stößt der als unermüdlich beschriebene Kronprinz auf ungeahnte Hindernisse. Zwar ist die Jugend des Landes in der deutlichen Mehrheit und dürstet nach mehr Freiheiten. Wenn Mohammed bin Salman dem „Time“-Magazine sagt: „Unsere Augen sind auf das gerichtet, was uns fehlt“, so spricht er den 70 Prozent der saudischen Bevölkerung wohl aus der Seele.

Ein wenig anders sieht die Sache aus, wenn der heimische Arbeitsmarkt verstärkt mit Einheimischen besetzt werden soll. Das bedeutet nämlich, dass Saudis dann auch einmal echte Arbeit verrichten müssen. Für viele der Verwöhnten im Land eine inakzeptable Zumutung. Der „Business Insider“ schrieb vorvergangene Woche, nun würden sich die einheimischen Firmen beschweren, weil bereits 800.000 ausländische Arbeiter wegen bin Salmans Saudifizierungsplänen das Land verlassen hätten – die Einheimischen sich nun aber als „faul“ erwiesen. Auch bei den Steuerplänen bekam der Kronprinz schon den Unmut der Bevölkerung zu spüren. Benzin wurde um 80 Prozent teurer, worüber der deutsche Autofahrer freilich nur spotten kann: Ausgangspreis war nämlich ein Betrag von rund 20 Cent pro Liter.

Die Unterstützung deutscher Unternehmen hat bin Salman indes sicher. Sie stehen bereits in den Startlöchern und hoffen, dass die seit Monaten andauernde diplomatische Krise bald überwunden ist. Bei aller Skepsis, ob die Pläne in allen Details umgesetzt werden, hoffen sie auf wichtige Aufträge bei den geplanten Mega-Projekten. Ausgerechnet den Deutschen Klaus Kleinfeld holte bin Salman diesen Monat ins Boot als Berater für die Projekte der Vision 2030. Die Unternehmer daheim dürfte die neue Position des alten Bekannten gefreut haben.

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