Paul Ryan beugt sich Donald Trump Kniefall vor dem Populisten

Paul Ryan, ranghöchster Republikaner in den USA, beugt sich dem Führungsanspruch des großen Verführers Donald Trump. Jetzt sind alle Restzweifel ausgeräumt: Die Republikaner sind geistig-moralisch bankrott. Ein Kommentar.

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Der Sprecher des Abgeordnetenhauses und ranghöchste Republikaner der USA (links) kapituliert vor Donald Trump. Quelle: AFP

„Ein trauriger Tag für Amerika“ – so kommentiert die Washington Post am Freitag die endgültige Kapitulation des konservativen Establishments vor Donald Trump. Tags zuvor war auch Paul Ryan eingeknickt, der Sprecher des Abgeordnetenhauses und ranghöchste Republikaner im Land hatte in einer Lokalzeitung eine Ergebenheitsadresse an den neuen Parteiführer veröffentlicht. Wenn es noch einen Restzweifel gab, so ist er jetzt ausgeräumt: Die Republikaner sind geistig-moralisch bankrott. Die einst stolze Party of Lincoln ist zur Party of Trump geschrumpft.

Bisher hatte sich Ryan stets als Mann mit Prinzipien präsentiert und seine Wahlempfehlung für Trump zurückgehalten. Im April ließ der Speaker einen aufwändigen Werbeclip produzieren, in dem er kaum verhohlen seine Opposition zu Trump erklärte. „Was mich am meisten stört“, sagte Ryan vor einem Fahnenspalier, „ist das Konzept der Identitätspolitik. Dass wir Wahlen gewinnen, indem wir Leute auseinandertreiben.“ An anderer Stelle mahnte Ryan: „Wir dürfen Gehässigkeit nicht zur Norm werden lassen.“ Doch nun beugt er sich dem Willen jenes Kandidaten, der mit seinen gehässigen Parolen genau das betreibt, was Ryan angeblich bekämpfen wollte: eine Politik der Spaltung.

Der Anführer des rechten Establishments erklärt seine Kapitulation ausgerechnet in einer Woche, in der Trump mit Vorwürfen zu seiner betrügerischen „Trump University“ konfrontiert wird und mit Attacken auf Journalisten und einen Bundesrichter seine Missachtung der Gewaltenteilung zum Ausdruck bringt. Selbst konservative Rechtsexperten sind inzwischen stark beunruhigt. Sie fürchten, dass Trump eine Verfassungskrise heraufbeschwören würde, sollte er tatsächlich ins Weiße Haus gewählt werden

Trump schert sich nicht um die Grenzen der Macht des Präsidenten, er hat keinen Respekt vor den wichtigsten Institutionen der amerikanischen Demokratie. Seine Ankündigung, Muslimen die Einreise in die USA zu verweigern, ist ein Angriff auf die Religionsfreiheit. Seine Drohung, Verleumdungsklagen gegen Journalisten zu erleichtern, ist ein Angriff auf die Pressefreiheit. Und seine Ausfälle gegen den mit der „Trump University“ befassten Richter Gonzalo Curiel, seine Behauptung, der im US-Bundesstaat Indiana geborene Jurist sei „ein Mexikaner“ und „ein Trump-Hasser“, gegen den man etwas unternehmen müsse, sind Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz und das Selbstverständnis Amerikas als Einwandererland.

Ryan und andere prominente Trump-Kollaborateure reden sich ein, dass sie den Populisten kontrollieren können. Sie glauben, dass sie mit Trump politisch mehr verbindet als mit Hillary Clinton, der De-Facto-Kandidatin der Demokraten. Das ist es, was diesen Tag so traurig macht. Es ist der Tag, an dem klar wird: Es gibt keinen demokratischen Grundkonsens zwischen Republikanern und Demokraten mehr.

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