Putschversuch in der Türkei Menschenrechtsgericht will Klagen noch nicht prüfen

Die Hoffnungen auf ein baldiges Urteil aus Straßburg zum Putschversuch in der Türkei schwinden: Der Menschenrechtsgerichtshof hat eine weitere Klage zurückgewiesen. Betroffene werden auf andere Rechtsmittel hingewiesen.

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In Straßburg waren tausende Beschwerden im Zusammenhang mit dem Putschversuch eingegangen. Quelle: dpa

Straßburg Ein erstes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Putschversuch in der Türkei lässt weiter auf sich warten. Mit einer Entscheidung von Montag halten die Straßburger Richter an ihrer Linie fest, Kläger zunächst auf den nationalen Rechtsweg zu verweisen. Der Gerichtshof lehnte damit zum vierten Mal eine Beschwerde im Zusammenhang mit dem Putschversuch vom 15. Juli als unzulässig ab. „Nachdem das höchste Gericht (Verfassungsgericht) einen Fall geprüft und ein Urteil gesprochen hat, kann jeder Einzelne eine Beschwerde nach der (Menschenrechts-)Konvention vor dem Europäischen Gerichtshof einreichen“, hieß es. (Beschwerde-Nr. 70478/16)

Geklagt hatte ein Lehrer, der aufgrund eines Notstandsdekrets entlassen worden war. Er muss sich nun zunächst vor einer neu eingerichteten Kommission in der Türkei gegen die Entlassung wehren.

Es sei an den Betroffenen, die Grenzen des neuen Rechtsmittels zur Überprüfung von Entlassungen zu testen, so die Straßburger Richter. Der Gerichtshof habe keinen Grund zur Annahme, dass das neue Rechtsmittel den Beschwerden des Klägers nicht angemessenen abhelfen könne. „Oder dass es keine vernünftigen Erfolgschancen bietet.“

Entscheidungen der Kommission sollen von den Verwaltungsgerichten und schließlich vom Verfassungsgericht kontrolliert werden können. Erst dann will das Menschenrechtsgericht Klagen gegen Entlassungen nach dem Putschversuch inhaltlich prüfen. Bisher hat die im Januar eingerichtete Kommission ihre Arbeit allerdings nicht aufgenommen.

In Straßburg waren bis Ende Mai 17 630 Beschwerden im Zusammenhang mit dem Putschversuch eingegangen. Dabei geht es neben Entlassungen, vor allem um Inhaftierungen. Unter den Klägern ist auch der in der Türkei inhaftierte deutsch-türkische „Welt“-Journalist Deniz Yücel. Seit der Niederschlagung des Putsches wurden Zehntausende Menschen inhaftiert und rund 100 000 Staatsbedienstete entlassen.

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