Putschversuch und die Folgen Mehr Türken stellen Asylantrag in Deutschland

Offenbar wollen immer mehr Türken ihre Heimat verlassen – und beantragen Asyl in Deutschland. Während sich die Lage in der Türkei zuspitzt, sieht Kanzleramtsminister Peter Altmaier „keinen Grund für einen Plan B“.

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Die Zahl an Türken, die Asyl in Deutschland beantragen, steigt. Quelle: dpa

Berlin Angesichts wachsender Spannungen in ihrer Heimat stellen nach einem Zeitungsbericht offensichtlich immer mehr Türken einen Asylantrag in Deutschland. Im ersten Halbjahr sei die Zahl fast schon so hoch wie 2015 insgesamt, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf Anfrage des „Tagesspiegels“ mit. Demnach registrierte die Behörde von Januar bis Juni 1719 Anträge von Türken, im vergangenen Jahr waren es 1767. Wie sich die Lage seit dem Putschversuch im Juli entwickelt, kann das BAMF noch nicht sagen.

Die meisten Asylbewerber kämen aus den Kurdengebieten der Türkei. Von den 1719 Antragstellern in den ersten sechs Monaten seien 1510 kurdischer Herkunft, sagte das BAMF. Im Jahr zuvor waren unter den 1767 türkischen Asylbewerbern 1428 Kurden. Viele kurdische Flüchtlinge aus der Türkei kämen wegen der Kämpfe in ihrer Heimat, hieß es im Bundesamt.

Trotz der dramatischen Situation im Südosten der Türkei sei die Anerkennungsquote bei Asylanträgen deutlich gesunken. Laut BAMF wurden im ersten Halbjahr 5,2 Prozent der Anträge kurdischer Türken positiv beschieden. Bei Flüchtlingen aus der Türkei insgesamt waren es 6,7 Prozent. Im vergangenen Jahr habe die Anerkennungsquote jedoch bei allen türkischen Flüchtlingen wie auch bei denen kurdischer Herkunft jeweils 14,7 Prozent betragen, sagte das BAMF.

Währenddessen hält die Bundesregierung trotz Zweifel in der Koalition am EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen fest. „Es gibt keinen Grund für einen Plan B“, sagte Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) der „Berliner Zeitung“ (Freitag). Das Abkommen, mit dem Flüchtlinge an der Weiterreise in die EU gehindert werden, werde von den Nachwirkungen des gescheiterten Militärputsches in der Türkei derzeit nicht tangiert. „Wir haben keinen Anhaltspunkt, dass die Menschen, die von der Türkei aufgenommen worden sind oder dorthin zurückgeschickt werden, schlecht behandelt werden“, sagte Altmaier. „Derzeit vollzieht sich alles so, wie es nach dem Abkommen sein soll.“

Dagegen hatte die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), erklärt, das Abkommen müsse überprüft werden. Rechtsstaatliche Prinzipien würden in der Türkei nicht mehr eingehalten.

Zu Drohungen der türkischen Regierung, das Abkommen zu kündigen, wenn die EU keine Visaerleichterungen für Türken beschließt, sagte Altmaier: „Ich bin überzeugt, dass das Abkommen Bestand haben wird. Es liegt ja nicht nur im Interesse Deutschlands und Europas, sondern auch im Interesse der Türkei, die mehr Flüchtlinge aufgenommen hat, als jedes andere europäische Land.“ Für die Visa-Freiheit müsse die Türkei klar festgelegte Voraussetzungen erfüllen, unter anderem im Bereich der Anti-Terror-Gesetze. „Das weiß die türkische Regierung“, sagte Altmaier.

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