Rohstoffe Kasachstan lockt, Deutschland zuckt

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Auf nach Kasachstan

Aufbruch in Kasachstan
Ein Händler verkauft Frostschutzmittel und Schmieröl am Rande von Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Parl-Boulevard in Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Backstein-Bauten in Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Ein Geschäft in Öskemen bietet die Reparatur von Schuhen an Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Marktstand in Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Stadtbild von Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche
Ein junger Skateboarder übt seine Sprünge im Stadtpark von Öskemen Quelle: Nils Bröer für WirtschaftsWoche

"Es wird in Zukunft für die Industrie schwieriger werden, sich über langfristige Lieferverträge begehrte Rohstoffe zu beschaffen", sagt Gudrun Franken, Rohstoffanalystin der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR). Thomas Hölandt, Chefeinkäufer des Hamburger Kupferverhütters Aurubis, räumt ein: "Ich fürchte, wir werden als Industrie auf Dauer nicht um direkte Beteiligungen an Minen herumkommen." Wer Neodym für Elektroautos braucht oder Indium für Solarzellen, muss es selbst abbauen.

Also auf nach Kasachstan? Wirklich begeistert ist die deutsche Industrie von dem autoritär regierten Land nicht. Dabei hat Berlin die Kasachen vor einem Jahr zum Premiumpartner erkoren. In der Lobby des einzig vorzeigbaren Hotels Shiny River tummeln sich aber eher Geschäftsleute aus China, Japan und Australien. Dabei zeigt sich in Industrieburgen wie Öskemen, wer beim globalen Kampf um Rohstoffe die Nase vorn hat.

Geschichte der Fehlentscheidungen

Panischer Ausschlag nach oben: Die Preisentwicklung bei seltenen Erden (zum Vergrößern bitte anklicken)

Die Deutschen sind es derzeit nicht. Die Geschichte der Rohstoffsicherheit ist eine des Scheiterns und der Fehlentscheidungen, geprägt von hohen Erwartungen, tiefen Enttäuschungen. Der Prolog zum aktuellen Drama spielte sich schon im Deutschland der Neunzigerjahre ab. Damals begannen viele Industrieunternehmen damit, ihre Rohstoffquellen zu verkaufen. Dahinter stand der naive Glaube an die Mechanismen eines freien Markts, wonach sich Rohmaterialien günstiger über Börsen und langfristige Lieferverträge beschaffen lassen. Zuletzt trennte sich ThyssenKrupp 2001 von seinen Eisenerz-Minen in Brasilien. Ein Fehler. Heute zahlt ThyssenKrupp für die Tonne Eisenerz elfmal so viel wie damals.

Die Weltmärkte ticken anders, seit Peking ab 2007 als Großabnehmer auftritt und als Produzent oft auch das Angebot drosselt – wie zuletzt bei Seltenen Erden. Von Preisrückgängen der jüngeren Zeit lassen sich Fachleute nicht narren. "Wir gehen fest davon aus, dass die Preise volatil bleiben und weiter steigen werden", warnt Matthias Wachter, Abteilungsleiter Rohstoffe und Sicherheit beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die deutschen Rohstoffimporte bezifferten sich 2012 auf 117 Milliarden Euro – die Summe war fast dreimal so hoch wie vor zehn Jahren. Abnehmer sind die Metall verarbeitende Industrie mit 23 500 Betrieben und 3,4 Millionen Arbeitsplätzen; die Anlagen- und Maschinenbauer, die ohne die raren Metalle wie Dysprosium, Indium oder Wolfram nicht arbeiten können, kommen noch dazu.

Partner maulen über lahmes Interesse

Immerhin: Die Industrie ist aufgewacht. Erste Notrufe der Konzerne gingen noch beim früheren Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) ein. Die Politik bestellte einen "ganz großen Strauß an Einzelmaßnahmen", wie es einer aus dem Umfeld der Bundesregierung formuliert. Mit "blindem Aktionismus" habe Berlin auf das Drängen der Lobbyisten reagiert, in puncto Rohstoffsicherheit irgendetwas zu tun. Und so tat man von allem etwas:

Rohstoffpartnerschaften schließt die Bundesregierung mit ausgewählten Regierungen ab, bis dato mit der von Kasachstan und der Mongolei. Das Kalkül dahinter: Deutsche Ausrüster helfen Zielländern bei der Modernisierung ihrer Industrien und beim Aufbau einer Infrastruktur, die Rohstoffländer geben deutschen Abnehmern privilegierten Zugang zu ihren Vorkommen. Die Partner maulen aber schon ob des lahmen Interesses von deutscher Seite.

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