Skandal Nach Korruptionsaffäre im Europarat soll auch Bundestag reagieren

Aserbaidschan soll sich im Europarat ein positives Image erkauft haben. Auch Deutschland muss nun „Maßnahmen“ gegen Beschuldigte ergreifen.

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Nach dem Korruptionsskandal im Europarat müssen die nationalen Parlamente mit Blick auf beschuldigte Abgeordnete nun die „notwendigen Maßnahmen“ ergreifen – darunter auch der Bundestag. Quelle: AP

Straßburg Die von einem Korruptionsskandal erschütterte Parlamentarische Versammlung des Europarats hat Konsequenzen auf die Affäre auch in den Mitgliedstaaten gefordert. Die nationalen Parlamente müssten mit Blick auf beschuldigte Abgeordnete die „notwendigen Maßnahmen“ ergreifen, heißt es in einem Beschluss, den das Gremium am Donnerstag mit großer Mehrheit verabschiedete. Bis Ende des Jahres sollen die Parlamente darüber in Straßburg Rechenschaft ablegen.

Damit ist nun auch der Bundestag gefragt. Dort sitzt die CDU-Abgeordnete Karin Strenz, die bis Ende 2017 Abgeordnete der Parlamentarischen Versammlung war. Ihr wird vorgeworfen, während ihrer Zeit in Straßburg über Umwege Geld aus Aserbaidschan angenommen und den Interessenskonflikt nicht offengelegt zu haben, bevor sie als Wahlbeobachterin in das Südkaukasusland aufbrach. Strenz war wiederholt als Unterstützerin Aserbaidschans aufgefallen. Von Korruption ist in ihrem Fall nicht die Rede. Strenz weist die Vorwürfe zurück.

Der Europarat mit Sitz in Straßburg hat zur Aufgabe, über die Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten zu wachen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates mit ihren Abgeordneten wählt beispielsweise den Generalsekretär, den Menschenrechtskommissar sowie die Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, zudem ist sie ein Forum für Debatten. Nachdem in den vergangenen Jahren Korruptionsvorwürfe gegen Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung lauter geworden waren, arbeitete eine Untersuchungskommission aus drei ehemaligen Richtern die Affäre auf. Ihre Ergebnisse wurden am Sonntag veröffentlicht.

Die Ermittler werfen mehreren aktuellen und früheren Abgeordneten vor, in Korruptionsaktivitäten im Zusammenhang mit dem autoritär regierten Aserbaidschan verwickelt gewesen zu sein. Die Rede ist von einem regelrechten System zum Geldverteilen. Zeugenaussagen zufolge händigte ein Aserbaidschan-Lobbyist beispielsweise 500-Euro-Scheine an Mitglieder der Versammlung aus.

Generell geißelt das rund 200 Seiten lange Papier Intransparenz in der Parlamentarischen Versammlung bei der Besetzung von Schlüsselposten. Auch andere Länder wie Russland, die Türkei und Armenien werden im Zusammenhang mit verdächtigen Praktiken erwähnt. Karin Strenz wird vorgeworfen, mit ihrem nicht offengelegten Interessenskonflikt Verhaltensregeln gebrochen und nicht ausreichend an der Aufklärung mitgewirkt zu haben.

Bislang hat die Unionsfraktion im Bundestag zahlreiche Rufe unbeantwortet gelassen, Strenz zum Mandatsverzicht aufzufordern. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer, Michael Grosse-Brömer, teilte lediglich mit, es sei richtig gewesen, Strenz nicht erneut für die deutsche Delegation in Straßburg zu ernennen. Die Transparenz-Initiative LobbyControl und Politiker verschiedener Fraktionen forderten Strenz auf, den Bundestag zu verlassen.

Der Leiter der deutschen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Andreas Nick (CDU), sagte: „Es ist Sache des Bundestagspräsidenten und der Bundestagsverwaltung, zu prüfen, ob es hier Verstöße gegen die Verhaltensregeln für Abgeordnete des deutschen Bundestags gegeben hat.“ Ob Strenz Konsequenzen zu erwarten habe, sei derzeit noch nicht absehbar. Der Bericht habe in jedem Fall einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Glaubwürdigkeit der Parlamentarischen Versammlung wiederherzustellen. Nun müssten Verfahrensregeln und Arbeitsweisen geändert werden, um das Risiko ähnlicher Probleme in Zukunft zu senken.

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