Trump nach Comeys Anhörung Angezählt, aber nicht am Boden

Donald Trump ist moralisch angezählt. Aber das reicht nicht aus, um einen US-Präsidenten aus dem Amt zu drängen. Die Aussagen von James Comey haben daran nicht geändert. Eine Frage bleibt: Wo sind die Tonbänder?

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US-Präsident Donald Trump Quelle: Reuters

San Francisco Den formaljuristischen Test hat Donald Trump an diesem historischen Donnerstag bestanden. Es gab in der Anhörung des Ex-FBI-Chefs James Comey keine neuen oder konkreten Hinweise auf eine Behinderung der Justiz durch den Präsidenten oder eine Anweisung an das FBI, Ermittlungen einzustellen. Es ist jetzt an Sonderermittler Bob Mueller, im Zuge seiner Ermittlungen hier einen Beweis anzutreten oder den Fall abzuschließen.

Zudem ist jetzt auch offiziell, dass vom FBI nicht gegen Donald Trump persönlich ermittelt wurde. Das erklärte Comey selbst, Trumps persönlicher Anwalt Marc Kasowitz betonte das nach der Anhörung noch einmal ausdrücklich.

Den Charaktertest hat Trump hingegen nicht bestanden. Sein Bild als notorischer Lügner, entstanden durch viele Vorfälle im Wahlkampf und während seiner Präsidentschaft, wurde weiter gefestigt. Es hat schon einen bitteren Beigeschmack, wenn der oberste Polizist des Landes damit beginnt, Memos anzufertigen, weil er Angst hat, der mächtigste Politiker der westlichen Welt wird lügen und tricksen.

Im Nachhinein hatte Comey auch recht, wenn man sich daran erinnert, wie chaotisch die Entlassung Comeys ablief, mit sich ständig widersprechenden Gründen. Öffentliche Beschuldigungen von Trump, das FBI sei im Chaos und er habe keinen Rückhalt mehr, seien „glatte Lügen“ gewesen. Und wir reden hier nicht über einen narzisstischen Streit um die Größe einer Zuschauergruppe.


Trump hat die Fäden in der Hand

Da hilft es wenig, wenn sein Anwalt im Gegenzug sofort Comey als Lügner bezeichnet. Trump habe niemals Loyalität von ihm eingefordert oder gesagt, Comey solle Michael Flynn laufenlassen. Im Gegenteil, Trump habe ihn aufgefordert herauszufinden, ob es bei seinen „Satelliten“ Ungereimtheiten gegeben habe, was Comey auch bestätigte.

Trumps Anwalt ließ zudem durchblicken, dass Comey nun selbst Ziel von FBI-Ermittlungen werden könnte, weil er zugegeben habe, der Presse über einen Dritten Informationen zugespielt zu haben. Was für eine bizarre Wendung. Aber am Ende des Tages ist es doch der Präsident der USA, der oberste Befehlshaber, der Ermittlungen gegen jedermann anstoßen oder einstellen lassen kann.

Was der Donnerstag somit auch gezeigt hat: Die Machtfülle des Präsidenten der Vereinigten Staaten ist weit größer als es die Öffentlichkeit bislang wahrhaben wollte. Andere Präsidenten vor Trump haben diese nicht so unverhohlen und konsequent eingesetzt. Trump allerdings ist wild entschlossen, bis zum äußersten Machbaren zu gehen.
Noch testet er die Grenzen aus. Aber der Fall Comey macht klar, dass das alte System der USA aus Macht, gesellschaftlicher Gegenmacht und unabhängiger Kontrolle schon ernste Risse im Fundament zeigt.

Donald Trump selbst hatte im Vorfeld per Twitter kundgetan, es könnten Tonbandaufnahmen der Gespräche mit Comey existieren. Wenn dem so ist, muss er sie jetzt veröffentlichen, zumal Comey selbst es auch will. Trump hat es in der Hand, die lähmende Ungewissheit zu beenden. Und die Welt hat ein Recht, die Wahrheit zu erfahren.

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