
Die türkische Polizei hat nach offiziellen Angaben den Attentäter gefasst, der in der Silvesternacht 39 Menschen in dem Istanbuler Nachtclub "Reina" tötete. Nach einer zweiwöchigen landesweiten Fahndung sei er im Stadtteil Esenyurt auf der europäischen Seite der Metropole festgenommen worden, teilte Gouverneur Vasip Sahin am Dienstag mit. Den Namen des Mannes gab er mit Abdulgadir Mascharipow an. Er sei 1983 in Usbekistan geboren und in Afghanistan ausgebildet worden. Nach Sahins Worten ist Mascharipow geständig. Seine Fingerabdrücke stimmten mit jenen überein, die am Tatort gefunden worden seien, sagte der Gouverneur auf einer Pressekonferenz.
Er beschrieb den Festgenommenen als gebildeten Menschen, der vier Sprachen spreche. Er sei vermutlich im Januar 2016 über die östliche Grenze der Türkei illegal ins Land gekommen. Den Anschlag habe er zweifellos im Auftrag der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) ausgeführt. Der IS hatte sich unmittelbar nach dem Anschlag dazu bekannt. Er sprach von Vergeltung für den türkischen Militäreinsatz in Syrien. Dort geht die türkische Armee gegen IS-Kämpfer und kurdische Milizen vor.
Den Umständen nach zu urteilen, handelte es sich um einen kaltblütigen Überfall, bei dem auch mehrere Ausländer starben, darunter zwei Deutsche. Der Angreifer eröffnete in den Club das Feuer aus einer automatischen Waffe. Nach Erkenntnissen der Ermittler wechselte er mindestens sechsmal das Magazin und schoss auch auf Personen, die schon verletzt auf dem Boden lagen.
Chronologie: Schwere Anschläge in der Türkei
Bei einem Doppelanschlag im Istanbuler Stadtteil Besiktas nahe einem Fußballstadion sterben am 10. Dezember mindestens 45 Menschen, überwiegend Polizisten. Zu den Anschlägen bekennt sich die TAK, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Eine Woche später kommen in der zentraltürkischen Stadt Kayseri bei einem Selbstmordanschlag mindestens 13 Soldaten ums Leben. Der Attentäter hat eine Autobombe neben einem Bus mit Militärangehörigen gezündet haben. Auch hierzu bekennt sich die TAK. Am 19. Dezember wird der russische Botschafter Andrej Karlow in Ankara von einem türkischen Polizisten niedergeschossen. Die türkische Regierung verdächtigt die Gülen-Bewegung, hinter dem Attentat zu stecken.
Bei einem Autobombenanschlag in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir werden mindestens elf Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten. Erstmals übernimmt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung. Auch die TAK bekennt sich zu der Tat. Zu der Explosion war es kurz nach den Festnahmen von zwölf Abgeordneten der pro-kurdischen HDP gekommen.
In der südosttürkischen Provinz Hakkari bringt ein Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion. Bei dem Selbstmordanschlag der PKK kommen 16 Menschen ums Leben.
Ein Attentäter sprengt sich inmitten einer kurdischen Hochzeitsfeier in der südtürkischen Stadt Gaziantep in die Luft. Es gibt mehr als 50 Tote.
Am internationalen Terminal des Atatürk-Flughafens in Istanbul sprengen sich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Sie reißen 45 Menschen mit in den Tod. Die türkische Regierung macht den IS dafür verantwortlich.
Bei einem Autobombenanschlag in der Hauptstadt Ankara werden mindestens 37 Menschen getötet. Zu dem Anschlag bekennt sich die TAK.
Bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi im Regierungsviertel von Ankara sterben 30 Menschen, darunter der Selbstmordattentäter. Zu dem Attentat bekennt sich die TAK.
Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in die Luft. Er gehörte nach Angaben der türkische Regierung dem IS an.
Am Rande einer regierungskritischen Demonstration in der Hauptstadt Ankara reißen zwei Sprengsätze mehr als 100 Menschen in den Tod. Die Staatsanwaltschaft macht den IS dafür verantwortlich.
Nach der Tat hielt er sich anscheinend weiter in Istanbul auf, wechselte nach den Worten von Gouverneur Sahin mehrfach sein Versteck. Fünf Adressen seien ermittelt und an einer davon sei er gefasst worden, sagte Sahin. Zusammen mit seiner Begleitung sei er anscheinend erst drei Tage zuvor dorthin umgezogen. Neben Mascharipow wurden Sahin zufolge ein Iraker und drei Frauen aus Afrika festgenommen. Außerdem seien zwei Pistolen, SIM-Karten für Handys und 197.000 Dollar in bar gefunden worden.
Im Laufe der Fahndung wurden nach Polizeiangaben rund 50 Personen an 152 Orten vorläufig festgenommen. Die Ermittler überprüften nach Sahins Worten 7200 Stunden Videomaterial von Überwachungskameras. Mehr als 2000 Hinweise seien aus der Bevölkerung eingegangen.