
WirtschaftsWoche Online: Herr Johnston, wer Ihr Buch liest, merkt sofort: Sie sind alles andere als ein Trump-Unterstützer. Dennoch sagen Sie, dass er bei einem Treffen mit ihm schon „faszinierend“ sei. Was macht Donald Trump so bemerkenswert?
David Cay Johnston: Er ist ein eigenständiger Charakter. Er schert sich nicht um soziale Normen, gibt sich keine Mühe, sympathisch rüberzukommen. Er ist interessengesteuert, fokussiert. Bei jedem einzelnen Treffen verfolgt er eine Agenda: meistens lautet die, Geld zu verdienen. Das ist nicht sympathisch, aber einzigartig. Dass er keine Freunde hat, ist allerdings auch keine Überraschung.
Ein US-Präsident muss nicht sympathisch rüberkommen. Wieso hat er in Ihren Augen nicht geeignet für das höchste Amt im Land?
Donald hat keine Agenda, keine Ahnung, keinen Plan. Er spricht seit 1985 davon, US-Präsident werden zu wollen, aber er hat nie seine Hausaufgaben gemacht. Er glaubt, er ist unfehlbar. Trump hört nicht auf Berater, er lässt sich politische Zusammenhänge nicht erklären, er bildet sich nicht fort.

Und so kommt es, dass er behauptet, die Chinesen seien in Syrien in Kampfhandlungen verwickelt. Dass er offenbar nicht weiß, dass russische Truppen auf der Krim aktiv sind…
… oder er nach wie vor keine Ahnung hat, wie die USA Atomwaffen einsetzen könnten.
Im Dezember stellte der konservative Radiomoderator Hugh Hewitt bei einer Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump folgende Frage: „Welcher Bestandteil unserer nuklearen Triade hat für Sie Priorität?“. Trump hatte offensichtlich keine Ahnung und wich aus, sprach stattdessen vom Irakkrieg. Marco Rubio sprang ein und erklärte, dass die Tirade die Fähigkeit der USA sei, Atomwaffenangriffe von Flugzeugen aus, mit Raketen von Raketensilos oder vom Boden aus oder von Atom-U-Booten aus durchzuführen. Das Problem: Trump hatte die gleiche Frage von Hewitt bereits drei Monate zuvor gestellt bekommen. Seine Lernkurve ist eine Gerade auf der Nullline.
Die Marke Donald Trump
Als Baulöwe, Casinobetreiber, Golfclubbesitzer und Ausrichter von Schönheitswettbewerben hat der New Yorker ein Vermögen von zehn Milliarden Dollar angehäuft – nach eigenen Angaben.
Trumps Satz „You’re fired“, mit dem er in der Show „The Apprentice“ ehrgeizige Jungunternehmer feuerte, wurde zum geflügelten Wort.
Trump spendete auch an Demokraten wie die Clintons, tritt nun aber für die Republikaner an.
Warum will Donald Trump Präsident werden, wenn er offensichtlich kein Interesse daran hat, sich über die grundlegenden Fragen und Problemstellungen zu informieren?
Er hält sich für überlegen. Er ist die Nummer Eins – und er würde entsetzt sein, dass Sie das nicht erkennen!
Mein Fehler, sorry.
Haha. Im Ernst: Er würde Sie ungläubig anschauen und als „Verlierer“ bezeichnen. Das ist Donald Trumps Ansicht und Verhaltensweise. Kritiker werden beleidigt – oder gerne auch verklagt. Erst im April rief mich Donald an, ich schrieb gerade an einer Geschichte für ein US-Magazin, und erkundigte sich, was ich denn plane. Das Gehörte gefiel ihm nicht. Er drohte: „Ich werde dich verklagen, wenn du nicht das schreibst, was ich will.“ Diese Forderung – „schreibe, was mir gefällt, oder ich verklage dich“ – habe ich in meinen fast 50 Berufsjahren nicht gehört.