Weltkonjunktur Was der Handelsstreit für China bedeutet

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China 2025

Dann ist da noch die Made in China 2025 Initiative. Sie ist eine Kampfansage an den Westen. Xi will, dass China bis 2025 auf Augenhöhe mit anderen Industriestaaten ist. Wo China Marktanteile gewinnt, verlieren andere. Ausländische Firmen spüren das schon heute. Peking gängelt die Konkurrenz, während es im Ausland Technologie zukauft. Zu Hause presst es das Wissen aus den ausländischen Firmen.

Das sind keine Gerüchte. Xi hat seine Ziele in der 2025-Strategie selbst schwarz auf weiß formuliert, für die ganze Welt sichtbar. Schon Chinas Militärstratege Sunzi schrieb 500 Jahre vor Christus: „Wenn du etwas vorhast, tue, als ob du es nicht vorhättest. Wenn du etwas willst, tue, als ob du es nicht benutzen wolltest.“ Nun darf nicht mehr über die Initiative berichtet werden. Spricht man Chinas Offizielle darauf an, geben sie vor, sich nicht zu erinnern. Made in China 2025? Nie gehört.

Doch das wird kaum reichen. Der von den Amerikanern angezettelte Handelskrieg ist auch eine Antwort auf Xis Kurs. „Ich bin kein großer Fan von Zöllen, aber wir können auch nicht erlauben, dass China unsere Technologie stiehlt“, sagte Larry Kudlow, Wirtschaftsberater von Trump, erst diese Woche in einem Interview. Lokale Parteivertreter in China würden sich wie „Mafiabosse“ aufführen. Die amerikanische Technologie sei in Gefahr. Die Eskalation des Konflikts hängt auch an Vizepremier Liu He. Der 66-Jährige spricht fließend Englisch, er hat in Harvard studiert. Ein stiller und zurückhaltender Mann, der sich auf der Bühne eines Panels in Davos genauso wohlfühlt wie in Chinas Regierungsviertels Zhongnanhai. Xi hat ihn zum wichtigsten Wirtschaftsstrategen gemacht und Ministerpräsident Li Keqiang, eigentlich Chinas oberster Wirtschaftsmann, in den vergangenen Jahren ins Abseits gedrängt.

Die neuen China-Megadeals der Autobranche
Regierungskonsultationen in Berlin China Deutschland Quelle: dpa
VW E-Autos Fabrik China Quelle: dpa
BMW Great Wall Quelle: dpa
Continental Didi Allianz Quelle: REUTERS
CATL E-Autos Batterien Quelle: REUTERS
Audi Huawei Quelle: dapd
Daimler autonomes Fahren Quelle: dpa

Doch Liu He hat im Handelsstreit keine glückliche Hand bewiesen. Der Vizepremier wollte das Handelsdefizit verringern. Keine Reaktion. Er soll Trump angeboten haben, mehr Maschinen von Boeing zu kaufen und Turbinen von GE Power anstatt von Siemens. Keine Reaktion. Liu verhandelt immer noch und hofft auf ein Einlenken Washingtons. Das führt zu Erstaunlichem. So gelang vor ein paar Tagen Elon Musk das, wovon Bürger in China nur träumen. Er fuhr mit zwei roten Tesla im Zhongnanhai vor. Es ist eben dieser Gebäudekomplex, indem China sonst in aller Heimlichkeit seine Politik betreibt. Das Hauptquartier der Kommunistischen Partei, davor Musk in schwarzem Anzug und arrogant-trotzig zusammengekniffenen Lippen. Er plant gerade eine Fabrik in China. Seine Autos belagern dort die Parkplätze, wo Xi von Chinas eigener Autoindustrie träumt. Made in China 2025. Aber die Initiative gibt es ja offiziell nicht mehr.

Eine Demütigung, Xi lässt sie geschehen. Wie weit Chinas Wirtschaft von einer wettbewerbsfähigen und unabhängigen Wirtschaft entfernt ist, zeigte sich im Mai mit Trumps Ankündigung, den Smartphone-Hersteller ZTE sieben Jahre den Import von amerikanischen Chips zu untersagen. Chinas Sputnik-Moment schrieben Zeitungen. Peking muss Made in China zu einem Qualitätssiegel machen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Propagandamaschine läuft zwar auf Hochtouren. Hochgeschwindigkeitszüge, mobile Bezahldienste, Onlinehandel und der Fahrradverleih per App. Die Staatspresse feiert die „vier modernen chinesischen Erfindungen des 21. Jahrhunderts“.

Doch der ZTE-Fall zeigt: China importiert jedes Jahr Halbleiter im Wert von 200 Milliarden Dollar. Obwohl Peking Milliarden in eine eigene Halbleiterindustrie investiert, ist sie noch lange nicht so weit. Ein Stopp des Exports würde die Elektronikindustrie in China innerhalb von Tagen an den Rand eines Kollapses treiben. Wirtschaftliches Wachstum ist das Fundament des autokratischen Regimes, das sich das Schweigen seines Volkes mit Geld erkauft. Nun dürfen Chinas Zeitungen nicht mehr von einem Handelskrieg schreiben. Das Wort „Krieg“ ist neuerdings verboten. Nun spricht Xis Staatspresse von „Reibereien“. Und diese haben gerade erst begonnen.

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