




Donald Trump? Der sei ein „Hassprediger“. Diese Vokabel hat der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Tagen benutzt, als er bei einer Veranstaltung zu seiner Meinung über Trump gefragt wurde. Der SPD-Politiker sorge sich zudem um das „Ungeheuer des Nationalismus“, das sich weltweit ausbreite. Klar, zu dem Zeitpunkt ging es noch um den republikanischen Kandidaten und nicht um den gewählten US-Präsidenten.
Und wäre Hillary Clinton zur Nachfolgerin von Barack Obama gewählt worden, wären Steinmeiers Worte wohl einfach vergessen worden. In einigen Wochen hätte sich kaum einer mehr daran erinnert. Doch das amerikanische Volk hat nicht Clinton gewählt, sondern Trump. Und wenn der im Januar die Amtsgeschäfte von Obama übernimmt, wird Steinmeier mit ihm und seiner Regierung zusammenarbeiten müssen – entweder als Außenminister, womöglich aber auch als Bundespräsident, sollte sich die SPD im Präsidentenpoker durchsetzen.
Und jetzt nach der Wahl? „Nichts wird einfacher, vieles wird schwieriger werden“, sagte Steinmeier in einer ersten Reaktion. Gratuliert hat er Donald Trump nicht. Der Europapolitiker Alexander Graf-Lambsdorff hält dieses Verhalten für falsch, wie er bei einer gemeinsamen Veranstaltung von WirtschaftsWoche und Handelsblatt am Mittwoch in Berlin sagte. „Ich schätze Frank-Walter Steinmeier als Außenminister. Aber als Mitglied der Bundesregierung war es ein Fehler, Das Wort Hassprediger zu verwenden.“
Ebenfalls ungewöhnlich: Steinmeier stellte am Tag nach der Wahl Forderungen an Trump. Seine erste Aufgabe sei es, „die tiefen Gräben, die in der amerikanischen Gesellschaft während dieses Wahlkampfes entstanden sind, zuzuschütten“. Aber noch größer werde die Herausforderung sein, mit den hohen Erwartungen umzugehen, die Trump selbst geweckt habe. „Amerika wieder groß zu machen, auch mit Blick auf die Wirtschaft; neue Jobs zu schaffen in dieser Situation und in dem wirtschaftlichen Umfeld, in dem wir uns befinden – das wird nicht einfach sein“, sagte Steinmeier.
Unbestritten – Trump wird Probleme haben seine Agenda umzusetzen. Wie will er Millionen neuer Jobs schaffen, zugleich die Steuern senken und sich vom internationalen Handel abkoppeln? Ob links oder rechts – viele Ökonomen halten Trumps Versprechen für unrealistisch. Doch für gewöhnlich teilt eine solche Analyse nicht der deutsche Außenminister einem künftigen US-Präsidenten mit.





Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich im Wahlkampf – anders als Steinmeier – nicht auf die Seite von Hillary Clinton geschlagen. Sie hatte Trump auch nicht kritisiert, obwohl der sie indirekt beleidigt hatte, als er seine Konkurrentin Clinton die „Angela Merkel Amerikas“ nannte. Der künftige US-Präsident hält Merkels Flüchtlingspolitik für falsch und warnte davor, Clinton könnte als Präsidentin zu viele Migranten ins Land lassen.
Am Tag nach der Wahl gratulierte Merkel Trump nun öffentlich. Und sie teilte im schriftlich mit, Deutschland und Amerika seien durch gemeinsame Werte verbunden, nämlich „Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder politischer Einstellung. Auf der Basis dieser Werte möchte ich Ihnen eine enge Zusammenarbeit persönlich wie auch der Regierungen unserer Länder anbieten“.





Merkels Worte sind eine Ermahnung an Trump, die Rechte von Minderheiten und Frauen zu achten. Latinos hatte der künftige Präsident im Wahlkampf pauschal als „Vergewaltiger“ diffamiert. Und die Veröffentlichung von Tonaufnahmen, in denen er darüber sprach, gegenüber Frauen übergriffig zu werden, erschütterte ebenfalls viele.
Die deutsche Bundesregierung – das ist am Tag nach der Wahl klar geworden – blickt skeptisch nach Amerika. Sie stellt Bedingungen an den künftigen Präsidenten Trump. Der wiederum hatte im Wahlkampf ohne Umschweifen erklärt, wie wenig er von Merkels Politik hält. Insofern stimmt Steinmeiers Feststellung: Vieles wird schwieriger werden. Doch je öfter er das öffentlich betont, desto schwieriger wird eine Zusammenarbeit mit der künftigen US-Administration. Für alle Seiten gilt daher: Die Zeit des Wahlkampfs ist vorbei – zurück zur Diplomatie.