Wirrwarr aus Schecks und Kreditkarten Deutsche verzweifeln am Bezahlen in den USA

Die US-Amerikaner zeigen sich beim Bezahlen seltsam altmodisch. Dauerüberweisungen sind selten, stattdessen wird mit Schecks und Kreditkarten hantiert. Sehr zum Ärger von deutschen Auswanderern.

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Ihre Miete zahlen Sie in den USA immernoch mit Schecks. Quelle: dpa Picture-Alliance

Aller Anfang ist schwer – vor allem in den USA. Seit drei Wochen lebe ich nun in New York City, jener 8,5 Millionen-Menschen-Stadt, die laut, hektisch und erbarmungslos ist. Als Autofahrer lauern mit der Automatikschaltung, gestressten Taxifahrern und Schlaglöchern in der Straße, die gefühlt ganze Kleinwagen schlucken können, gleich drei Herausforderungen auf jeden Neuankömmling. Mieter schlagen sich mit undichten Fenstern, kleinen Briefkästen oder Kakerlaken im Haus herum. Das größte Problem aber: das Bezahlen.

In den USA ist die Kreditkarte bekanntermaßen populär. Selbst Kleinstbeträge wie der Kaffee bei Starbucks werden per Mastercard, American Express oder Visa bezahlt. An der Tankstelle braucht man die Kreditkarte schon, um überhaupt die Zapfpistole herausziehen zu können: Erst zahlen, dann tanken. Das geht aber nur mit einer US-amerikanischen Kreditkarte. Ausländische Kunden müssen vor dem Befüllen des Autos zum Tankwart gehen. „Für wie viel wollen Sie tanken?“, ist die Standardfrage. Sagen Sie jetzt nicht, was Sie denken. „Doofe Frage, bis der Tank voll ist“, ist keine gute Antwort. Nennen Sie einen Betrag – oder der Tankwart zieht auf Verdacht 40 Dollar ein.

Geld ist der größte Stressfaktor in den USA

Wenn Sie dann nur wie in meinem Fall für 15 Dollar Tanken - ein Liter Benzin kostet gerade einmal rund 80 Eurocent - müssen Sie zurück zur Kasse. Dort können Sie sich den Differenzbetrag gutschreiben lassen. Einfacher wäre es mit einer US-Kreditkarte, die von den Zapfsäulen erkannt und akzeptiert wird.

Bis die Bank dir vertraut, vergehen Monate

Das Problem ist nur, dass man als Ausländer kaum an eine Kreditkarte kommt. Die entscheidenden Wörter lauten hier: „credit history“. Es gibt drei Datensammler, vergleichbar mit der deutschen Schufa, die den Unternehmen Informationen über die Kreditwürdigkeit der Bürger ausstellen. Nur wer regelmäßig seine Rechnungen bezahlt, kann einen Handyvertrag unterschreiben, einen Kredit bei der Bank aufnehmen – oder eben eine Kreditkarte beantragen.

Einzig: Bis eine entsprechende Kreditvergangenheit aufgebaut ist, vergehen Monate; oft kann es bis zu einem Jahr dauern, bis die Banken einem Neuankömmling vertrauen. Es ist ein Teufelskreislauf: Ohne Kreditkarte kein Handyvertrag. Ohne Handyvertrag kein Nachweis über die Zahlungsfähigkeit. Ohne „credit history“ keine Kreditkarte.

Hier leben die glücklichsten Amerikaner
TexasSeit 2008 befragt das Umfrageinstitut Gallup mehr als 175.000 Amerikaner nach ihrem sozialen, finanziellen und körperlichen Wohlbefinden. Das Resultat wird im jährlich erscheinenden Well-Being-Index zusammengefasst. Demnach landen die Texaner in puncto Glück auf Platz zehn. Zwar schafften es die Einwohner Texas nur ins Mittelfeld, was ihre finanzielle Zufriedenheit (Platz 26), beziehungsweise ihr körperliches Wohlbefinden (Platz 23) anbelangt. Dafür liegen die Texander beispielsweise auf Platz zwei, was die allgemeine Erfüllung anbelangt. Quelle: AP
New MexicoDie Einwohner New Mexicos schaffen es mit ihrem körperlichen Wohlbefinden auf Platz fünf unter allen US-Staaten. Was die allgemeine Erfüllung angeht, belegen sie Platz drei. Dafür reicht es beim sozialen Umfeld und der Gemeinschaft jeweils nur für Platz 25. Insgesamt landet der Bundesstaat auf Platz neun im Ranking der "happiest states". Quelle: AP
UtahDie Einwohner Utas loben besonders das soziale Gefüge und die Gemeinschaft in ihrem Staat. Insgesamt schaffen sie es auf Platz acht. Quelle: REUTERS
NebraskaIn Nebraska ist es um das körperliche Wohlbefinden der Einwohner nicht gut bestellt (Platz 31). Dafür schafft es der Staat in den anderen Kategorien jeweils in die Top Ten. Insgesamt belegt Nebraska den siebten Platz im Ranking der glücklichsten US-Staaten. Quelle: AP
ColoradoDer Bundesstaat Colorado ist seit Beginn der Erhebung immer unter den Top-Ten. In diesem Jahr landete der Staat auf Platz sechs. Quelle: REUTERS
MontanaEinen besonders hohen Platz erreicht Montana, was die Zufriedenheit in der Gemeinde anbelangt. Die Menschen fühlen sich wohl und bestätigt von den Menschen um sich herum. Auch beim körperlichen Wohlbefinden führen die Einwohner Montanas. Insgesamt reicht es für Platz fünf. Quelle: AP
WyomingAuch in Wyoming fühlen sich die Menschen von ihrer Gemeinde bestätigt (Platz vier). Auch was ihre finanzielle Situation (Platz vier) und das soziale Gefüge (Platz zwei) angeht, sind die Einwohner dieses Staates besonders zufrieden. Insgesamt reicht es für Platz vier - von 50 US-Staaten. Quelle: REUTERS

Abhilfe können nur US-Freunde oder -Bekannte schaffen, die eine Bürgschaft unterschreiben. Einzelne Banken bieten auch an, gegen Sicherheiten eine Art „Kreditkarte light“ auszustellen. Wer 500 Dollar hinterlegt, kann seine Karte für diesen Gegenwert nutzen.

Während selbst kleinstee Transaktionen mit der Kreditkarte beglichen werden, sind regelmäßige größere Ausgaben per Scheck zu bezahlen. Ob Stromrechnung, Miete oder die Grundgebühr fürs Fitnessstudio: die in Deutschland gebräuchliche Dauerüberweisung ist bei den US-Amerikanern wenig verbreitet. Stattdessen wird mit Schecks gearbeitet.

Deutscher CEO hat Deal mit seiner Bank

„In den USA sind Daueraufträge eher unbekannt“, bestätigt Martin Richenhagen. „Jeder Amerikaner verbringt jede Woche ein paar Stunden mit dem Schreiben und Versenden von Schecks.“ Der Kölner lebt seit 2004 in den USA; als Chef des US-Traktorherstellers Agco, der zu den 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt zählt, hat Richenhagen schon oft den in Deutschland so verbreiteten Dauerauftrag vermisst.

Er hat mit seiner Bank gesprochen – und stieß auf Ablehnung. „Es gab kein Interesse, sich die bewährte deutsche Praxis anzuschauen.“ Also setzte sich Richenhagen mit seiner Assistentin an den Tisch und entwarf ein Formular, das er nun für Überweisungen nutzt.

In diese Länder zieht es deutsche Auswanderer
Eine junge Familie läuft am 04.07.2014 auf dem Flughafen in Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen) zum Check-In für ihren Flug. Quelle: dpa
Deutschland ist im OECD-Raum das drittwichtigste Herkunftsland von Auswanderern. Quelle: dpa
Laut der OECD sind die deutschen Auswanderer in der Regel jung und gebildet Quelle: dpa
Die Volkswirtschaftslehre-Studentin Luisa verfolgt einen Vortrag Quelle: dpa
Ein Ingenieur "programmiert" am 12.04.2015 am Stand der Firma ABB mittels Bewegungen den Kleinroboter YuMi bei der Hannover Messe Quelle: dpa
Ein Mann hält am 16.10.2009 seinen Reisepass in eine automatische Passkontrolle. Quelle: dpa
Windmühle in Leiden Quelle: gms

„Das Prozedere ist: Meine Assistentin ruft die Bank an und kündigt den Buchungsvorgang an. Dann wird per E-Mail das ausgefüllte Formular rausgeschickt“, berichtet er. „Später erhalte ich einen Anruf von meiner Bank mit der Frage, ob ich tatsächlich überweisen möchte.“

Neue Schecks kosten 20 Dollar

Die Bestätigung von Richenhagen reicht aber noch nicht aus. „Nach einigen Stunden ruft dann ein Mitarbeiter aus der Sicherheitsabteilung der Bank an.“ Der CEO muss das gesamte Formular noch einmal vorlesen. Nach Überprüfung von Anschrift, Geburtsdatum und weiteren Daten erfolgt schließlich die Überweisung. „Höchst kompliziert und bürokratisch, funktioniert aber immer“, freut sich Richenhagen.

So benehmen Sie sich in den USA richtig

Ich werde zunächst versuchen, auf Sonderwege zu verzichten. Die Gebühr für das Fitnessstudio habe ich für ein Jahr im Voraus bezahlt, meiner Vermieterin überweise ich das Geld Monat für Monat aktuell auf ihr Konto. Bleibt ConEdison, der örtliche Stromanbieter. Dort kann ich vor Ort erscheinen und bar zahlen – oder einen Service der Bank nutzen.

Statt eines Dauerauftrags bietet mir die Bank an, in meinem Namen monatlich einen Scheck für mich auszustellen und per Post an den Versorger zu schicken. Einmal in der Filiale die entsprechenden Auftragsformulare unterschrieben, muss ich mich nicht monatlich darum kümmern.

Dieser Service ist gratis – im Gegensatz zur Bestellung von neuen Schecks. Sind die ersten sechs Schecks, die mit der Kontoeröffnung kostenlos ausgegeben werden, verbraucht, müssen neue Zahlscheine bezahlt werden. Bei meiner Bank, JPMorgan Chase, kostet dies knapp 20 Dollar.

Möglicherweise ist auch das ein Grund, warum die Banken die Bezahlung mit Schecks weiter forcieren.

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