World Competitiveness Center Wer sind die Wirtschaftsmächte von morgen?

China und Japan laufen dem Westen den Rang ab? Heute mag das stimmen. Doch schon 2020 könnte Afrika den Asiaten den Thron streitig machen. Welche Volkswirtschaften am stärksten wachsen.

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Deutschland weit abgeschlagen: Wettbewerbsranking der Länder. Quelle: Fotolia

Die Länder, die sich am schnellsten entwickeln und international am wettbewerbsfähigsten sind, haben zwei Dinge gemeinsam, sagt Arturo Bris, Professor an der Schweizer Business School IMD in Lausanne: „Es gibt einen privaten Sektor, der Jobs schafft und die Länder sind dem globalen Handel gegenüber aufgeschlossen.“ Wer wachsen will, darf keine Strafzölle erheben und braucht eine kaufkräftige Bevölkerung, die die Binnenwirtschaft ankurbelt.

In Deutschland gibt es zwar den privaten Sektor, die Bundesrepublik hat jedoch international an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, wie der vor Kurzem veröffentlichte World Competitiveness-Index von IMD zeigt. In einem Interview mit der WirtschaftsWoche erklärte Bris die osteuropäischen Länder zu den neuen Aufsteigern. Der erste Platz in punkto Wettbewerbsfähigkeit ging an Hongkong.

Für das Ranking, das seit 1989 jedes Jahr die Wettbewerbsfähigkeit der Länder vergleicht, bewertet sein Team vier Kategorien: die wirtschaftliche Performance, die Effizienz der politischen Arbeit im Land, die Effizienz der Privatwirtschaft sowie die Infrastruktur. Jede Kategorie wird in jeweils fünf Unterpunkte unterteilt.

World Competitiveness Scoreboard

Deutschland zum Beispiel belegt Rang vier in punkto Binnenwirtschaft (gehört zu: wirtschaftliche Performance), dafür Platz 52 bei der Steuerpolitik (gehört zu:Effizienz der politischen Arbeit). Insgesamt belegt Deutschland Rang 12. In den Vorjahren wurde die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesrepublik deutlich höher bewertet.

„Die Länder Osteuropas haben es geschafft, sich auf ihre komparativen Vorteile zu konzentrieren. Sie haben eigene Geschäftsmodelle entwickelt, mit denen sie sehr erfolgreich sind. Das gilt vor allem für die Bereiche neue Technologien, IT-Industrie und Dienstleistungen“, sagte Bris Ende Mai.

Top-Performer Rang 1-5. Quelle: The IMD World Competitiveness Center, Switzerland, www.imd.org/wcc

Jetzt hat sein Research-Center Zahlen zur osteuropäischen Wirtschaft vorgelegt, die das untermauern. Demnach sind Lettland, die Slowakei und Slowenien zwar noch weit entfernt von den Top Ten der internationalen Wirtschaftsmächte, dafür sind sie die sich am schnellsten entwickelnden Volkswirtschaften der Welt. Jedes Land hat sich binnen eines Jahres um sechs Plätze verbessert. Slowenien belegt nun Rang 43, die Slowakei Platz 40 und Lettland Platz 37. “Osteuropa hat einen erstaunlichen Prozess hinter sich“, so Bris.

Es seien jedoch nicht nur Länder aus Osteuropa, die Asien und dem Westen in den nächsten Jahren den Rang ablaufen können. Bris sieht ganz klar Nigeria und Kenia auf der Überholspur - wenn auch erst Mittel- bis langfristig.

Auch IMD-Präsident Dominique Turpin rechnet mit einem gigantischen Wachstum der afrikanischen Länder - und das schon binnen vier Jahren. „Äthiopien wächst bis 2020 um 8,1 Prozent, Mosambique und Tansania um je 7,2 Prozent, Kongo um 6,9 Prozent, Sambia um 6,7 Prozent und Nigeria um 6,5 Prozent“, sagt er. Dagegen kann China einpacken.

Top-Performer Rang 6-7. Quelle: The IMD World Competitiveness Center, Switzerland, www.imd.org/wcc

Hinzu komme, dass Afrika flächenmäßig „einfach verdammt groß sei“, so der Marketingprofessor. „In China wird es im Jahr 2020 rund 200 Städte mit mehr als einer Million Einwohner geben - in Afrika werden es 240 Städte sein“, rechnet er vor. Vom Bevölkerungswachstum werden wiederum der Energiesektor und die Infrastruktur profitieren. Von all den Konsumgütern einmal ganz abgesehen. Das bedeute für Unternehmen in Europa natürlich auch: Die Konkurrenz kommt demnächst nicht mehr nur aus Asien und den USA - sie kommt auch von einem Kontinent, in den sowohl die USA als auch China flächenmäßig locker hinein passen.

Top-Performer Rang 13,16, 20, 25. Quelle: The IMD World Competitiveness Center, Switzerland, www.imd.org/wcc

Allgemein täten Unternehmer gut daran, ihre Stereotypen eines Konkurrenten zu überdenken. Gerade erst habe man das Start-up aus dem Silicon Valley in die Risikoanalyse miteinbezogen, da komme schon der Teenager aus Südafrika um die Ecke und bedrohe das eigene, 200 Jahre alte Familienunternehmen.

Unwahrscheinlich? Turpin: „Der Ire Jordan Casey, 22 Millionen Dollar schwer, entwickelt Apps für Apple. Shubham Banerjee aus Indian hat Braigo Labs gegründet und damit 32 Millionen Dollar gemacht. Der Australier Ben Pasternak kommt auf 50 Millionen Dollar mit Spieleentwicklungen und der Amerikaner Thomas Suarez verdankt seinen Apps ein Vermögen von 200 Millionen Dollar. Der älteste der vier ist 15 Jahre alt.“

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