Arbeitsmarkt Das Ende der Massenarbeitslosigkeit

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Arbeitssuchende warten in der Quelle: AP

Die Arbeitswelt verändert sich auch strukturell. Wie sehen die Jobs von morgen aus?

Die Erwerbsbiografien werden bunter. Gerade für hoch Qualifizierte verliert der einzelne Arbeitgeber als Instanz, von der man monatlich seinen festen Lohn bezieht, an Bedeutung. Sie werden zunehmend für mehrere Arbeitgeber arbeiten, in Teams und Projekten. Das passiert vor allem dort, wo sich Produktionsprozesse nicht standardisieren lassen, wo es auf Kreativität ankommt, auf Wissen und unternehmensnahe Dienste. Es entsteht ein unglaublich bunter Markt...

...mit neuen Problemen. Nicht jeder Arbeitnehmer ist qualifiziert und kreativ.

Ja, das Riesenproblem, das wir lösen müssen, ist die Frage, wie wir mit gering qualifizierten Menschen umgehen. Die Qualifikationsanforderungen werden künftig weiter steigen. Das birgt die Gefahr, dass Menschen, die diese Anforderungen nicht erfüllen, aus der Erwerbsgesellschaft herausfallen. Es geht um Menschen, deren Produktivität so niedrig ist, dass die Löhne, die sie am Markt erzielen könnten, kaum oder gar nicht über ihren staatlichen Transfers liegen...

...weshalb der Anreiz, einen Job anzunehmen, oft nicht übermäßig ausgeprägt ist.

Das kann man den Leuten nicht zum Vorwurf machen, das ist ökonomisch rational. Für den Wohlfahrtsstaat aber ist das fatal: Er subventioniert das Nichtarbeiten – oder im Extremfall die Schwarzarbeit. Da hilft auch die gute Konjunktur nicht: Der Aufschwung am Arbeitsmarkt geht an den gering Qualifizierten vorbei.

Vielleicht weil es für sie kaum Jobs gibt.

Ach was. Es gibt einen riesigen Bedarf für einfache Tätigkeiten. Der wird ja vielerorts auch gedeckt – in der Schattenwirtschaft. Denken Sie an all die Dinge, die Sie zu Hause ungern erledigen, das ließe sich alles delegieren. Ich bin in einem Wassersportverein. Auf dem Parkplatz dort bewacht ein Rentner die Autos. Der sagt mir schon seit Jahren, er wolle aufhören. Aber der Mann steht da immer noch, weil man für ihn keinen Ersatz findet. Das zeigt doch: Es gibt einfache Jobs. Aber die, die sie ausüben könnten, haben dafür keinen Anreiz.

Lässt sich dies durch Kombilöhne ändern, wenn also der Staat niedrige Löhne aufstockt?

Das funktioniert nur, wenn die Lohnzuschüsse extrem hoch liegen – und dann sind sie unfinanzierbar. Hinzu kommt: Je höher der Kombilohn, umso höher die Sogwirkung auf Leute mit einem festen Job. Viele stellen sich durch Reduzierung ihrer Arbeitszeit und ein aktives Herbeiführen der Bedürftigkeit besser, als wenn sie weiter Vollzeit arbeiten.

Und was ist mit Mindestlöhnen?

Wenn der Parkwächter 10 statt 6 Euro bekommt, freut er sich kurzfristig. Ich fürchte nur, dass der Parkplatzbetreiber dann schnell eine automatische Schranke aufstellt – und der Job ist weg. Der Staat kann keinen Arbeitgeber zwingen, Jobs anzubieten, die sich nicht rechnen. Mindestlöhne sind daher kontraproduktiv, gerade für gering Qualifizierte.

Bleibt die Radikalstrategie. Der Sachverständigenrat hat angeregt, die Hartz-IV-Regelsätze um 30 Prozent zu kürzen und Hinzuverdienstmöglichkeiten zu erhöhen.

Das ist politisch auf absehbare Zeit nicht durchsetzbar. Was meinen Sie, was los wäre, wenn die Regierung so etwas beschließt? Dann bekommen wir hier Straßenkämpfe.

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