
Zur Klärung der Identität hält Bundesinnenminister Thomas de Maizière das Auslesen von Handys von Asylbewerbern für geboten. Der CDU-Politiker verteidigte am Dienstag einen Gesetzentwurf, der dem Bundesamt für Migration für Flüchtlinge (BAMF) entsprechende Befugnisse einräumt. Rückendeckung bekam er von der CSU. Die SPD betonte, das Auslesen der Daten komme nur in Einzelfällen und als letztes Mittel in Betracht. Ein Jurist hatte zuvor Bedenken an dem Gesetzentwurf geäußert. Die Linken kritisieren einen tiefen Eingriff in die Privatsphäre.
Nach den Plänen der Bundesregierung soll das BAMF künftig in bestimmten Fällen die Daten der Handys von Asylbewerbern durchsuchen dürfen. Auf den Weg gebracht wurde die Regelung mit einem Gesetzentwurf zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht. Das Bundeskabinett wird sich nach de Maizières Angaben „sehr bald“ damit befassen.
Der Minister sagte auf dem Europäischen Polizeikongress in Berlin, die große Beachtung des Vorhabens habe ihn etwas erstaunt. „Wir haben das im Asylpaket II auch für die Ausländerbehörden schon ermöglicht. Und es besteht überhaupt kein Grund, warum nicht das Bundesamt für Migration das auch können sollte.“ De Maizière fügte an, es falle auf, dass viele Flüchtlinge - „insbesondere aus Staaten, wo vermutlich keine sichere Bleibeperspektive existiert“ - nach langer und gefährlicher Reise zwar ein Handy dabei hätten, aber keinen Pass.
Wie das BAMF die Identität von Flüchtlingen klärt
Anhand der Fingerabdrücke, die jeder Asylbewerber spätestens bei der Antragstellung abgeben muss, erkennt die Nürnberger Behörde, wenn jemand verschiedene Namen benutzt. Zu diesen „Mehrfachidentitäten“ können auch Schreibfehler oder zulässige unterschiedliche Schreibweisen eines Namens führen. „Diese Alias-Identitäten werden bei uns alle gelistet, miteinander verknüpft und nicht gelöscht“, erläutert eine BAMF-Sprecherin. „Wir sehen, wenn jemand einen anderen Namen oder ein anderes Herkunftsland angibt.“ So war der Berliner Attentäter Anis Amri in Deutschland mit 14 verschiedenen Identitäten unterwegs, was dem BAMF bekannt war.
Dies ist deutlich schwieriger: Denn nur etwa 40 Prozent der Antragsteller haben nach Schätzungen des BAMF ein Identifikationsdokument bei sich. Dieses wird genau überprüft - bei Zweifeln auch von Experten in der Nürnberger Zentrale.
Wenn die Menschen jedoch keine Papiere bei sich haben, folgt eine aufwendige Prüfung. Um ein neues Dokument ausstellen zu können, wird etwa das Herkunftsland angeschrieben. Außerdem wurde beim Bundesverwaltungsamt eine Datenbank für gefundene Pässe eingerichtet.
Um die Angaben der Asylbewerber zu prüfen, fragen die Mitarbeiter des BAMF sie in ihrer Anhörung etwa nach Sitten und Bräuchen, aber auch nach Orten in ihrem angegeben Herkunftsland. Wenn ein Mann zum Beispiel vorgibt, Student aus Damaskus zu sein, aber nicht weiß, in welchem Stadtteil dort die Universität liegt, ist das verdächtig. Die Angaben des Schutzsuchenden könnten außerdem „durch das Auswärtige Amt, Botschaften und in bestimmten Ländern auch durch eigenes Verbindungspersonal vor Ort überprüft werden“, erklärt das BAMF. Auch Sprachgutachten sind möglich.
Laut BAMF kann es auch „Einzelfälle“ geben, in denen es Menschen darauf anlegen, gar nicht ins Asylverfahren zu kommen und sich bei keiner Behörde melden. Sie bleiben sozusagen unter dem Radar. Das sei jedoch nicht Sache des BAMF, sondern von Polizei und Sicherheitsbehörden, so die Sprecherin.
Er betonte: „Es ist nicht zu viel verlangt, wenn ein Staat, von dem der Betroffene Schutz begehrt, dass dann diesem Staat gegenüber wahrheitsgemäß gesagt wird, wie man heißt und woher man kommt.“ Erfolge dies nicht, dann sei es angemessen, verhältnismäßig und erforderlich, über zusätzliche „Erkenntnisquellen“ zu erschließen, woher der Betroffene komme.
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verteidigte das Vorhaben. „Wir müssen wissen, wer zu uns kommt“, sagte sie der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Das sei an erster Stelle eine Frage der inneren Sicherheit. Deshalb sei es dringend erforderlich, dass das BAMF bei Entscheidungen über Abschiebungen auch ohne Einwilligung der Flüchtlinge deren Mobiltelefone auslesen darf.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Eva Högl, sagte in der ARD: „Flächendeckend Handys auslesen geht auf keinen Fall. Das ist völlig klar.“ Dies wäre auch nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Nach Ansicht des Kölner Rechtsanwalts Nikolaos Gazeas wäre die Maßnahme höchstens zu rechtfertigen, wenn es einen konkreten Verdacht auf falsche Angaben des Flüchtlings und damit einhergehende Straftaten gebe. Dieser Vorbehalt fehle im Gesetzentwurf allerdings. Aber auch dann müsse ein Richter den Zugriff auf das Handy erlauben, sagte er „Zeit Online“. Die Opposition und die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hatten das Vorhaben als zu weitgehend kritisiert.