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Das Leistungsprinzip gehört auch ins Lehrerzimmer

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Die Politik belebt mithilfe von Corona alte Projekte wie die Vermögensabgabe oder das Homeoffice-Gesetz. Dabei sollte sie zuerst die Schulen sanieren – nicht nur finanziell.

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Auf den ersten Blick grenzte sich Robert Habeck angenehm ab. „Deutschland muss nicht sparen, sondern investieren“, schrieb der Co-Chef der Grünen in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, „eine Steuerdebatte braucht es jetzt nicht.“ Doch auf den zweiten Blick war es dann sehr wohl ein Beitrag zur Steuerdebatte: „Nicht auf dem Höhepunkt der ökonomischen Krise, aber sobald die wirtschaftliche Erholung wieder stabil ist, sollten sehr hohe Einkommen mehr Einkommensteuer zahlen und große Vermögen überhaupt wieder besteuert werden“, forderte Habeck, weil Corona die Ungerechtigkeit verschärfe.

Nach der Wirtschaft hat nun auch die Politik den praktischen Nutzen von Corona entdeckt. Während Unternehmen im vergangenen Jahr unter diesem Vorwand Zombie-Projekte beerdigen konnten, will die Politik nun alte Ziele mit neuen Argumenten erreichen. So wird etwa das Recht auf Homeoffice als neues Kampfmittel gegen die Pandemie verkauft. Und wenig überraschend liegen wieder die Folterwerkzeuge für die Reichen auf dem Tisch. Nicht nur die Grünen, sondern auch SPD und Linke wollen die Spitzenverdiener noch stärker belasten und die Unternehmen sicher nicht entlasten. Mit dieser Mentalität hat man es auf Platz zwei der Länder mit den höchsten Steuersätzen geschafft – und rutscht in der Rangliste der wettbewerbsfähigsten immer weiter ab.

Ein Umparken im Kopf ist überfällig. Für mehr Gerechtigkeit und Wettbewerbsfähigkeit darf die Politik nicht die Unternehmer und Leistungsträger von heute belasten, sondern muss die Unternehmer und Leistungsträger von morgen ausbilden. Die Schulen sind der Schlüssel zur vertikalen Mobilität und dem künftigen Wachstum. Ein neues WLAN reicht da allerdings nicht. Solange Gymnasiasten Franz Kafka für die neue Fritz-Kola halten und von Programmierung keine Ahnung haben, liegt viel im Argen.

Doch es gehört zu den größten Irrtümern der Steuererhöhungsfraktion, dass Geld allein die Lösung ist. Denn es geht auch um ineffiziente Strukturen und unmotivierte Lehrer, die falsche Übungsblätter verschicken oder kein Notebook bedienen können. Der ohnmächtige Rektor darf sie oft nicht sanktionieren – oder ihre vorbildlichen Kollegen belohnen. Das Leistungsprinzip gehört aber zwingend ins Lehrerzimmer. Oder wie heißt es in Artikel 7 des Grundgesetzes: „Das gesamte Schulwesen untersteht der Aufsicht des Staates.“ Die sollte er mal ernst nehmen.

Mehr zum Thema: Eine Umfrage der WirtschaftsWoche unter knapp 50 Großunternehmen zeigt, was Mitarbeiter künftig können müssen und wie die Coronakrise Weiterbildung verändert.

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