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Steuergeld verhindert keinen Weltuntergang

Beat Balzli
Beat Balzli Ehem. Chefredakteur WirtschaftsWoche Zur Kolumnen-Übersicht: Balzli direkt

Ökonomen prophezeien den perfekten Sturm. Vater Staat muss den Standort wettbewerbsfähig machen – und nicht als Helikopterpapa mit Hilfen ersticken.

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Wie lässt sich erkennen, dass die Lage ernst ist? Wenn die notorischen Schwarzseher der Ökonomenzunft nicht mehr einsam in der Wüste rufen, sondern plötzlich Gesellschaft erhalten. Dystopieguru Nouriel Roubini ließ die Welt in den vergangenen Jahren mindestens einmal pro Monat untergehen. Kaum jemand nahm ihn ernst. Er war der Pausenclown zwischen zwei hochprofitablen Aktiendeals. Mit dem Lachen und den todsicheren Börsengeschäften ist es allerdings vorbei. So wie Roubini klingen plötzlich Dutzende ernst zu nehmender Ökonomen.

Zuletzt gab Stephen Roach, der Exchefökonom der Investmentbank Morgan Stanley, den Ton vor. Er hält alle Prognosen für viel zu optimistisch. Der Internationale Währungsfonds sehe etwa eine „weiche Landung der 96 Billionen schweren Weltwirtschaft“. Roach will das zu Recht nicht glauben. Zu sehr extrapolieren Prognostiker aktuelle Trends in die Zukunft, zu sehr steigen Inflation und Zinsen – und zu sehr steht China als globale Konjunkturlokomotive unter Druck. Null-Covid-Strategie, ein wackliger Immobiliensektor, die fatale Partnerschaft mit Russland und vieles mehr machen Peking ernsthaft zu schaffen. Im BIP herrscht der Blues.

Wenn in diesen Tagen im Schweizer Davos die vermeintlich globale Führungselite das Raumschiff des Weltwirtschaftsforums besteigt, dürften nicht wenige ähnlich wie Roach gestimmt sein. Auch Kanzler Olaf Scholz wird dort abheben – und viele hoffen, dass er weiser zurückkommt. Denn die Gefahr scheint groß, dass die Ampelkoalition dem drohenden Konjunkturcrash mit noch mehr schuldenfinanzierten Notlösungen begegnet – und Vater Staat zum Helikopterpapa für scheinbar unmündige Bürgerinnen und Bürger ausbaut.

Berlins corona- und kriegsbedingtes Helfersyndrom muss jetzt enden. Die Wirtschaft sollte angesichts einer Stagflation befähigt werden, sich selbst heilen zu können. Es braucht nicht mehr Ausgaben, sondern eine stringente Angebotspolitik und einen Abbau der Schulden. Es braucht nicht nur geopolitisch bedingte Industriepolitik, sondern auch international wettbewerbsfähige Steuern. Es braucht eine Fokussierung auf Megatrends wie den Klimaschutz, eine Entschlackung des überregulierten Arbeitsmarktes und ein Tesla-Tempo für alle amtlichen Verfahren in Deutschland – nicht nur für Elons PR-Stunt in Grünheide. Denn die Lage ist ernst – diesmal wirklich.

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