Bettina Röhl direkt

Die blasse Lindner-FDP

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FDP, du bist überflüssig

Wenn es erst einmal zum Dreh-und Angelpunkt einer Partei geworden ist, nichts mehr zu sagen, sich nicht mehr festzulegen und eine solche Haltung Parteikonsens wird, dann wird auch sehr schnell nichts mehr gedacht und erst recht nichts mehr riskiert. So hat Christian Lindner eine FDP übernommen, die kaum noch die Kriterien erfüllt, die eine Partei kraft Definition aber erfüllen sollte. Denn zu einer Partei gehört nicht nur, in einem ganz formalistischen Sinn ein Parteiprogramm, sondern das Programm muss auch tatsächlich eines sein. Es muss eine Eigenständigkeit entwickelt haben und es muss die gelebte, umstrittene, mitreißende und inspirierende Parteiwirklichkeit abbilden, orientieren und voraus denken. Und gerade an dieser Parteiwirklichkeit hapert es in der FDP. Schlank, unauffällig, in alle Richtungen kompatibel, medienfreundlich und mit einer Sprache, die auch formal Reizthemen vermeidet, immer die Vokabeln bedient, die gerade in sind, kommt die FDP eben nachhaltig nur als eine Vier-Prozent-Partei daher.

War Westerwelle über Jahre der Spitzenreiter in Sachen Teilnahme an Talkshows, hat ihm diese Rolle inzwischen mit großer Wahrscheinlichkeit der AfD-Vormann Bernd Lucke abgenommen. Jedenfalls sitzen weder Rösler noch Lindner in den Talkshows, obwohl sie natürlich auch eingeladen wurden und werden. Dabei hat die FDP ein mordsmäßiges Glück mit Christian Lindner. Ihm fehlt zwar noch der It-Fakor des Volkstribun, des Wählermagneten, aber in fast jeder anderen Hinsicht ist Lindner prädestiniert für eine Führungsaufgabe in der FDP.

Lieber Kapitän Lindner als ein Lakai Merkels

Lindner hat das Zeug zu einem sehr guten Wein, der allerdings noch etwas reifen muss. Er ist schnell, gewandt, er kann laut sein. Er versteht das politische Ping-Pong-Spiel leicht und locker zu spielen und er ist zu allem Überfluss auch noch netter als man von außen zuschauend denken könnte. Lindner muss große Lust haben, dicke Bretter zu bohren, denn sonst wäre er längst zur CDU oder SPD gegangen, um dort eine einfachere Karriere zu machen. Er ist offenbar lieber Kapitän auf seinem kleineren Schiff als etwa Merkels Lakai.

Auf Fragen der Kolumnistin zum Stand der FDP und zu den Zielen, antwortet er lässig, prompt und sehr kooperativ. Und man ist erleichtert, dass man es mit einem jungen Politiker zu tun hat, der auch auf eine sehr junge Art mit der Welt kommuniziert. So gesehen müsste doch der Blick in die mittelfristige Zukunft der FDP ganz rosig sein. 

Darauf allerdings zu wetten, könnte dennoch ein riskantes Spiel sein. Denn auch Lindner bleibt in der Sache auf Linie, jedenfalls bis jetzt. Auf die Unterstellung, dass sich die FDP zur Zeit nicht gerade einzigartig  von der Großen Koalition unterschiede, kein wirkliches Profil erkennen lasse, antwortete Lindner in einer Mail mit dem Scherz: "Hand aufs Herz - haben Sie eine Originalquelle ausgewertet?" und betonte sofort, dass sich die FDP entschiedener als andere Parteien zum Beispiel gegen die aktuell im Raum stehende Mietpreisbremse einsetzte und in Sachen Rente mit 63, "vor der Kündigung des Generationenvertrags durch das Rentenpaket" warnen würde. "Deutschland kann mit gestalterischer Politik seine gegenwärtige Stärke erhalten und ausbauen, aber leider wird die Chance durch eine defensive Status-Quo-Orientierung verschenkt. Sie schreiben vom "bürgerlichen Lager" - was aber bitte ist an der CDU noch "bürgerlich"? (...)Wir plädieren für die Aufhebung der Subventionsmaschine EEG, weil unsere Energiepolitik durch die einseitige Fixierung auf den Klimaschutz vollständig irrational ist - wer sagt das sonst so klar? Schäubles Griff in die Sozialkassen und seine gefährliche Nachsicht gegenüber den neuen Schulden in Frankreich thematisiere ich bei jeder Gelegenheit."

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