Briefkastenfirmen Schäuble verschärft Kampf gegen Steuerbetrug

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geht schärfer gegen Steuerbetrug über Briefkastenfirmen vor und setzt damit Vereinbarungen mit den Ländern um. Der dürfte in der Wirtschaft für Diskussionen sorgen.

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Die größten Steueroasen der Welt
Bei der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Networks steht die Schweiz an erster Stelle der Steueroasen – trotz aller Abkommen zum Informationsaustausch. Grund für die Top-Platzierung ist für die NGO die nach wie vor hohe Geheimhaltung von Finanzdaten in der Alpenrepublik. Quelle: dpa
Hongkong steht wegen seiner Verschwiegenheit bei der NGO Tax Justice Networks auf Rang zwei der Schattenfinanzplätze. Auch hier spielt der britische Einfluss noch eine große Rolle, da HK über mehr als ein Jahrhundert eine Kronkolonie war, bevor es in den 90er Jahren wieder an China fiel, aber weiter getrennt verwaltet wird. Quelle: AP
Luxemburg hat sich seinen Wohlstand – das Pro-Kopf-Einkommen liegt doppelt so hoch wie in Deutschland – durch eine äußerst wohlwollende Besteuerung erarbeitet, bei dem die Finanzverwaltung in geheimen Vereinbarungen („tax rulings“) gern auch mal nur ein Prozent Steuern verlangt. Quelle: dpa
Der US-Bundesstaat Delaware profiliert sich durch extrem niedrige Unternehmenssteuern. Hunderttausende Firmen sind dort registriert, auch namhafte deutsche. Nicht nur das Steuerklima ist dort günstig; Firmen lassen sich binnen eines Tages gründen. Quelle: dpa
Karibikeilande wie die Cayman Inseln, die Britischen Jungferninseln und die Bermudas zählen zu den echten Paradiesen mit viel Sonne, Strand und keinen Steuern für Unternehmen, Werktätige und Privatiers. Quelle: dpa
Irland ist für Unternehmen ein interessantes Land. Allerdings ist der Klassiker, das Double Irish mit Dutch Sandwich, nicht mehr im Angebot. Statt dessen gibt es nun eine „Knowledge Box“, mit deren Hilfe Unternehmen nur 6,25 Prozent Steuern zahlen müssen. Quelle: dpa
Deutschland gilt ebenfalls für manche als Steueroase, vor allem für reiche Unternehmer, die vererben wollen. Dank großzügiger Verschonungsregeln können selbst Milliardäre steuerfrei übertragen, wenn sich das Vermögen in Unternehmen befindet. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb eine Reform angemahnt. Quelle: dpa

"Offshore-Firmen" werden häufig für Steuerbetrug missbraucht. Nach der Einigung von Bund und Ländern auf eine nationale Offensive gegen Betrug und Geldwäsche über Steueroasen folgt nun der entsprechende Gesetzentwurf.

Die Gesetzespläne von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sehen strengere Meldepflichten für Steuerzahler und Banken sowie höhere Strafen bei Verstößen vor. Finanzinstitute sollen zudem für Steuerausfälle in Haftung genommen werden. Geplant sind erweiterte Auskunftspflichten und Ermittlungsbefugnisse für den Fiskus. In der Koalition wird mit Widerstand aus der Wirtschaft gerechnet.

Bund und Länder hatten sich im Juni auf strengere Gesetzesregeln gegen sogenannte Offshore-Firmen in Steueroasen verständigt. Auslöser waren die „Panama Papers“ mit Enthüllungen über dubiose Geschäfte mit Briefkastenfirmen. Mit dem jetzigen Entwurf wird diese schon im Juni vereinbarte Offensive gegen Steuerbetrug und Geldwäsche nun gesetzlich umgesetzt. Das Gesetz soll im Dezember vom Kabinett beschlossen und vor der Bundestagswahl 2017 verabschiedet werden. Über den Entwurf hatte zuvor das „Handelsblatt“ berichtet.

Schon bisher müssen Beteiligungen an Firmen im Ausland unter bestimmten Voraussetzungen den Finanzbehörden gemeldet werden. Diese Meldepflicht soll erweitert werden auf Briefkastenfirmen. Ein Verstoß soll als Ordnungswidrigkeit bestraft werden. Bei vorsätzlicher oder leichtfertiger Verletzung soll der Bußgeldrahmen von 5000 auf bis zu 25.000 Euro erhöht werden. Eingeführt werden soll auch eine Anzeigepflicht beim Finanzamt für Banken, die Geschäftsbeziehungen zu Offshore-Firmen für ihre Kunden vermitteln.

Finanzinstitute sollen Geschäftsbeziehungen „inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaat-Gesellschaften“ mitteilen. Bei einem Verstoß gegen diese Mitwirkungspflicht sollen Finanzinstitute für dadurch verursachte Steuerausfälle haften. Zugleich soll dies mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden können.

von Christian Ramthun, Yvonne Esterházy, Mark Fehr, Niklas Hoyer, Andreas Macho, Daniel Schönwitz, Silke Wettach

Die umstrittene Kontenabfrage, die bisher im Kampf gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch genutzt wird, soll ausgebaut werden. Das „steuerliche“ Bankgeheimnis soll abgeschafft werden. Der in der Abgabenordnung geregelte besondere Schutz von Bankkunden soll aufgehoben werden. Die Aufhebung des Paragrafen 30a Abgabenordnung habe nicht zugleich den „gläsernen Bürger“ zur Folge, heißt es.

Erleichterte Auskunftsersuchen bei Banken sollen möglich sein. Der Fiskus könnte dann ohne Anfangsverdacht ermitteln. Bisher können Betriebsprüfer, die in einer Bank zufällig auf Briefkastenfirmen stoßen, diese Informationen nicht an Finanzämter weitergeben. Dies soll künftig möglich sein. Um die Transparenz zu Offshore-Firmen zu erhöhen, soll es künftig auch Sammelauskünfte geben für den Fall, dass ein Finanzamt Anhaltspunkte hat. Über die zu erwartenden Fallzahlen gebe es „keinerlei Informationen“, hieß es.

Steuerbetrug über Offshore-Firmen soll schließlich als „besonders schwere Steuerhinterziehung“ eingestuft werden, sodass strafrechtliche Ermittlungen zehn Jahre lang möglich wären. Nicht mehr hinnehmbar soll zudem sein, wenn Steuerbetrüger auf Straffreiheit durch Verjährung spekulieren können, indem sie Beziehungen zu Offshore-Firmen verschweigen.

Briefkastenfirmen in Offshore-Regionen sind nicht per se illegal. Sie werden aber häufig für Steuerbetrug und Geldwäsche missbraucht. Das eigentliche „Bankgeheimnis“ ist mit dem ab 2017 geplanten Austausch von Finanzdaten unter Staaten praktisch abgeschafft.

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