Bundeshaushalt Scholz will die "Schwarze Null" fortführen

Olaf Scholz führt die Finanzpolitik seines CDU-Vorgängers fort - zumindest, was die Ausgaben betrifft. Quelle: dpa

Die Konjunktur brummt, die Steuereinnahmen sprudeln. Die Bundesregierung verplant genauso viele Milliarden, wie sie einnimmt. Die Grünen kritisieren den hohen Rüstungsetat - die FDP bemängelt fehlende Weitsicht.

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Die „schwarze Null“ bleibt: Die große Koalition will auch in den kommenden Jahren nur so viel ausgeben, wie sie einnimmt. „Neue Schulden wird es nicht geben bis 2022“, hieß es aus Kreisen des Bundesfinanzministeriums. Für das laufende Jahr plant der neue Finanzminister Olaf Scholz (SPD) mit Einnahmen und Ausgaben von jeweils 341 Milliarden Euro. Das entspricht einem Plus von 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Scholz' Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) hatte noch mit 337,5 Milliarden Euro geplant. Bis 2022 sollen die Ein- und Ausgaben dann laut Prognose auf jeweils 367,7 Milliarden Euro steigen.

Die Finanzierung der wichtigsten Projekte der neuen schwarz-roten Bundesregierung ist dabei fest eingeplant und schlägt mit knapp 46 Milliarden Euro bis 2021 zu Buche. Das umfasst zum Beispiel die Erhöhung des Kindergelds oder Mittel für die Förderung des Wohnungsbaus. Andere Vorhaben, auf die sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag verständigt haben, stehen hingegen unter Finanzierungsvorbehalt. Das CSU-Projekt Mütterrente soll nur realisiert werden, wenn sich dafür Mittel finden.

Der schrittweise Wegfall des Solidaritätszuschlags ab 2021 macht sich den Planungen zufolge mit Mindereinnahmen von zunächst 9,08 Milliarden Euro bemerkbar. Bis 2022 soll der Bund deshalb 19,53 Milliarden Euro weniger erhalten. Länder und Gemeinden sollen bis 2022 um 8 Milliarden Euro entlastet werden.

von Thomas Schmelzer, Benedikt Becker, Sven Böll, Max Haerder, Christian Ramthun, Cordula Tutt

Kräftige Zuwächse sind bei den Verteidigungsausgaben geplant: Sie sollen von aktuell 36,93 Milliarden Euro auf 43,87 Milliarden Euro im Jahr 2021 wachsen. Den Nato-Verbündeten und insbesondere den USA genügt das aber womöglich nicht. Die Mitgliedsstaaten haben sich 2014 verpflichtet, ihre Verteidigungsausgaben in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu bewegen. Angesichts der guten Konjunktur wäre sogar denkbar, dass sich Deutschland trotz der Mehrausgaben weiter weg vom Zwei-Prozent-Ziel bewegt. Im Verteidigungsministerium wurde Kritik laut: Es bleibe ein Fehlbetrag für dringend benötigte Modernisierungen.

Bei den Ausgaben für Entwicklung droht die große Koalition die eigenen Ziele zu verfehlen. Eigentlich will die Regierung Mittel in Höhe von 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung dafür ausgeben. Im laufenden Jahr liege die Quote bei 0,5 Prozent, hieß es. Im nächsten Jahr solle sie auf 0,47 Prozent sinken. „Hier muss im Haushaltsverfahren noch deutlich nachgebessert werden“, sagte ein Sprecher des Entwicklungsministeriums.

Der Schwerpunkt liege auf stabilen Finanzen, hieß es aus dem Finanzministerium. Erstmals seit 17 Jahren soll Deutschland im kommenden Jahr wieder die europäischen Schuldenvorgaben einhalten, wonach die Staatsverschuldung 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten darf.

Für absehbare Mehrbelastungen seien keine Vorkehrungen getroffen worden, bemängelte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Eckhardt Rehberg. „In der Finanzplanung sind die höheren EU-Abführungen nach dem Brexit noch nicht abgebildet, für die Finanzminister Scholz bereits eine Zusage gegeben hat.“

Der Sprecher für Haushaltspolitik in der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, geißelte den Entwurf als „Fehlstart von Olaf Scholz“. Der SPD-Vizekanzler wolle den Status Quo seines Vorgängers Schäuble einfach nur verwalten und setze dessen konservative Politik fort. „Der Rüstungsetat wird aufgebläht und bei den Ausgaben für Frieden und Entwicklung wird der Rotstift angesetzt“, beklagte Kindler. „Statt Geld für neue Panzer und Kampfdrohnen rauszuhauen, muss die Bundesregierung in zivile Konfliktprävention, die Bekämpfung des Hungers und in Klimaschutz investieren.“

Scholz' Parteikollege Johannes Kahrs, der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, sprach hingegen von einer „sehr guten Grundlage“ für die anstehenden Beratungen im Bundestag. „Wir entlasten die Bürgerinnen und Bürger, stärken die innere Sicherheit und investieren in die Zukunft durch Steigerung der Ausgaben für Familie, Kinder, Bildung und Qualifizierung“, sagte Kahrs.

FDP-Chef Christian Lindner kritisierte die Pläne im Gespräch mit der „Passauer Neuen Presse“ harsch. „Die Bundesregierung gibt das Geld mit vollen Händen aus, als gäbe es kein Morgen“, sagte Lindner. Besser solle ein Haushaltsüberschuss zurück an die Steuerzahler gehen. „Wenn man sich die Entwicklung der Sozialkassen anschaut, dann stehen wir vor dem Abgrund und geben noch Gas. Um die Mütterrente zu finanzieren, werden enorme Mittel in die Rentenkasse fließen müssen“, bemängelte Lindner.

Die Pläne brauchen die Zustimmung des Parlaments. Die Zeit drängt, weil sich die Verabschiedung des Haushalts durch die lange Regierungsbildung um mehr als ein halbes Jahr verzögert hat. Normalerweise wäre der Haushalt im vergangenen November verabschiedet worden. Nun ist hierfür Anfang Juli angepeilt. Viele geplante Neuerungen der großen Koalition sollen auch erst ab dem kommenden Jahr wirksam werden, so zum Beispiel Steigerungen des Kindergelds oder eine Ausweitung der Mittel für das Bafög.

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