
Die Karten liegen auf dem Tisch. Die SPD hat ihre Leitlinien für ein sozialdemokratisches Programm festgelegt. Auch das Gegenangebot der Union liegt endlich vor. Das, was CDU und CSU vorgelegt haben, überzeugt nicht. Zu viel Lyrik, zu wenig Substanz – die traditionell angekündigten und nie umgesetzten Steuersenkungen, Vollbeschäftigung ja doch der Weg dahin unklar, das kommt einem alles schon sehr bekannt vor. Doch das heißt nicht, dass das SPD-Programm mit seinem Fokus auf Gerechtigkeit schon der Weisheit letzter Schluss wäre.
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Harald Christ ist geschäftsführendes Präsidiumsmitglied des Wirtschaftsforums der SPD e.V.
Aus Sicht der Wirtschaft ist ganz klar: Gerade die SPD muss noch mehr Mut und Zukunft wagen!
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Bürger der Meinung sind, dass die Bundesrepublik einen Gerechtigkeitsschub nötig hat. Fakt ist, dass die Löhne und Gehälter in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen sind. Fakt ist auch, dass wir Rekordbeschäftigung haben, die in vielen Industriezweigen mittlerweile zu nicht besetzbaren offenen Stellen führt. Und auch nicht weg zu diskutieren ist, dass sich das Label „Made in Germany“ zu einem Bestseller entwickelt hat, der die deutsche Exportwirtschaft boomen lässt. Laut ifo-Institut sind Deutschlands Manager so euphorisch wie lange nicht. Zu Recht!





Das Programm der SPD ist ein Reparaturauftrag für den Standort D – wo lange etwas gefehlt hat, muss endlich etwas passieren. Die Agenda der Sozialdemokraten ist mehr auf das Verbessern der bestehenden Zustände ausgerichtet, als dass der Fokus auf der Zukunft liegt. Genau den bräuchte die Republik jedoch von der Partei im anlaufenden Wettbewerb der Ideen, bei dem von der Konkurrenz kaum Zukunftskonzepte zu erwarten sind.
Digitalisierung und künstliche Intelligenz sind vehement auf dem Vormarsch. Kritische Stimmen in der Industrie warnen uns, dass wir mit unserem Know-how der internationalen Entwicklung zehn Jahre hinterherhinken. Wir brauchen einen Martin Schulz 4.0 im Wahlkampf.
Es braucht keine prophetischen Gaben, um zu erkennen, dass der technologische Wandel von Produktions- und Vertriebsprozessen den deutschen Arbeitsmarkt vor nie dagewesene, gewaltige Herausforderungen stellen wird. Die Unternehmensberatung McKinsey – bekannt für knallige Zahlen – hat im März dieses Jahres eine Größenordnung zur Diskussion gestellt, die es in sich hat: 20 Millionen. 20 Millionen Jobs in Deutschland stünden in den kommenden Jahren zur Disposition.
Selbst wenn diese Prognose zu steil sein sollte: Sie ist Auftrag zum Handeln. Ein zukunftsfähiges Deutschland benötigt zwingend ein klares überzeugendes Bekenntnis zur globalen – aber eben auch zur digitalen und automatisierten – Wirtschaft. Wenn bei japanischen Versicherern jetzt erstmals künstliche Intelligenz die sogenannten einfachen Sacharbeiten übernehmen, wird es nicht lange dauern, bis sie auch komplexere Themen autonom bearbeiten.