




Bundeswehr und Polizei sollen gemeinsam für den Fall eines großen Terroranschlags üben. Bund und Länder wollen dafür an diesem Mittwoch in Berlin die Details klären. An dem Treffen nehmen Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) sowie die Innenminister des Saarlands, Nordrhein-Westfalens und Mecklenburg-Vorpommerns, Klaus Bouillon (CDU), Ralf Jäger (SPD) und Lorenz Caffier (CDU) teil. Auf die gemeinsamen Übungen hatte sich die Koalition im Juli in ihren Beratungen über das neue Weißbuch zur Sicherheitspolitik verständigt. In der SPD gibt es trotzdem Vorbehalte. Dort wird eine schleichende Ausweitung der Bundeswehr-Kompetenzen im Inland befürchtet.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwochsausgabe), die Bundeswehr könne in besonderen Notsituationen bereits jetzt im Inneren eingesetzt werden. In seinem Land sei dies etwa im Sommer 2013 beim Elbe-Hochwasser geschehen. „Einen Einsatz der Bundeswehr als Hilfspolizei lehne ich hingegen ab“, sagte Weil. „Polizeiliche Aufgaben sollten den dafür ausgebildeten Fachleuten überlassen werden.“
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) warf der Verteidigungsministerin vor, sie betreibe „eher eine PR-Show“. „Wir brauchen Fakten, auf deren Grundlage wir üben können. Aber genau die hat Frau von der Leyen bislang nicht präsentiert“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe).
Braucht die Bundeswehr mehr Geld?
Die Bundesregierung hat bisher nicht vor, die Finanzmittel für die Bundeswehr wesentlich aufzustocken. Im Haushaltsplan für 2015 gehört der Verteidigungsetat zu den wenigen Posten, bei denen gekürzt wurde - wenn auch nur um 0,5 Prozent. Bis 2018 ist eine leichte Steigerung von 32,3 auf 36,86 Milliarden Euro vorgesehen. Angesichts der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr wird jetzt der Ruf nach einer deutlich stärkeren Erhöhung lauter. Was spricht dafür und was dagegen?
Quelle: dpa
Deutschland will mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Bei den Verteidigungsausgaben liegt es aber weit hinter den wichtigsten Nato-Partnern zurück. Während der Bundesregierung Armee und Ausrüstung nur 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wert sind, investieren die USA 4,4 Prozent in ihr Militär, Großbritannien 2,4 Prozent und Frankreich 1,9 Prozent. Erklärtes Nato-Ziel ist es, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Das bekräftigte das Bündnis auch bei seinem Gipfeltreffen in Wales Anfang September - mit dem Einverständnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zumindest bei der Beschaffung von Ersatzteilen gibt es eine Finanzlücke. Die Mittel dafür wurden 2010 gekürzt. Militärs beklagen, dass die Bundeswehr heute noch darunter zu leiden hat.
Auf die Bundeswehr kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu. Die Nato will ihre Reaktionsfähigkeit im Krisenfall verbessern. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus wird möglicherweise noch Jahre dauern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Vereinten Nationen auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei Blauhelmeinsätzen in Aussicht gestellt. Das alles geht nicht ohne modernes, robustes und gut gepflegtes Material.
Die Bundeswehrreform wurde nach dem Prinzip „Breite vor Tiefe“ entworfen. Das heißt: Die Truppe soll alles können und braucht dafür in jedem Bereich die entsprechende Ausrüstung. Das kostet. Bleibt man bei diesem Prinzip, muss auch Geld dafür zur Verfügung gestellt werden.
Das Rüstungsproblem der Bundeswehr ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern ein Managementproblem. Das macht sich schon daran bemerkbar, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Euro des Verteidigungsetats gar nicht ausgeschöpft wurden.
Das Prinzip „Breite vor Tiefe“ widerspricht den Bestrebungen von Nato und EU, innerhalb der Bündnisse Aufgaben zu teilen. Diese Bemühungen kommen bisher allerdings nur schleppend voran. Man könnte sich stärker dafür einsetzen, um zu einem effizienteren Rüstungssektor zu kommen.
Je mehr verschiedene Militärgeräte es gibt und je geringer die Stückzahlen, desto größer ist auch der Wartungs-, Instandhaltungs- und Ausbildungsaufwand. Deswegen könnte eine stärkere Spezialisierung der Bundeswehr Kosten sparen.
Bei der Beschaffung neuer Rüstungsgüter kommt es regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen, denen man durch ein besseres Vertragsmanagement entgegenwirken kann. Nur einige Beispiele: Der Kampfhubschrauber „Tiger“ sollte im Dezember 2002 ausgeliefert werden. Daraus wurde Juli 2010. Auf den Transporthubschrauber NH90 musste die Bundeswehr sogar neun Jahre länger warten als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten für die Fregatte 125 haben sich im Laufe der Entwicklung von 656 Millionen auf 758 Millionen Euro erhöht. Der Preis für ein Transportflugzeug A400M stieg wegen einer nachträglichen Reduzierung der Stückzahl von 124,79 auf 175,31 Millionen Euro.
NRW-Innenminister Jäger nannte Gespräche und Stabsübungen zwischen Polizei und Bundeswehr zwar wichtig, weil die Meldewege im Ernstfall funktionieren müssten. Deshalb werde sich seine Polizei daran beteiligen. „Mir ist aber wichtig, dass die Übungsszenarien eines berücksichtigen: dass die innere Sicherheit in erster Linie die Aufgabe der Polizei ist“, betonte Jäger. In bestimmten Lagen könne die Unterstützung der Polizei durch die Bundeswehr sinnvoll sein. „Es muss aber klar sein, dass die Bundeswehr dann in Amtshilfe ohne eigene Zuständigkeit handelt.“ Vorrangige und im Grundgesetz klar definierte Aufgabe der Bundeswehr bleibe die Landesverteidigung.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Saarlands Ressortchef Bouillon, sagte der „Passauer Neuen Presse“ (PNP), in Frage kämen beispielsweise der Einsatz von Feldjägern zur Absicherung von Bahnhöfen oder eine Unterstützung mit gepanzerten Sanitätsfahrzeugen. „Wenn wir zum jetzigen Zeitpunkt Terroranschläge in mehreren Bundesländern gleichzeitig hätten, wären wir nicht handlungsfähig. Es könnte sein, dass der Polizeichef eines Landes im Fall der Fälle den zuständigen General noch nicht einmal erreicht.“
Bouillon stellte aber zu den gemeinsamen Übungen von Polizei und Bundeswehr klar: „Wir bleiben auf dem Boden der Verfassung: Innenminister und Polizeichefs werden bei allem den Hut aufbehalten, nicht die Verteidigungsministerin oder die Bundeswehr.“
Von der Leyen hatte Feldjäger und Sanitäter der Bundeswehr bereits beim Amoklauf von München in Bereitschaft versetzt, weil die Polizei zunächst von einer „akuten Terrorlage“ ausging. Die Bundeswehr darf der Polizei und anderen Bundesbehörden laut Grundgesetzartikel 35 Amtshilfe leisten, wenn diese angefordert wird.