Darknet Das illegale Geschäft mit Waffen im Internet

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„Ermittlungen sind extrem aufwendig und zeitintensiv.“

Erst im Februar wurde ein Mechatronik-Student aus Schweinfurt zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Er hatte unter anderem Dekowaffen wieder funktionsfähig gemacht und so Maschinenpistolen über das Darknet vertrieben. Die Originale kaufte der 26-Jährige für 180 bis 200 Euro in der Slowakei, bevor er sie dann für 1500 bis 2000 Euro an Kunden weltweit per Post verschickte.

Er ist bei weitem kein Einzelfall: Im April wurde ein 32-Jähriger Familienvater aus Nordrhein-Westfalen verhaftet, weil er im großen Stil illegale Schusswaffen und Munition über das Darknet gehandelt haben soll. Nur zwei Monate später findet der Stuttgarter Zoll drei Pistolenläufe in einer Paketsendung aus den USA. Adressiert an einen Heidelberger Waffendealer. Er verkaufte im Darknet unter anderem halbautomatische Schusswaffen, Pumpguns und Sturmgewehre. Laut Georg Ungefuk, dem Sprecher der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT), seien 2015, 20 bis 30 Menschen wegen Waffendelikten im Darknet identifiziert worden.


Der Amoklauf von München hat nun eine neue Debatte über schärfere Sicherheitsvorkehrungen in Deutschland ausgelöst. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer, sprach von einer unrühmlichen Rolle des Darknets beim Waffenhandel. Er kritisierte, dass es nicht möglich sein dürfe, Waffen „einfach so mit der Post zu verschicken.“ Und forderte, die Bundes- und Landeskriminalämter müssten ihre Bestrebungen noch intensivieren, um den Händlern und Käufern auf die Schliche zu kommen.
Frank Scheulen, Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) Nordrhein-Westfalen betont, man wisse um die Gefahren durch den illegalen Handel im Darknet. So habe jedes Bundesland eine eigens eingerichtete Dienststelle „Zentrale Internetrecherche“, für Fälle rund um das Thema Cyber-Kriminalität. „Die Ermittlungen gestalten sich aufgrund der verschlüsselten Server-Adressen allerdings als extrem aufwendig und zeitintensiv,“ erklärt Scheulen.

So konnte eine Ermittlung im Bereich Kinderpornografie erst nach anderthalb Jahren abgeschlossen werden. „Unsere IT-Forensiker konnten die IP-Adresse ermitteln, und sie den zuständigen Kollegen beim FBI in den USA zukommen lassen. Der Täter wurde schließlich festgenommen, und der kleine Junge befreit,“ solche Erfolge seien allerdings vergleichsweise selten, gemessen an der schieren Anzahl der Delikte, sagt der Sprecher des nordrhein-westfälischen LKAs.


Noch ist die Zahl der im Darknet gehandelten Waffen, gemessen an Drogen, dem Handel mit Unternehmensdaten oder anderen Dienstleistungen verhältnismäßig gering. Das liegt in den Augen des IT-Sicherheitsexperten Gaycken auch daran, dass viele Marktplätze mit Waffenhandel nichts zu tun haben wollen. „Ein Grund dafür ist mit Sicherheit, dass das Strafmaß beim Handel mit Waffen naturgemäß höher ist, als bei Delikten im Bereich des illegalen Drogenhandels.“ Viele erklärten aber auch, dass sie aus ideologischen Gründen den Verkauf von Waffen auf ihrer Seite prinzipiell ablehnten.
Denn das Darknet ist eigentlich für Menschen gedacht, die auch in Zeiten des Internets nicht all ihre persönlichen Daten preisgeben wollen. Oder es schlichtweg nicht können, weil sie in totalitären Regimen leben und verfolgt werden. Ein großer Teil der Seiten ist auch immer noch profaneren Aktivitäten gewidmet – persönlichen oder politischen Blogs, Nachrichten, Diskussionsforen, religiösen Themen oder auch Radiostationen. Dafür wurde es zum Beispiel beim arabischen Frühling genutzt.

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