Diesel-Skandal Klüngelei-Vorwurf ruft Verbrauchschützer auf den Plan

Im Diesel-Skandal hat es wohl eine enge Abstimmung zwischen dem Kraftfahrt-Bundesamt und den Autobauern gegeben. Das ruft Verbraucherschützer auf den Plan. Auf die Grüne fordern drastische Konsequenzen.

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Die Bundesbehörde soll sich im Diesel-Skandal eng mit den Autobauern abgestimmt haben. Quelle: dpa

Berlin Nach Berichten einer möglichen Klüngelei zwischen dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) und der Autoindustrie bei der Aufarbeitung des Diesel-Skandals fordert der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (VZBV), Klaus Müller, harte Konsequenzen. „Das Kraftfahrtbundesamt versteht sich leider zu sehr als Partner der Industrie. Darunter leiden am Ende auch die Verbraucher“, sagte Müller dem Handelsblatt. Der Autoskandal zeige, dass das KBA nach 65 Jahren „dringend reformiert“ werden müsse. „Dazu gehört ein neuer Auftrag und frisches Personal.“

Eine funktionierende Marktüberwachung brauche „unabhängige Kontrollen und unvoreingenommene Kontrolleure“, betonte der VZBV-Chef. Er forderte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf, noch in dieser Legislaturperiode das KBA-Gesetz zu ändern. „Wie bei der Finanzaufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) muss Verbraucherschutz als zusätzliches Aufsichtsziel festgelegt werden“, sagte Müller.

Scharfe Kritik kam auch von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Er sprach am Freitag von einem „Versagen“ staatlicher Kontrollgremien. „Es zeigt sich wieder einmal die Kumpanei zwischen Verkehrsministerium, seinem KBA und der Autoindustrie. Das ist schädlich für das Ansehen unserer Institutionen und es ist schädlich für unseren Industriestandort.“ Mit einem Verkehrsminister Dobrindt werde es keine Aufklärungs- und Transparenzoffensive im Abgasskandal geben. Hofreiter forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, den „Vertuschungspakt“ zu beenden. Das Umweltbundesamt müsse sämtliche Berichte des KBA zum Abgasskandal prüfen.

Wie der VZBV-Chef reagierte Hofreiter damit auf Medienberichte, wonach sich das KBA für einen umstrittenen Bericht zu überhöhten Abgaswerten nach dem VW-Skandal eng mit deutschen Autobauern abgestimmt haben soll. Hintergrund sind E-Mails, über deren Inhalt die Nachrichtenagentur dpa, „Spiegel Online“ und „BR Recherche“ berichten.


Behördenchef schickt „industriefreundlichen Gruß.“

In einer Notiz des KBA von Mitte Januar heißt es zum Beispiel, es werde mit den Herstellern „zuvor konkret besprochen“, was veröffentlicht werde. Zudem ist die Rede von einem „abgestimmten Vorschlag“ für den Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“. Die E-Mails zwischen der Aufsichtsbehörde KBA und den Autoherstellern legen demnach nahe, dass sich beide Seiten über Inhalte des Berichts der Untersuchungskommission, der im April veröffentlicht wurde, enger abgestimmt haben als bislang belegt.

In den Unterlagen taucht auch KBA-Präsident Ekhard Zinke auf. Er schrieb an einen seiner Mitarbeiter, er halte Opel-Ausführungen „insbesondere im techn. Teil im Grunde nach für nachvollziehbar“. Der Behördenchef schließt dann: „Mit industriefreundlichem Gruß.“

In einer gemeinsamen Stellungnahme von Bundesverkehrsministerium und KBA zu den Recherchen hieß es: „Mit den Herstellern wurden im Rahmen dieser Untersuchungen Gespräche geführt und technische Fragen erörtert. Ein solches Prozedere ist international üblich und notwendig.“

Das KBA wird schon länger kritisch gesehen. Anfang des Jahres hatte etwa Bundesverbraucherminister Heiko Maas (SPD) im Zuge des Abgas-Skandals bei Volkswagen Konsequenzen für die künftige Rolle der Behörde angekündigt. Der Parlamentarische Staatssekretär im Justiz- und Verbraucherministerium, Ulrich Kelber (SPD), sagte seinerzeit dem Handelsblatt: „Der Verbraucherschutz sollte auch beim Kraftfahrtbundesamt Ziel werden.“

Überlegt wurde überdies, das Umweltbundesamt Kfz-Tests vornehmen zu lassen. Kelber verwies im Handelsblatt auf die Erfahrung, dass sich zum Beispiel bei Lebensmittelskandalen gezeigt habe, „wie wichtig unabhängige Tests sind“. Die Frage ist nun, was aus diesen Vorhaben geworden ist. Das Justizministerium war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

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