Vor einer „Scheinlösung“ warnt deshalb auch Stefan Heumann, Vorstandsmitglied der Stiftung Neue Verantwortung, der am Mittwoch ein Impulspapier zur Debatte ums Digitalministerium veröffentlicht hat. „Wenn sich die politische Debatte aber auf den Zuschnitt und Kompetenzen des neuen Ministeriums beschränkt“, bringe das keinen Fortschritt, sondern lenke nur „von den wirklich wichtigen Fragen ab“, betont Heumann.
Die Arbeitsweise und -abläufe in Regierung und Verwaltung hätten sich kaum verändert, kritisiert Heumann: „Darin liegt der Kern des Problems, warum es in der Digitalpolitik hierzulande kaum Fortschritte gibt.“
Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger müssten Regierung und Verwaltung deshalb „als lernende Organisationen begreifen und diese entsprechend weiterentwickeln. Nur so werden sie mit der durch digitale Technologien ausgelösten Veränderungsdynamik produktiv umgehen können“.
Die „Expertise zum digitalen Wandel, Öffnung für Austausch und Kollaboration und stringente Governance-Strukturen“, müssten deshalb im Mittelpunkt einer umfangreichen Digitalagenda stehen.
Scholz zahlt 646.000 Euro für einen einzelnen IT-Berater
Allerdings seien Regierung und Verwaltung bei Digitalisierungsvorhaben „von externen Beratern abhängig geworden. Es muss dringend eigene Expertise auf- und ausgebaut werden, um Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen“, betont Heumann.
Wie viel diese Abhängigkeit kostet, zeigt beispielsweise ein Fall aus dem Finanzministerium: 646.000 Euro zahlte Olaf Scholz (SPD) 2018 und 2019 einem einzigen Projektleiter, um die Datenbank der Finanzkontrolle Schwarzarbeit an den Start zu bringen, berichtete der „Tagesspiegel“ kürzlich.
Um sich aus dieser Abhängigkeit zu lösen, müsse der öffentliche Dienst „den Wettbewerb um die Innovatoren der digitalen Transformation aufnehmen. Hierfür braucht es grundlegende Reformen im Staatsdienst“, unterstreicht Heumann.
Mit den neuen Innovationseinheiten Tech4Germany und DigitalService4Germany hat das Kanzleramt bereits solche Innovationseinheiten auf den Weg gebracht. Wie erfolgreich sie wirken, wird sich in der nächsten Legislaturperiode zeigen – „Bummelletzter“ zu werden, das dürften auch Merkels Nachfolger vermeiden wollen.
Mehr zum Thema: Im Podcast erzählt der FDP-Vorsitzende Christian Lindner, warum ihn das Corona-Management der Bundesregierung fassungslos zurücklässt und wie er aus ganz Deutschland ein Tübingen machen möchte.