Gaskrise Völker, hört die Preissignale!

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) Quelle: dpa

Die Bundesregierung adressiert das Problem der Gasknappheit „von vorn“, will Importeuren mit Milliarden zur Seite stehen. Besser wäre, sie setzte auf Preissignale, belastete Verbraucher – und stünde ihnen zur Seite. Ein Kommentar.

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Die Bundesregierung schlägt sehr wolkig Alarm in diesen Tagen, prophezeit pathetisch ungefähr „historische Herausforderungen“ (Kanzler Olaf Scholz) und „dramatische Monate“ (SPD-Chef Lars Klingbeil). Wirtschaftsminister Robert Habeck warnt sogar vor einem „Lehman-Moment“ für den deutschen Gasmarkt. Und natürlich ist jetzt viel von einem „Modell Lufthansa“ die Rede, um Uniper zu retten, den größten Importeur von russischem Erdgas.

Der Hintergrund: Kreml-Potentat Wladimir Putin hat dem Unternehmen den Gashahn (fast) zugedreht, Uniper muss kurzfristig und teuer Ersatzmengen am Spotmarkt kaufen, kann die Preise wegen bestehender Verträge mit Versorgern (etwa Stadtwerken) aber nicht weitergeben – und ruft nun nach eiliger Hilfe vom Staat. Bereits am Freitag soll ein frisches Gesetz der Staatsbeteiligung den Weg ebnen.

Die Chefin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, Kerstin Andreae, begrüßt das Vorgehen: „Es ist absolut richtig, dass die Bundesregierung ganz vorne in der Lieferkette ansetzt und die Importeure unterstützt“, sagt Andreae, andernfalls bestünde das Risiko von Domino- und Kaskadeneffekten, von kollabierenden Stadtwerken und privatinsolventen Verbrauchern – das ist es wohl, was Habeck mit „Lehman-Moment“ meint.

Wie der Staat Uniper retten könnte

Doch der Rekurs auf die Finanzkrise ist so irreführend wie der Verweis auf das „Modell Lufthansa“. Die nicht verhinderte „Lehman“-Pleite löste die Finanzkrise nicht (nur) aus, sondern entdeckte der Wirtschaftswelt (auch) den Abgrund einer dysfunktionalen Finanzbranche, die die Risiken ihres Tuns systematisch verschleierte und erfolgreich darauf spekulierte, ihre Verluste zu sozialisieren. Davon kann bei Uniper nicht die Rede sein. Das Unternehmen ist vielmehr ein spätes Opfer regierungsamtlicher Spekulationen auf billiges Russlandgas. Und hat daher alle Hilfe des Staates verdient.

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Aber ist die Hilfe auch sinnvoll? Die „Rettung der Lufthansa“ war eine Reaktion des Staates auf einen Zusammenbruch der Nachfrage: Niemand wollte, durfte, konnte in den ersten Coronamonaten mehr fliegen. Dagegen haben wir es bei Uniper mit einem Zusammenbruch des Angebots zu tun: Gas wird immer knapper und teurer.

Es ist deshalb höchst riskant, das Problem „von vorne“ zu adressieren. Die Preissignale können auf diese Weise nicht ihre volle Wirkung entfalten – und es ist wahrscheinlich, dass die jetzt eingesetzten Staatsmilliarden für die Importeure am langen Ende weder vorne (bei Uniper et al) noch hinten (bei den Verbrauchern) reichen werden.

Besser wäre es, wenn die Bundesregierung das Gasproblem andersherum adressierte – und Importeuren wie Versorgern erlaubte, die Preise bis zum Endkunden durchzureichen. Der Preisschock wäre groß. Der Energiespareffekt maximal.

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Die Regierung wäre gezwungen, soziale Härten gezielt zu adressieren (etwa nach Einkommen gestaffelte Sparprämien, Entlastungen, Direktzahlungen) statt zum Beispiel unsinnige Tankrabatte durchzuwinken. Und die Unternehmen könnten wirtschaften wie bisher, unbehelligt vom Staat. Es wäre eine „historische Herausforderung“, fürwahr. Wie schade, dass die Regierung sie sich – und uns – nicht zutraut.

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