Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags sieht verfassungsrechtliche Probleme bei der am Freitag vom Parlament verabschiedeten Reform der Grundsteuer. Mit der von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) entworfenen Bewertungsmethode könnten innerhalb eines Gemeindegebiets größere Wertunterschiede auf Grund der jeweiligen Lage der Immobilie „nicht adäquat“ abgebildet werden, heißt es in der Ausarbeitung, die der WirtschaftsWoche vorliegt. „Verfassungsrechtlich problematisch“ werde es schließlich „durch die fehlerhafte Bewertung teurer Lagen zu günstigen“.
Beim wertabhängigen Scholz-Modell werden unter anderem die Mietkosten, das Baujahr des Gebäudes und die Bodenrichtwerte für die Berechnung der Grundsteuer berücksichtigt. Die Experten des Wissenschaftlichen Dienstes halten diese „wertbildenden Faktoren“ jedoch in Bezug auf bebaute Grundstücke für „so stark typisierend“, dass es zu erheblichen Verzerrungen kommen könnte. „Erste Musterberechnungen legen es nahe, dass teure Wohnlagen systematisch unterbewertet und mittlere bis einfache Wohnlagen über dem Verkehrswert bewertet würden.“
FDP-Steuerexperte Markus Herbrand sieht sich in seinem Urteil über das Scholz-Modell bestätigt. „Dass verfassungsrechtliche Zweifel von der Großen Koalition bislang ignoriert wurden, ist in meinen Augen starker Tobak.“ Die Zweifel des Wissenschaftlichen Dienstes seien „eine weitere Schlappe“ für Finanzminister Olaf Scholz und sein Reformmodell. Die FDP hatte einer Grundgesetzänderung für die Grundsteuer zugestimmt, um den Bundesländern die Chance zu geben, eigene Grundsteuerregelungen einzuführen.
Die Grundsteuer muss bis Endes des Jahres reformiert werden, weil das Bundesverfassungsgericht veraltete Bewertungsgrundlagen bemängelt hatte. Für die Kommunen ist sie mit einem Aufkommen von mehr als 14 Milliarden Euro eine der wichtigsten Einnahmequellen.