




Der Wehrbeauftragte des Bundestags lehnt einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren zur Unterstützung der Polizei etwa bei Terroranschlägen ab. „Die Bundeswehr sollte (...) nicht als wohlfeile Personalreserve für die vielleicht zu stark reduzierten Polizeikräfte dienen“, sagte der SPD-Politiker Hans-Peter Bartels der „Nordwest-Zeitung“ (Mittwochsausgabe) aus Oldenburg.
Das sei nicht im Sinne der Verfassung. „Dafür sind Bundeswehrsoldaten auch nicht ausgebildet, dafür sind sie nicht da.“ Zudem sei die Bundeswehr schon jetzt „in weiten Bereichen am Limit“.
Die CDU/CSU erwägt eine Gesetzesänderung für den Einsatz der Bundeswehr im Inland unter anderem bei Terrorgefahr. Das hatte die „Süddeutsche Zeitung“ (Dienstagsausgabe) unter Berufung auf einen Entwurf für ein neues Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr berichtet.
Braucht die Bundeswehr mehr Geld?
Die Bundesregierung hat bisher nicht vor, die Finanzmittel für die Bundeswehr wesentlich aufzustocken. Im Haushaltsplan für 2015 gehört der Verteidigungsetat zu den wenigen Posten, bei denen gekürzt wurde - wenn auch nur um 0,5 Prozent. Bis 2018 ist eine leichte Steigerung von 32,3 auf 36,86 Milliarden Euro vorgesehen. Angesichts der Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr wird jetzt der Ruf nach einer deutlich stärkeren Erhöhung lauter. Was spricht dafür und was dagegen?
Quelle: dpa
Deutschland will mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Bei den Verteidigungsausgaben liegt es aber weit hinter den wichtigsten Nato-Partnern zurück. Während der Bundesregierung Armee und Ausrüstung nur 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts wert sind, investieren die USA 4,4 Prozent in ihr Militär, Großbritannien 2,4 Prozent und Frankreich 1,9 Prozent. Erklärtes Nato-Ziel ist es, zwei Prozent des BIP für die Verteidigung auszugeben. Das bekräftigte das Bündnis auch bei seinem Gipfeltreffen in Wales Anfang September - mit dem Einverständnis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Zumindest bei der Beschaffung von Ersatzteilen gibt es eine Finanzlücke. Die Mittel dafür wurden 2010 gekürzt. Militärs beklagen, dass die Bundeswehr heute noch darunter zu leiden hat.
Auf die Bundeswehr kommen immer wieder neue Aufgaben hinzu. Die Nato will ihre Reaktionsfähigkeit im Krisenfall verbessern. Der Kampf gegen den islamistischen Terrorismus wird möglicherweise noch Jahre dauern. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat den Vereinten Nationen auch ein stärkeres Engagement Deutschlands bei Blauhelmeinsätzen in Aussicht gestellt. Das alles geht nicht ohne modernes, robustes und gut gepflegtes Material.
Die Bundeswehrreform wurde nach dem Prinzip „Breite vor Tiefe“ entworfen. Das heißt: Die Truppe soll alles können und braucht dafür in jedem Bereich die entsprechende Ausrüstung. Das kostet. Bleibt man bei diesem Prinzip, muss auch Geld dafür zur Verfügung gestellt werden.
Das Rüstungsproblem der Bundeswehr ist nicht in erster Linie ein finanzielles Problem, sondern ein Managementproblem. Das macht sich schon daran bemerkbar, dass im vergangenen Jahr insgesamt 1,5 Milliarden Euro des Verteidigungsetats gar nicht ausgeschöpft wurden.
Das Prinzip „Breite vor Tiefe“ widerspricht den Bestrebungen von Nato und EU, innerhalb der Bündnisse Aufgaben zu teilen. Diese Bemühungen kommen bisher allerdings nur schleppend voran. Man könnte sich stärker dafür einsetzen, um zu einem effizienteren Rüstungssektor zu kommen.
Je mehr verschiedene Militärgeräte es gibt und je geringer die Stückzahlen, desto größer ist auch der Wartungs-, Instandhaltungs- und Ausbildungsaufwand. Deswegen könnte eine stärkere Spezialisierung der Bundeswehr Kosten sparen.
Bei der Beschaffung neuer Rüstungsgüter kommt es regelmäßig zu Verzögerungen und Kostensteigerungen, denen man durch ein besseres Vertragsmanagement entgegenwirken kann. Nur einige Beispiele: Der Kampfhubschrauber „Tiger“ sollte im Dezember 2002 ausgeliefert werden. Daraus wurde Juli 2010. Auf den Transporthubschrauber NH90 musste die Bundeswehr sogar neun Jahre länger warten als ursprünglich vorgesehen. Die Kosten für die Fregatte 125 haben sich im Laufe der Entwicklung von 656 Millionen auf 758 Millionen Euro erhöht. Der Preis für ein Transportflugzeug A400M stieg wegen einer nachträglichen Reduzierung der Stückzahl von 124,79 auf 175,31 Millionen Euro.
Unionspolitiker dringen schon seit längerer Zeit auf eine entsprechende Grundgesetzänderung. Neben klaren Kompetenzen bei der Terrorabwehr wird auch gefordert, dass die Bundeswehr regulär in der Flüchtlingshilfe zum Einsatz kommt. Die SPD lehnt eine Grundgesetzänderung ab.
In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch) rechnete Bartels vor, dass die Ressourcen der Polizei mit mehr als 300 000 Beamten in Bund und Ländern weit größer seien als die der Bundeswehr. Diese habe ihre Sollstärke von 185 000 Soldaten noch immer nicht erreicht. „Die Kräfte der Bundeswehr sind nicht unendlich“, warnte Bartels. Der Kernauftrag der Bundeswehr sei die äußere Sicherheit, betonte der SPD-Politiker, der aber einräumte: „Angesichts der weltweiten Terrorgefahr gilt selbstverständlich: Man sollte vorbereitet sein.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach sich für den Einsatz der Bundeswehr „in Notsituationen“ im Inland aus. „Ich halte es für wichtig und notwendig, dass wir in Ausnahmen die Bundeswehr auch vorübergehend im Inneren einsetzen“, sagte er dem „Münchner Merkur“ (Mittwoch). „Dafür ist auch eine Änderung des Grundgesetzes notwendig.“ Als Beispiel für eine gerechtfertigte Aufweichung der bislang strikten Trennung der Aufgaben von Polizei und Armee nannte Herrmann „Notsituationen“ wie die Terroranschläge in Paris.
Der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Florian Hahn, kritisierte die ablehnende Haltung der SPD: „Wir brauchen hier eine ergebnisoffene Debatte ohne parteipolitische Scheuklappen.“