WirtschaftsWoche: Herr Mundt, das Bundeskartellamt arbeitet an einem digitalen Wettbewerbsregister, mit dessen Hilfe bestimmte Unternehmen keine öffentlichen Aufträge mehr bekommen sollen. Auf was muss sich die Wirtschaft konkret einstellen?
Andreas Mundt: Das Register ist ein großes und komplexes IT-Projekt, dessen Bedeutung in der Wirtschaft noch völlig unterschätzt wird. Es geht darum, dass Auftraggeber schneller und umfassender als bisher Informationen über Wirtschaftsdelikte erhalten, aufgrund derer Unternehmen von der staatlichen Auftragsvergabe auszuschließen sind. Das Projekt ist singulär, denn es gibt bislang kein einziges rein digitales staatliches Register in Deutschland. Dieses unter Coronabedingungen aufzubauen war nicht einfach. Aber wir liegen gut im Zeitplan.
Und wie sieht der aus?
Im ersten Quartal des Jahres sollen die Vergabestellen, die später die Abfragen vornehmen müssen, sukzessive an das Register angeschlossen werden. Als eine Schwierigkeit entpuppt sich da gerade, dass die betroffenen Stellen selber nicht allesamt digitale Vorreiter sind und noch technische Vorbereitungen treffen müssen. In einem zweiten Schritt werden dann die Meldungen von Zoll und Staatsanwaltschaften eingepflegt. In der dritten Phase, nachdem die Funktionsfähigkeit des Registers formell festgestellt ist, sind die Vergabestellen dann verpflichtet, ab bestimmten Auftragswerten eine Registerabfrage über die Bewerber einzuholen.
Welche Vergehen werden in dem Register erfasst?
Es geht um einen Katalog an Vergehen, für die eine rechtskräftige Verurteilung vorliegt – und zwar eine, die einem Unternehmen zurechenbar sein muss. Das kann auch eine Verurteilung des Geschäftsführers wegen Betrugs sein, wenn dieser in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer gehandelt hat. Das Register erfasst auch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz oder illegale Beschäftigung. Der Anteil der Kartellvergehen dürfte nur im kleinen einstelligen Prozentbereich liegen. Zwar gibt es im deutschen Vergaberecht schon jetzt eine Reihe von Vorgaben. Doch das Register macht es den Vergabestellen deutlich leichter, diese Vorgaben konsequent anzuwenden.
Sie können aber kaum keinen lebenslangen Bann für Firmen aussprechen, die einen Fehler gemacht haben. Wie lange bleiben verurteilte Unternehmen im Register gespeichert?
Die Dauer hängt von der Schwere des Rechtsverstoßes ab. Sie beträgt drei beziehungsweise fünf Jahre; mit Ablauf der Frist ist der Eintrag zu löschen. Die Unternehmen können aber eine „Selbstreinigung“ vornehmen. Wenn betroffene Firmen ein überzeugendes Compliancekonzept entwickeln, den entstandenen Schaden ausgeglichen und mit den Strafverfolgungsbehörden zusammengearbeitet haben, kann auf Antrag eine Löschung auch vor Fristablauf erfolgen.
Und wer darf das Register nutzen? Können hier auch Unternehmen nachschauen, welcher Vergehen sich die Konkurrenz schuldig gemacht hat?
Nein. Zugriff erhalten nur staatliche Vergabestellen – und es gibt für Firmen die Möglichkeit der Selbstauskunft über die eigenen Einträge.
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