Kommt das Ende der Grundsteuer? Jahrzehntelanges Verwaltungsversagen wird offensichtlich

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Die Immobilienbranche läuft Sturm

Dort müssen sich Bund und Länder auch mit dem Vorwurf auseinandersetzen, warum sie seit mehr als 20 Jahren – als die Vermögensteuer schon als verfassungswidrig erklärt wurde – keine Reform der Grundsteuer zustande gebracht haben. Schließlich war damals schon klar, dass auch die Grundsteuer eigentlich gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen müsste.

Zwar gab es wenige zaghafte Reformansätze, doch zuckten die Länder immer wieder zurück, und der Bund wollte sich nicht die Finger verbrennen für eine komplizierte Reform, an der er selbst nichts verdient. Immerhin haben sich die Länder im Jahr 2016 nach zähen Verhandlungen zu einem neuen Berechnungsmodell durchgerungen, wenn auch gegen den heftigen Widerstand von Bayern und Hamburg. Verabschiedet wurde vom Gesetzgeber noch nichts.

Nach dem 2016 vereinbarten Kostenwert sollen Immobilien realitätsnäher bewertet werden. Das dürfte zu einer Verteuerung gegenüber dem Einheitswert um den Faktor zehn führen, rechnete der Eigentümerverband „Haus und Grund“ aus. Damit wäre einer dramatischen Erhöhung der Grundsteuer Tür und Tor geöffnet, befürchtet nicht nur „Haus und Grund“.

Wo die meisten von Eigentum nur träumen können
10. Platz Düsseldorf Quelle: dpa
9. Platz: Erlangen Quelle: dpa
8. Platz: Regensburg Quelle: dpa
7. Platz: Hamburg Quelle: dpa
6. Platz: Rosenheim Quelle: dpa
5. Platz: Frankfurt Quelle: dpa
4. Platz: Ingolstadt Quelle: dpa

Auch die Immobilienindustrie läuft seither Sturm gegen den Reformplan. Niemand will hier so recht glauben, dass die Kommunen bei höheren Immobilienwerten im Gegenzug ihre Hebesätze reduzieren und damit für die versprochene Aufkommensneutralität bei der Grundsteuer sorgen.

Steigerungen auf 460 Prozent

Die Entwicklung der Grunderwerbsteuer gilt als warnendes Beispiel. Seit diese nicht mehr bundesweit einheitlich festgelegt ist, haben die meisten Bundesländer den Grunderwerbsteuersatz von 3,5 Prozent immer wieder erhöht, einige binnen zehn Jahren auf inzwischen 6,5 Prozent. Auch bei der Grundsteuer selbst wird ständig an der Schraube gedreht, die Hebesätze sind in den vergangenen zehn Jahren von durchschnittlich 400 auf 460 Prozent gestiegen.

Die Kritiker der Grundsteuerreform hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht nun nicht nur über die noch geltende Grundsteuer urteilt, sondern gleich auch die Reformpläne mitverurteilt. Hinweise darauf möchten die Teilnehmer der öffentlichen Anhörung aus der Art der Fragen von den Robenträgern interpretieren. Umgekehrt bemühen sich die Vertreter von Bund, Ländern (mit Ausnahme von Bayern und Hamburg) und Gemeinden, jeden Zweifel am ausgehandelten Kostenwertmodell zu zerstreuen, das das Einheitswertmodell in einigen Jahren ersetzen soll.

Dabei fragt niemand, ob die Grundsteuer überhaupt noch in die Zeit passt, in der Wohnen immer teurer wird und Politiker ständig nach neuen Mitteln und Wegen suchen, damit das Dach über dem Kopf bezahlbar bleibt. 

Städte und Gemeinden mit den höchsten Grundsteuerhebesätzen

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