Bis 15 Uhr sah es nicht so aus, als ob am ersten Prozesstag zur Nürburgring-Affäre irgendetwas Spannendes passieren würde. Zu sehr war das Gericht mit dem Klären von Formalien beschäftigt. Wenig später dann die erste Verzögerung, der Anwalt des früheren Geschäftsführers der staatlichen Nürburgring GmbH, Hans-Jürgen Lippelt, erhob vor dem Koblenzer Landgericht Einspruch gegen die Verlesung der Anklageschrift. Die Schrift enthalte "Elemente der Beweiswürdigung" und dürfe deshalb nicht verlesen werden, sagte Rechtsanwalt Jürgen Wessing. Die Staatsanwaltschaft kündigte eine Stellungnahme an, das Gericht unterbrach deshalb die Sitzung für zwei Stunden.
Am Nachmittag folgte dann ein Antrag von Bernd Schneider, dem Verteidiger Hans-Joachim Metternich, Ex-Chef der Investitions- und Strukturbank. Er forderte, nicht nur, wie bereits von vielen Beobachtern vermutet Ministerpräsident Kurt Beck in den Zeugenstand zu rufen, sondern auch seine damalige Sozialministerin und designierte Nachfolgerin Malu Dreyer, sowie die übrigen Kabinettsmitglieder aus dem Jahr 2009 Innenminister Karl-Peter Bruch, Justizminister Heinz-Georg Bamberger, Wirtschaftsminister Hendrik Hering, Umweltministerin Margit Conrad sowie Bildungsministerin Doris Ahnen.
Metternich war Chef der landeseigenen Förderbank ISB, die über eine Tochtergesellschaft die Firma des vermeintlichen Privatinvestors Kai Richter mit 85,5 Millionen Euro an stillen Beteiligungen unterstützte. Mit den Aussagen des Kabinetts will Schneider belegen, dass das Ausreichen der stillen Beteiligungen auf den ausdrücklichen Willen der Landesregierung hin erfolgte. Direkt danach wurde die Verhandlung unterbrochen. Die Staatsanwaltschaft soll am Mittwoch Stellung nehmen. Hintergrund: Metternich ist wegen Beihilfe zu Untreue angeklagt, weil er Landesvermögen geschädigt haben soll. Sein Anwalt will so nachweisen, dass er nur den Willen der Landesregierung umgesetzt hat.
In dem Prozess geht es um die juristische Aufarbeitung der Nürburgring-Affäre. Zentrale Figur in dem Verfahren vor der Wirtschaftskammer des Landgerichts ist Deubel. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Untreue in neun Fällen vor, davon sechs in besonders schweren Fällen. Hintergrund des Prozesses ist der 2009 gescheiterte Versuch, den Bau der Erlebniswelt an der Eifel-Rennstrecke mithilfe privater Investoren zu finanzieren. Nach mehreren fehlgeschlagenen Anläufen war das Geschäft schließlich wenige Tage vor der Eröffnung endgültig geplatzt, weil ein Schweizer Finanzmakler gefälschte Schecks eines vermeintlichen amerikanischen Investors vorlegte. Deubel, der das Ganze als Minister und Aufsichtsratschef maßgeblich vorangetrieben hatte, musste zurücktreten.
Inzwischen ist auch die Neuordnung der Geschäfte am Ring, bei der im Jahr 2010 Besitz und Betrieb der Rennstrecke voneinander getrennt wurden, wieder gescheitert. Die Nürburgring GmbH musste im Sommer dieses Jahres Insolvenz anmelden.
mit dapd