Personalnot Kein Wunder, dass kaum jemand bei der Bundeswehr arbeiten will

Soldaten der Bundeswehr nehmen an der Ausbildungs- und Lehrübung des Heeres teil.  Quelle: dpa

Die Truppe verliert Soldatinnen und Soldaten – es braucht bessere Arbeitsbedingungen, aber auch dringend ein moderneres Mindset. Ein Kommentar.

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Ganz Deutschland fachsimpelt über Panzer, Kaliber und Kampfflugzeuge, Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sprechen über schimmelige Duschen. So jedenfalls der Eindruck, den die Wehrbeauftragte Eva Högl (SPD) vor kurzem bei der Vorstellung ihres neuen Wehrberichts erweckte. Kein Wunder also, dass nach dem Angriff Russlands zwar mehr junge Menschen bei der Truppe unterschrieben, sie ihre Karriere kurze Zeit später aber wieder abbrachen. 

Ein Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung bestätigt den Netto-Verlust: Mehr Rekrutinnen und Rekruten gehen, als dass neue kommen. Knapp 20.000 schieden im vergangenen Jahr aus dem Dienst aus, der höchste Wert seit 2017. Wenn Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) derzeit zusätzliche Haushaltsmilliarden für die Verteidigung fordert, dann hat er auch diesen Personalnotstand im Sinn.

Die erbärmlichen Kasernen, den Schimmel, die ekelhaften Toiletten, die Funklöcher: Wer seinem Land den ganzen Tag über dient, hat wahrhaft mehr verdient. Dabei wird Geld allein es nicht richten: Es braucht mehr Klarheit in der Kommunikation darüber, was der Job an der Waffe wirklich bedeutet und was er nicht bedeutet. Eine Personal-Zeitenwende muss auch in den Köpfen stattfinden, um ein abgedroschenes und trotzdem wahres Bild zu verwenden.



Zu oft wurden Neulinge in den vergangenen Jahren mit knalligen YouTube-Videos in überzogener „Call of Duty”-Optik, mit bombastischer Musik und dem Versprechen auf maskulines Heldentum geködert. Dabei müssen solche Eindrücke geradezu an der Realität zerschellen. Vor allem neue Soldatinnen stoßen laut Wehrbeauftragter noch immer viel zu häufig auf einen toxischen Mix aus Alkohol, sexistischen Übergriffen und rechtem Gedankengut, wenn sie auf ihre neuen Kameraden treffen. So lässt sich aber keine neue Zielgruppe für den Dienst begeistern, vor allem keine Fachleute, Ingenieure oder Programmiererinnen. Bei denen mit der Privatindustrie auch noch ein mächtiger Konkurrent mit dickerem Geldbeutel mitwirbt.

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Wie kann es anders gehen? Einen vielleicht passenden Slogan hat sich der Leiter des deutschen Panzermuseums, Ralf Raths, Anfang des Jahres ausgedacht. Auf T-Shirts hat er den Satz „Woke und Wehrhaft” drucken lassen. Ein Arbeitgeber, der modern sein möchte und das selbst gesteckte Ziel von bald 203.000 Soldatinnen und Soldaten erreichen will, sollte sich diese Einstellung mit Ernsthaftigkeit zu Herzen nehmen und als Leitbild für seine Bemühungen um frisches Personal nutzen.

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