Pflegeversicherung So unterschiedlich ist der Eigenanteil

Pflege Quelle: imago images

Viele Versicherte fürchten angesichts der Umbaupläne der Bundesregierung, dass sich der Eigenanteil für Pflegeleistungen erhöhen wird. Brisant sind schon jetzt die extremen regionalen Unterschiede.

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Die Pläne der Bundesregierung für einen grundlegenden Umbau des Verfahrens der Lohnfindung in der Pflege wird mit großer Wahrscheinlichkeit höhere Kosten verursachen. Aus der SPD ertönt der Ruf, den Eigenanteil der Pflegebedürftigen zu deckeln. Einige SPD-regierte Bundesländer haben bereits einen entsprechenden Vorstoß über den Bundesrat gemacht. Ziel ist eine Umkehr des Finanzierungsprinzips: So sollen künftig nicht wie bisher die Leistungen der Versicherung, sondern die Eigenanteile der Pflegebedürftigen gedeckelt werden.

Zur Begründung heißt es, dass immer mehr Pflegebedürftige wegen der hohen Eigenanteile in die Sozialhilfe rutschen würden. Doch das stimmt nach Aussage des Verbands der Privaten Krankenversicherung im langfristigen Vergleich nicht: Laut Statistischem Bundesamt erhalten aktuell – aktuellste Zahlen für 2017 - weniger vollstationär versorgte Pflegebedürftige vom Sozialamt „Hilfe zur Pflege“ als noch bei Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995. Dies spiegele sich auch im rückläufigen Anteil der Pflegeheimbewohner wider, die „Hilfe zur Pflege“ erhalten. Waren es kurz nach Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung noch 33,9 Prozent, sank der Anteil bis 2017 auf 28,5 Prozent. Das ist vor allem durch die günstige Entwicklung der Einkommens- und Vermögenssituation der Rentnerhaushalte zu erklären. Die Generation der 65- bis 74-Jährigen besitzt laut einer Studie des IW Köln von 2017 im Vergleich zu 25-Jährigen nahezu das 30fache an Vermögen und mehr als das Doppelte der 35- bis 44-Jährigen.

Was ein stationäre Pflegeplatz kostet, wie hoch der Eigenanteil ist. Quelle: VDEK

Bundesland, Pflegegrad und Pflegeeinrichtung bestimmen den Preis

Der Eigenanteil von stationär Pflegebedürftigen schwankt schon jetzt sehr stark zwischen den einzelnen Pflegeeinrichtungen und zwischen den Bundesländern. Im Januar 2019 mussten Heimbewohner im Schnitt 1.830 Euro im Monat zahlen - ein Plus von 3,25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Januar 2018 habe die durchschnittliche Last noch bei 1.772 Euro gelegen. In Nordrhein-Westfallen werden die Pflegeheim-Bewohner am stärksten belastet: die durchschnittlichen Kosten betragen 2.252 Euro im Monat. In Sachsen-Anhalt hingegen zahlen die Pflegebedürftigen nur 1.218 Euro für den Heimplatz.

von Martin Gerth, Saskia Littmann, Cordula Tutt, Cornelius Welp

Diese Summe besteht einerseits aus den Kosten für die Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionen. Also letztlich Lebenshaltungskosten, die der Pflegeheimbewohner auch in privater Wohnung selbst zu tragen hätte. Aber auch die Kosten für die Pflegeleistungen übernimmt die Pflegeversicherung als Teilkaskoversicherung nicht komplett. Bewohner müssen daher einen einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE) an den pflegebedingten Aufwendungen bezahlen, den Heimbetreiber, Pflegekassen und Kommunen aushandeln. Allein für den Pflegekostenanteil müssen die Betroffenen aktuell im Bundesschnitt 655 Euro zuzahlen. Der Eigenanteil ist innerhalb einer Pflegeeinrichtung aber nur für die Pflegegrade 2 bis 5 einheitlich. Für Pflegegrad 1 liegt er in der Regel um einiges höher.

Pflegekosten vollstatinär: Finanzierungsanteile nach Pflegegraden inklusive Eigenanteil

Gründe für die immensen Kostenunterschiede sind unter anderem die unterschiedlichen Löhne und Vorgaben zur Personalausstattung. Pflegekräfte in den alten Bundesländern erhalten laut Zahlen der Bundesagentur für Arbeit durchschnittlich 520 Euro mehr Bruttolohn als ihre Ostkollegen. Auch zahlen öffentliche Träger ihren Pflegekräften im Schnitt 100 bis 300 Euro mehr Bruttogehalt als private Träger wie Diakonie und Caritas. In Ostdeutschland gilt aktuell ein Pflege-Mindestlohn von 10,55 Euro pro Stunde

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