Pkw-Maut „Das Ministerium hat die Arbeit des Rechnungshofs behindert“

Ein Gutachten des Bundesrechnungshofs wirft Verkehrsminister Andreas Scheuer Rechtsbruch vor. Quelle: dpa

Die Kritik an Verkehrsminister Scheuer reißt nicht ab. Heute setzt der Untersuchungsausschuss des Bundestags seine Arbeit zur gescheiterten Pkw-Maut fort. FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic über Kritikpunkte und neue Vorwürfe.

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WirtschaftsWoche: Herr Luksic, am Donnerstag sagen zwei Prüfer des Bundesrechnungshofs im Maut-Untersuchungsausschuss aus. Was ist über die Kritik des Rechnungshofs am Verkehrsministerium bereits bekannt?
Oliver Luksic: Eine ganze Menge. Die Prüfer kritisieren, dass Bundesminister Andreas Scheuer und seine Beamten sowohl gegen das Vergabe-, als auch gegen das Haushaltrechts verstoßen haben. Hinzu kommt, dass die vertragliche vereinbarte Schadensersatzregelung absolut unüblich gewesen sei. So steht es in einem Bericht des Bundesrechnungshofs vom 18. November. Wir als FDP-Fraktion haben diese Punkte auch immer kritisch gesehen.

Der Reihe nach: Worum konkret geht es bei den Vorwürfen um die rechtmäßige Vergabe des Maut-Betriebs?
Am Ende des Vergabeverfahrens gab es nur noch einen Bieter, ein Konsortium des Ticketverkäufers Eventim und des österreichischen Mautspezialisten Kapsch. Deren finales Angebot war mit drei Milliarden Euro eine Milliarde zu teuer für den Bund. Der Bundestag hatte nur zwei Milliarden Euro für die Maut bewilligt. Also hat man nachverhandelt, um das Angebot unter diese Schwelle zu drücken.

Und das geht nicht?
Ein finales Angebot heißt nicht umsonst final. Nach Einschätzung des Rechnungshofs – und auch aus meiner Sicht – sind Verhandlungen über finale Angebote grundsätzlich so nicht zulässig, der Gegenstand wurde verändert. Die Art und Weise der Trickserei, wie man die Kosten kleingerechnet und verschoben hat, verstößt außerdem auch gegen das Haushaltsrecht.

Oliver Luksic (FDP) wirft Andreas Scheuer Behinderung der Arbeit des Rechnungshofs vor. Quelle: dpa

Hätten die Betreiber also auf Umwegen doch noch weit mehr als die bewilligten zwei Milliarden erhalten?
Ja, daher wäre es für den Steuerzahler auch definitiv teurer geworden. Das Verkehrsministerium hat einfach Zahlungen in die Zukunft verlagert, ohne den Bundestag darüber aufzuklären. Teile der Vergütung für die Maut-Betreiber waren plötzlich keine fixen Kosten mehr, sondern variable. Auch Portokosten hätte der Bund gesondert erstattet. Hinzu kam ein weiterer Trick: Besonders aufwendig und teuer für die Betreiber wäre es gewesen, an allen Raststätten Zahlstellen aufzustellen. Also hat das Verkehrsministerium angeboten, dafür zu besonders günstigen Konditionen die Infrastruktur der Toll Collect GmbH zu nutzen, die ja für die Lkw-Maut zuständig ist. Aus meiner Sicht wurde Toll Collect daher nur deshalb verstaatlicht, um die Pkw-Maut zu retten.

Der dritte Kritikpunkt des Rechnungshofs ist die Schadensersatzregel.
Die ist aus Sicht der Prüfer absolut unüblich. Das Verkehrsministerium hat den Betreibern für den Fall einer Kündigung aus ordnungspolitischen Gründen nahezu den vollen Gewinn für die gesamte Vertragslaufzeit als Entschädigungsanspruch zugestanden. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das die Ausländer-Maut der CSU beerdigt hat, ist so ein Grund. Wer den Bericht des Rechnungshofs liest, kommt deshalb zu der Einschätzung: Scheuer hat nicht nur das Risiko für ein negatives EuGH-Urteil ignoriert. Nein, er hat auch schlecht verhandelt.

Welche neuen Erkenntnisse erwarten Sie von den Aussagen der Rechnungsprüfer?
Ich bin mir sicher, dass sie uns ausführlich erklären werden, wie sie bei ihrem Gutachten vorgegangen sind. Und das kann sehr aufschlussreich werden. Denn mein Eindruck ist, dass das Verkehrsministerium die Arbeit des Bundesrechnungshofs massiv behindert hat. Darüber hinaus werden wir auch alle rechtlichen Fragen noch einmal im Detail diskutieren.

Mehr zum Thema: Das Maut-Desaster und das Verhalten von Verkehrsminister Andreas Scheuer sorgen für Wirbel. Was ist passiert? Und wie geht es jetzt weiter? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

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