Schneller Überblick Grundrente, ein Aufschlag auf Minirenten

Grundrente: Die wichtigsten Fragen und Antworten Quelle: imago images

Über wenige Projekte hat die Koalition so viel gestritten wie über die Grundrente, obwohl alle diesen Aufschlag wollten. Nun steht sie in den Startlöchern. Die wichtigsten Antworten im Überblick.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Wie viele sollen die Grundrente bekommen, und wie wird geprüft, wer überhaupt bedürftig ist? Lange wurde über den Aufschlag auf die Grundsicherung bei Minirenten diskutiert. Nun steht doch noch vor der Sommerpause die abschließende Beratung im Bundestag an. Am Freitag könnte der Bundesrat folgen. Die Kernpunkte der komplizierten Konstruktion:

Wer soll Grundrente bekommen?
Im Startjahr 2021 rund 1,3 Millionen Menschen, davon 70 Prozent Frauen. Nämlich Menschen mit Minirenten, die mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen. Ihre Lebensleistung soll anerkannt, ihnen soll der Gang zum Sozialamt erspart werden. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt werden, bei 35 Beitragsjahren soll er die volle Höhe erreichen. Grundrente bekommen sollen zudem nur jene mit einem Einkommen unter bestimmten Grenzen. Auch sollen diejenigen keine Grundrente erhalten, deren Arbeitsentgelte häufig lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten zum Beispiel durch Minijobs, schreibt der Bundestagspressedienst.

Wie wird ermittelt, wer den Zuschlag bekommen soll?
Zunächst war eine umfängliche Bedürftigkeitsprüfung im Koalitionsvertrag von Union und SPD vereinbart worden. Doch die SPD lehnte dies ab. Nun soll es eine Einkommensprüfung geben. Der Datenabgleich für die Einkommensprüfung soll automatisch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden klappen. Beantragen muss man die Grundrente wohl auch nicht. Die Rentenversicherung bekommt – in den ersten Jahren zumindest – viel zu tun, um zu prüfen, ob Menschen, die bereits Rente beziehen, auch den Aufschlag erhalten. Daher wird mit einer Verzögerung bei der Auszahlung gerechnet – möglicherweise bis Ende 2022. Diese soll dann rückwirkend kommen.

Die Rentenkommission hat ihren ziellosen Reformvorschlag für das deutsche Rentensystem vorgestellt. Dabei ließe sich in nur drei Schritten ein Top-Rentensystem erschaffen.
von Kristina Antonia Schäfer

Wie hoch sind die geplanten Einkommensgrenzen?
Den vollen Aufschlag erhalten nur diejenigen, deren monatliches Einkommen als Rentner bei maximal 1250 Euro (Alleinstehende) und 1950 Euro (Eheleute oder Lebenspartner) liegt. Einkommen über dieser Grenze sollen zu 60 Prozent auf die Grundrente angerechnet werden. Bei 1300 Euro Einkommen eines Alleinstehenden würden also 50 Euro zu 60 Prozent angerechnet – die Grundrente fiele 30 Euro niedriger aus. Einkommen über 1600 beziehungsweise 2300 Euro soll zu vollen 100 Prozent auf den Grundrentenzuschlag angerechnet werden: Hat ein Ehepaar zum Beispiel 2400 Euro Einkommen, vermindert sich die Grundrente um 100 Euro.

Was soll bei der Einkommensprüfung berücksichtigt werden?
Der steuerfreie Teil von Renten sowie zu versteuerndes Einkommen etwa durch Mieteinkünfte, eine Pension oder Beträge betrieblicher oder privater Vorsorge. Auch Kapitalerträge oberhalb des Sparerfreibetrages sollen angerechnet werden. Rentner müssen der Rentenversicherung relevante Erträge mitteilen. Werbungskosten und Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung werden abgezogen. Angaben über das zu versteuernde Einkommen liegen in der Regel nur für das vorvergangene Jahr vor, Neurentner bekommen die Grundrente im ersten Jahr somit möglicherweise erst einmal nicht – die Einkommensprüfung soll aber einmal jährlich wiederholt werden.

Wie funktioniert die Berechnung konkret?
Im Grundsatz werden die Entgeltpunkte aufgewertet, mit denen die Rente insgesamt errechnet wird. Ein Durchschnittsverdiener bekommt pro Jahr einen solchen Punkt. Für jeden Punkt gibt es seit 1. Juli im Westen 34,19 Euro Rente und im Osten 33,23 Euro pro Monat. Für die Zeiten mit nur geringen Rentenanwartschaften, die die Grundrente auslösen, werden die Entgeltpunkte erhöht: Nämlich für 35 Jahre auf das Doppelte des Durchschnittswerts der erworbenen Punkte – höchstens aber auf 0,8 Punkte.

Was kostet das den Staat?
Die Grundrente kostet schätzungsweise 1,3 Milliarden Euro bis 1,6 Milliarden Euro. Eigentlich wollte Finanzminister Olaf Scholz (SPD), dieses Geld über eine Finanztransaktionssteuer finanzieren. Doch die ist nicht in Sicht. Nun kommt es aus dem Bundeshaushalt, zum Ärger der Union.

Mehr zum Thema
Mit der Grundrente wollte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil langjährig Versicherte vor der Sozialhilfe bewahren. Doch nun zeigt sich: In den meisten Fällen wird die Grundrente dafür nicht reichen. Mehr dazu lesen Sie hier.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%