Sonderbericht Bundesrechnungshof kritisiert deutsche Klimapolitik scharf

Der Bundesrechnungshof findet, dass die aktuelle Klimapolitik aus zu vielen Maßnahmen, Treibhausgas-Ausstoß kaum oder gar nicht mindern, besteht. Quelle: imago images/Jochen Tack

Der Bundesrechnungshof zieht eine vernichtende Bilanz der Klimapolitik der Bundesregierung. Weitgehend unwirksam und unkoordiniert, so lautet das Urteil. Die neue Ampel-Koalition bekommt Vorschläge für einen Kurswechsel.

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Der Bundesrechnungshof hat die bisherige deutsche Klimaschutzpolitik als weitgehend wirkungslos kritisiert und eine schnelle Neuausrichtung verlangt. Sämtliche Klimaschutzmaßnahmen müssten umgehend auf den Prüfstand, heißt es in einem am Donnerstag herausgegebenen Sondergutachten. Milliardenbeträge würden für nicht wirksame Programme ausgegeben, die Steuerung und Koordinierung sei mangelhaft. „Die Regierung muss umgehend die Voraussetzungen schaffen, dass die vielen Haushaltsmittel auch beim Klimaschutz ankommen“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofs, Kay Scheller.

Mit den bisherigen Maßnahmen läuft Deutschland dem Gutachten zufolge Gefahr, sein Klimaschutzziel für das Jahr 2030 deutlich zu verfehlen. Statt der angestrebten Treibhausgas-Minderung von 65 Prozent - bezogen auf das Basisjahr 1990 - seien voraussichtlich nur 49 Prozent zu erreichen. Die neue Bundesregierung habe zwar mehr Tempo und weitere Maßnahmen angekündigt. „Das allein wird aber nach unserer Überzeugung nicht ausreichen“, sagte Scheller unter Verweis auf die bisher schlechte Steuerung und Koordinierung.

Er monierte auch, dass der Bund seine teuren Klimaschutzmaßnahmen konterkariere, indem er weiterhin klimaschädliche Subventionen in Milliardenhöhe zulasse. So hätten laut Bundesfinanzministerium Finanzhilfen von 16 Milliarden Euro für das vergangene Jahr einen positiven Bezug zu den deutschen Umwelt- und Klimazielen aufgewiesen. Fast zeitgleich habe das Umweltbundesamt Subventionen von 65 Milliarden Euro im Jahr 2018 als umweltschädlich bewertet.

Der Bundesrechnungshof empfiehlt, diese Subventionen abzubauen. Bei allen Klimaschutzmaßnahmen sollten künftig konkrete Zielwerte für die Minderung von Treibhausgasen festgelegt werden. Die Regierung müsse die Milliarden für den Klimaschutz dorthin lenken, wo sie am meisten Wirkung erzielen. Im Haushalt sei bei Einnahmen und Ausgaben auszuweisen, ob sie das Erreichen der Klimaschutzziele fördern oder erschweren. Nötig sei eine wirksame Koordinierung der Klimaschutzaktivitäten aller Ressorts. Zudem müsse die Regierung die bislang wenig aussagekräftigen jährlichen Klimaschutzberichte zu einem echten Monitoringinstrument ausbauen.

Das Sondergutachten liest sich wie eine Standpauke für die alte Bundesregierung und eine dringliche Aufforderung zu einem Kurswechsel für die neue Ampel-Koalition. Laut Scheller hat die Regierung aktuell noch nicht einmal einen genauen Überblick, wie viele Programme und Maßnahmen es zum Klimaschutz gibt. Bei den meisten der derzeit mehr als 100 Förderprogrammen sei zudem unklar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sie zur Treibhausgasminderung beitragen. „Dadurch fließen Haushaltsmittel in für den Klimaschutz wirkungslose und ineffiziente Programme. Das erschwert und gefährdet die Erreichung der Klimaziele“, so der Bundesrechnungshof.

Konkret nannte dieser das Klimaschutzprogramm 2030 vom Oktober 2019. Dieses umfasse 96 sektorale und sektorübergreifende Maßnahmen zur Emissionsminderung. Vermutlich führten aber nur 4 von ihnen zu signifikanten Emissionseinsparungen. „Das sind hauptsächlich die Maßnahmen zur Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung und der Ausbau der erneuerbaren Energien“, sagte Scheller.

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Besonderen Handlungsbedarf sieht der Bundesrechnungshof bei der ressortübergreifenden Koordinierung der Klimaschutzpolitik. „Das sogenannte Klimakabinett führt bislang nur ein Schattendasein. Es sollte in der letzten Legislaturperiode die Ressortaktivitäten steuern und koordinieren, tagte aber nur einmal“, kritisierte der Bundesrechnungshof-Präsident.

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