SPD Ein Jungsozialist will die GroKo verhindern

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Ein kleines politisches Kunststück

Er trat 2005 in die Partei ein, nach dem Wahldesaster in Nordrhein-Westfalen, das zu vorgezogenen Neuwahlen im Bund führte. Kühnert geißelt bis heute das SPD-Programm von damals, die Agenda 2010, die Ich-AGs und Steuersenkungen, überhaupt den „Geist von Deregulierung und Verwertungslogik“. Der „Agenda-Ballast“ müsse „über Bord“ geworfen, das „Sparmantra“ der schwarzen Null verworfen werden. Er redet überhaupt sehr häufig und sehr gerne von Umverteilung. Selbst die große Koalition von 2013 bis 2017 sei geprägt gewesen von „billigen und oft ziemlich schlechten Kompromissen“, meint Kühnert. Das ist aus Sicht anderer Genossen, die in diesen vier Jahren Mindestlohn, Frauenquote, Rente mit 63 und eine Mietpreisbremse unter Dach und Fach brachte, schon eine bemerkenswerte Aussage.

Kühnerts Rhetorik ist also, einerseits, der klassische Juso-Slang. Andererseits: Der kommt diesmal an. Was daran liegt, dass Kühnert eben so gar nicht als Hassfigur taugt. Er polarisiert, aber ohne sich polarisieren zu lassen. Das ist schon ein kleines politisches Kunststück.

Bei seinem Auftritt im Willy-Brandt-Haus wird Kühnert schließlich gefragt, ob Martin Schulz denn Geschichte sei, wenn er mit den Jusos am Sonntag die Oberhand behalten sollte, wenn der Slogan „NoGroko“ also eine Mehrheit fände. „Nichts“, antwortet er sachlich, selbstbewusst und kühl zugleich, „wird besser, wenn wild zurückgetreten wird.“ Schulz könne natürlich Vorsitzender bleiben.

So weit ist es schon gekommen, dass der Parteichef solche Gönnerhaftigkeiten ertragen muss. Für einen Steckbrief hat Kühnert einmal ein Zitat ausgewählt, das sein politisches Engagement beschreiben sollte. Er wählte nicht Willy Brandt oder Friedrich Ebert oder gar Otto Wels, keinen der üblichen sozialdemokratischen Heroen also – er wählte einen Satz der Kommunistenikone Karl Liebknecht, des einstigen Sozialdemokraten. Der Satz lautete: „Das Unmögliche zu wollen, ist die Voraussetzung dafür, das Mögliche zu schaffen.“

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