Sich das Rauchen abzugewöhnen sei ein schwieriger Prozess. „Ich habe es selbst mehrfach versucht, bis es mir vor wenigen Jahren endlich gelungen ist“, räsonierte Wolfgang Schäuble, als er das Rettungspaket für Zypern vorstellte. Ein Laster zu lassen, so stellte der Bundesfinanzminister mit seinem kleinen Exkurs klar, falle eben immer schwer. Ob es sich nun ums Rauchen handelt – oder um ein Geschäftsmodell, das mithilfe extrem niedriger Steuern und laxer Geldwäschekontrollen einen boomenden Bankensektor kreiert.
Erst die Krise der zypriotischen Banken eröffnete dem Ex-Pfeifenraucher die Chance, gegen die Steueroase im östlichen Mittelmeer vorzugehen. In den dramatischen März-Verhandlungen verknüpfte Schäuble hartnäckig das Zehn-Milliarden-Euro-Rettungspaket mit der Bedingung, das unliebsame Lockangebot zu zerschlagen.
Doch es gibt viele Zypern. Das Großherzogtum Luxemburg hat einen mehr als dreimal so aufgeblähten Finanzsektor, dessen Bilanzsumme beträgt rund 2570 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Dank unschlagbar günstiger Steuersätze rückte der Kleinstaat zum größten Fondsstandort Europas auf und beherbergt schätzungsweise 30.000 sogenannte „Special Purpose Entities“. Hinter diesem klangvollen Namen verbergen sich viele Holdings von Versicherungen, Banken oder Private-Equity-Fonds. Das Großherzogtum gilt in Brüsseler Kreisen als „Made im europäischen Speck“, das Pro-Kopf-Einkommen der gut einer halben Million Einwohner liegt fast doppelt so hoch wie in Deutschland.
Noch viel größere Steuerparadiese befinden sich in der Karibik. Auf den Cayman Islands zum Beispiel entspricht die Bilanzsumme des Finanzsektors dem 570-Fachen des dortigen BIPs. Dort, auf den Bahamas oder den Britischen Jungferninseln, horten nicht nur betuchte Steuerhinterzieher, sondern seit einigen Jahren auch ganz legal US-Konzerne von Apple über Google bis Starbucks schätzungsweise 1,7 Billionen Dollar an Gewinnen, die sie außerhalb ihres Heimatlandes – auch in Deutschland – erwirtschaftet und mit lächerlichen ein bis drei Prozent versteuert haben.
„Skandalös“ findet dies Schäubles Steuerabteilungsleiter Michael Sell und hat dabei nicht nur die Staatskasse im Blick. Der Wettbewerb etwa zwischen Amazon und deutschen Buchhändlern, die 30 Prozent ihres Gewinns an den Fiskus abführen, sei „unsportlich“. Und der für Steuern zuständige EU-Generaldirektor Heinz Zourek konstatiert: „Wer heute noch regulär Steuer zahlt, den kann man einen Steuerpatrioten nennen – oder einen Idioten.“
Gegen Steuertrickser vorzugehen versucht die Bundesregierung seit einigen Jahren, angefangen von den Amnestievorstößen des früheren Finanzministers Hans Eichel (SPD) über das etwas martialische Drängen seines Nachfolgers Peer Steinbrück („Kavallerie“) bis zum heute amtierenden Schäuble. Dabei geht es nicht mehr nur um den kriminellen Klassiker, die illegale Steuerhinterziehung. Dank massiven Drucks der Amerikaner (Kampf gegen Terrorismus und Drogenkartelle) und spektakulärer Enthüllungen (Liechtenstein-, Schweiz-CDs) scheinen die Boomzeiten hier gebrochen. Auch der aktuelle Datensatz mit internationalen Steuerhinterziehern („Offshore-Leaks“) ist ein Schlag gegen diese illegalen Machenschaften; er zeigt aber, dass es sich zumindest bei den deutschen Steuerflüchtlingen größtenteils um Altfälle handelt.
Ringen um eine Definition von Steuerwettbewerb
Ein neues, bedrohlicheres und offenbar noch schwieriger zu packendes Phänomen ist die internationale Steuergestaltung à la Apple und Google. Deshalb schlug Schäuble zusammen mit seinem britischen Amtskollegen George Osborne im vorigen Herbst Alarm. Seither berät die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über das Problem von Steuererosion und Gewinnverlagerungen. Bis zu einer Billion Euro Steuern würden den Finanzbehörden weltweit pro Jahr entgehen, heißt es.
Der OECD-Bericht „Addressing Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) zeigt auf, wie sehr das Internet die territorialen Staaten bedroht. Amazon oder Google brauchen gar keine steuerpflichtigen Betriebsstätten in Ländern wie Deutschland zu errichten, sie kommunizieren mit ihren Kunden online und für den Fiskus unerreichbar. Wer hierzulande trotzdem Filialen errichtet, kann seine Gewinne – wie Ikea oder Starbucks – mittels hoher Lizenzgebühren kleinrechnen und beispielsweise in die Niederlande transferieren, wo Lizenzgewinne nicht besteuert werden.
Nun sollen drei Arbeitsgruppen bei der OECD bis Juni Handlungsempfehlungen erarbeiten. Mitte April wollen sich die Mitglieder zu einer zweitägigen Klausurtagung in Paris treffen. „Cluster 1“ beschäftigt sich mit der Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlagen, Vorsitzender ist der Deutsche Martin Kreienbaum. Der Leiter der Unterabteilung IV B (Internationales Steuerrecht) im Bundesfinanzministerium weiß um die Sensibilität seiner Mission. „Nur ein gegenseitiges Grundverständnis hilft uns weiter“, sagt Kreienbaum diplomatisch. Mit anderen Worten: Schnelle Lösungen sind nicht zu erwarten.
Schon die Frage, was schädlicher Steuerwettbewerb überhaupt ist, wird von den einzelnen Ländern höchst unterschiedlich gesehen. Jede fiskalische Finesse hat schließlich ihre besondere Berechtigung, und ihre Beurteilung hängt vom jeweiligen Standpunkt des Betrachters ab:
- Belgien akzeptiert den Abzug von Eigenkapitalzinsen vom zu versteuernden Gewinn, Deutschland lässt dagegen nur einen Fremdkapitalabzug zu. Belgien argumentiert damit, Eigenkapital mit Fremdkapital steuerlich gleichzusetzen und damit Unternehmen in ihrer Substanz zu stärken. Das sehen übrigens die Wirtschaftsweisen in Deutschland ganz genauso, doch der Bundesfinanzminister fürchtet hier Steuerausfälle in Milliardenhöhe.
- Dass in den Niederlanden Lizenzeinnahmen praktisch nicht besteuert werden, gilt dort als Förderung von Forschung und Entwicklung. Deutsche Kritik kontern die Niederländer, Berlin betreibe selbst eine projektgebundene Forschungsförderung.
- Deutschland bietet seit der Unternehmensteuerreform 2008 die Möglichkeit, Betriebsvermögen erbschaftsteuerfrei zu schenken oder zu vererben. Die Verschonungsregel soll Familienunternehmen beim Übergang von einer Generation auf die nächste nicht schwächen. Über eine sogenannte Cash-GmbH lässt sich aber auch privates Geld-, Immobilien- oder Aktienvermögen am Finanzamt vorbeischleusen.
Nationale Regeln, die bei isolierter Beurteilung bieder und harmlos erscheinen, bekommen durch die zunehmende internationale Vernetzung eine potenzierende Wirkung. Wie ausgefuchst Steuergestalter dabei vorgehen, hat der Experte Reimar Pinkernell von der Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg anhand des Beispiels von Google nachverfolgt (siehe Grafik).
In Deutschland ist der Internet-Riese lediglich mit einer kleinen Servicefirma vertreten. Die schätzungsweise drei Milliarden Euro Anzeigenumsatz hierzulande wickelt der Konzern über eine irische Gesellschaft ab. Die deutschen Finanzämter bekommen damit nur die steuermindernden Betriebsausgaben von Googles deutschen Werbekunden zu sehen, nichts aber vom milliardenschweren Gewinn. Der kalifornische Konzern verschiebt seine Gewinne mithilfe von Double-Irish- und Dutch-Sandwich-Konstruktionen, so der Steuerberaterjargon, nahezu steuerfrei in die Karibik. Google-Verwaltungsratschef Eric Schmidt sagt dazu, man nutze nur die legalen Möglichkeiten geschickt aus: „It’s called capitalism. We are proudly capitalistic.“
US-Companys auf Kriegskasse
Europäer und insbesondere in der sozialen Marktwirtschaft aufgewachsene Bundesbürger mag es bei diesen Worten schaudern. Doch in den USA ist kapitalistisches Gedankengut keineswegs verpönt. Im Gegenteil, die US-Regierung unterstützt das Steuersparmodell à la Google tatkräftig – solange die Konzerne für ihre inländischen Aktivitäten daheim brav ihre Steuern von bis zu 40 Prozent zahlen.
Was kaum jemand weiß: Seit die Regierung 2009 einen „Tax Holiday“ ausgerufen hat, stundet der US-Fiskus Google & Co. die Steuern auf ausländische und in der Karibik gebunkerte Gewinne. Mit dem Segen von Präsident Barack Obama sitzen die US-Companys auf einer gigantischen Kriegskasse, mit der sie die Weltmärkte erobern. Von den Triple-B-Inseln Barbados, Bermudas und British Virgin Islands stammten 2010 mehr ausländische Direktinvestitionen als aus Deutschland, empört sich Schäubles Spitzenbeamter Sell.
Ein Hauch von United Fruits umweht die neuen US-Konzerne, nur dass es heute nicht um mittelamerikanische Bananen geht, sondern um Internet-Dienste, Smartphones und ein hippes Kaffeegefühl für die ganze Welt. Und an die Stelle von Kungeleien mit Diktatoren sind steuerliche Tricksereien getreten.
Gegen den Fiskalimperialismus der Amerikaner kommen weder Finanzminister Schäuble allein noch alle Europäer zusammen an. Allein die vage Hoffnung bleibt, die klamme US-Regierung werde eines Tages doch die gestundeten Steuermilliarden kassieren.
Steueroasen
Ein echtes Paradies: Viel Sonne, Strand und keine Steuern für Unternehmen, Werktätige und Privatiers
Irische Spezialität: doppelter Firmensitz mit direktem Zugang in die Karibik
Keine Steuern auf Lizenzen! Der Fiskus bietet geheime "Tax Rulings" zu Sonderkollektionen an
Nie mehr geteilt: Unternehmen vererben ohne Steuer. Gilt auch für privates Geld-, Aktien-, Immobilienvermögen
Kanalinsel im Kronbesitz von Elisabeth II. ohne Mehrwert-, Kapitalertrag- und Erbschaftsteuer. Milde Tarife für Unternehmen
Flamen mögen forschungsintensive Firmen: nur 6,8 Prozent Steuern. Plus: Fiktive Eigenkapitalzinsen drücken den Gewinn
Auf den ersten Blick teuer, aber reizvolle Doppelbesteuerungsabkommen mit Polen oder Südkorea
Gerade wer mit Kunst handelt, liebt die Finanzverwaltung der Insel für ihre Flexibilität und Verschwiegenheit
Derweil gelingt es den Europäern nicht einmal, den Kampf gegen Steuererosion und Gewinnverschiebung wenigstens innerhalb der EU auszutragen.
Ohne das Ausnutzen von irischen und niederländischen Steuerspezialitäten hätten es beispielsweise die amerikanischen Konzerne viel schwerer, ihre Gewinne aus Europa steuerschonend abzusaugen. Auch der Möbelriese Ikea nutzt die Niederlande, um seine Steuern zu minimieren. Selbst die Rolling Stones täten dies, berichtete der grüne Abgeordnete Jesse Klaver aus Den Haag bei einer Anhörung im Bundestag; die Rockband streckt dem Fiskus die Zunge raus und zahle nur 0,008 Prozent Steuern. Überdies deponierten viele afrikanische Unternehmen ihre Markenrechte in den Niederlanden und schöpften so Gewinne vom schwarzen Kontinent ab, empört sich Klaver: „Wir Niederländer haben immer einen großen Mund, wenn es um Menschenrechte geht. Aber steuerlich schaden wir der Dritten Welt.“
Beim Geld hört eben die Nächstenliebe auf! Steuern gehören zur nationalen Identität, die fiskalische Selbstbestimmung ist höchster Ausdruck staatlicher Souveränität.
Selbst und erst recht in der größten Not. So ließen die Iren nicht an ihrem Steuersystem rütteln, als ihre Banken 2009/10 vor dem Kollaps standen und Deutsche, Franzosen und andere Retter eine Gegenleistung für ihre 52 Milliarden Euro Hilfsgelder verlangten. Die Grüne Insel lockt weiterhin mit einem regulären Unternehmensteuersatz von 12,5 Prozent. Und ebenso besteht die Möglichkeit, mittels eines zweiten Firmensitzes auf den Bermudas Gewinne direkt ins ferne Steuerparadies zu transferieren.
Luxemburg lässt sich ebenfalls nicht hineinreden. Bisher verkniff sich die Bundesregierung Kritik am kleinen Nachbarn, aus diplomatischem Kalkül, weil man Ministerpräsident Jean-Claude Juncker in sei in seiner Zeit als Euro-Gruppen-Chef nicht vergrätzen wollte. Auf die jüngsten Äußerungen aus Berlin, Länder wie Zypern hätten künstlich aufgeblasene Finanzsektoren und müssten ihr Geschäftsmodell ändern, reagierte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn gereizt. Schon das Wort „Geschäftsmodell“ könne er sehr schwer ertragen.
Zersplittertes Europa
Selbst auf seinen britischen Amtskollegen Osborne kann sich Schäuble nicht wirklich verlassen, obwohl beide Finanzminister die G20-Initiative gegen unfairen Steuerwettbewerb ins Leben gerufen haben. Das Vereinigte Königreich hat nämlich seine eigenen Steuerparadiese. Nicht nur die Britischen Jungferninseln in der Karibik, auch die Kanalinseln Jersey und Guernsey werben mit ihrer „Tax Neutrality“; steuerfreie Stiftungen („Trusts“) sind eine Inselspezialität. So viel Geld haben Jersey und Guernsey angezogen, dass sie auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 satte 300 Milliarden Pfund als Liquiditätshilfe in die Londoner City pumpten und diese vor einen Kollaps bewahrten. Das wird auch ein Finanzminister Osborne nicht vergessen.
Europa war, ist und bleibt steuerpolitisch zersplittert. Auch nach einem halben Jahrhundert EWG, EG und EU gibt es zwischen den mittlerweile 27 Mitgliedstaaten 280 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA), stellt EU-Generaldirektor Zourek frustriert fest. Selbst der Versuch, wenigstens eine gemeinsame Bemessungsgrundlage zur Besteuerung von Unternehmen (GKKB) zu finden, lief im vorigen Jahr ins Leere. Zourek: „Der Beifall war enden wollend.“ Auch die Deutschen hielten sich mit Applaus zurück – sie mögen nämlich nicht auf ihr Unikum der Gewerbesteuer verzichten.
Den Kampf gegen unfairen Steuerwettbewerb müssen die Länder am Ende mit nationalen Mitteln führen. Die Bundesregierung hat 2008 beispielsweise die Zinsschranke und die Besteuerung von Funktionsverlagerungen eingeführt, um Gewinnverschiebungen ins Ausland zu unterbinden. Der Erfolg ist begrenzt. Findige Konzerne sind damit kaum zu packen. Selbst Paragraf 42 Abgabenordnung, der sich gegen ausschließlich steuerlich motivierte Firmenkonstruktionen richtet, ist auf internationaler Ebene so zahnlos, dass er gar keine Anwendung findet, kritisiert Thomas Eigenthaler, Vorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Das Problem seien vor allem ausländische Unternehmen, erläutert Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft, deren Mutterländer unfaire Steuerpraktiken tolerierten.
Welche Strafen Steuertricksern drohen
Hier wird in der Regel eine Geldstrafe verhängt, die in etwa einem Jahresnettoeinkommen des Steuerpflichtigen entspricht.
Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln die Geldstrafe nach so genannten Tagessätzen. Der Geldbetrag für einen Tagessatz soll dem Tagesnettoeinkommen entsprechen.
Hat jemand ein Jahreseinkommen von 50.000 Euro brutto und Abzüge von 20.000 Euro für Steuern, Versicherungen und ähnlichem, so wäre der Tagessatz 82 Euro (gerechnet: 30.000:365).
Bei einer Hinterziehung von 10.000 Euro werden in der Regel 365 Tagessätze verhängt. Das bedeutet im Beispielsfall 365x82 = 29.930 Euro. Die Geldstrafe läge also bei rund 30.000 Euro.
Bei hohen Einkommen kann laut Experten die Strafe durchaus höher als die hinterzogene Steuer sein. Schließlich soll sich Steuerhinterziehung ja nicht lohnen.
Bei 20.000 Euro kommt man zu rund 440 Tagessätzen. Die Strafe läge im Beispielsfall dann 36.080 Euro.
Es ist bekannt, dass in den verschiedenen Bundesländern unterschiedlich streng bestraft wird. Eine interne Tabelle weist dies nach. Insofern gelten die hier genannten Strafrahmen nicht absolut, sondern sind lediglich Faustregeln.
Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Az. 1 StR 525/11) ist die Chance, auch bei schweren Steuervergehen um eine Haftstrafe herumzukommen, deutlich gesunken. Die Karlsruher Richter haben mit ihrer Entscheidung ein Urteil des Landgerichts Augsburg kassiert, das einen Unternehmer wegen 1,1 Millionen Euro hinterzogener Steuern nur zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt hatte. Dieses Strafmaß sei zu gering, entschied der BGH. Das Urteil liegt im Trend, glaubt Martin Wulf von der auf Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei Streck Mack Schwedhelm: „In der Tendenz ziehen die Sanktionen an“, sagt der Jurist.
Dagegen will Bundesfinanzminister Schäuble nun vorgehen, indem er alle 90 Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Ländern korrigiert. Ursprünglich sollten sie eine zweifache Belastung von international aktiven Unternehmen verhindern. „Jetzt muss es darum gehen, eine doppelte Nichtbesteuerung zu verhindern“, sagt Schäuble. Dabei findet eine kleine Revolution statt. Bisher gilt das Freistellungsprinzip, wonach Deutschland auf sein Besteuerungsrecht verzichtet, wenn ein Unternehmen Gewinne bereits im Ausland versteuert. Angesichts von Ministeuersätzen anderer Länder geht das Bundesfinanzministerium nun zur Hinzurechnungsmethode über: Steuerzahlungen im Ausland werden vom deutschen Fiskus zwar anerkannt, Unternehmen müssen aber den Differenzbetrag bis zum hiesigen Steuersatz nachzahlen.
Gegen solche Steuersünder helfe nur Transparenz und öffentlicher Druck, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete Thomas Gambke und fordert: „Jedes Unternehmen muss offenlegen, wo und wie viel Steuern es zahlt. So wird sichtbar, welche Unternehmen Geld in Steueroasen parken.“ Dann könnte sich die Öffentlichkeit empören – wie in Großbritannien, wo Starbucks nach einem Sturm der Entrüstung Steuern nachzahlte. Auch der FDP-Finanzpolitiker Volker Wissing setzt auf die Kraft von Moral und Anstand und empfiehlt das Ideal des „ehrbaren Kaufmanns“ für alle Unternehmen.
Und was plant die OECD? Nicht viel, weiß deren Steuerabteilungsleiter Achim Pross schon vor Abschluss der BEPS-Gespräche. „Im Juni wird es keine klare Lösung mit einer Formel geben.“ Als Ziel gibt Pross an: die öffentliche Debatte. Das klingt wie – Hauptsache, wir haben darüber geredet.