
Alles, was Menschen hilft, sich in ihrer Haut wohler zu fühlen, ist eine gute Idee, solange andere dadurch nicht unzumutbar benachteiligt werden. Ist es allerdings nur gut gemeint, dann sollte man es lassen. Gucken wir also mal.
Die als Zeichen für Gendergerechtigkeit genutzte Sternchen-Schreibweise („Liebe Leser*innen“) gehört nach meiner festen Überzeugung - wie schon an anderer Stelle ausgeführt - in die letzte Kategorie. Letztendlich fallen hier Schrift und Sprache auseinander. Man kann nicht mehr vorlesen, was da steht. Keiner kann das. Egal, welchem Gender man sich zuordnet. Stattdessen müssten wir uns beim Sprechen gendergerecht ausdrücken. Dann könnte man es auch schreiben und lesen („Liebe Lesende“).
Bei den Urinalen für Frauen geht es auf den ersten Blick auch um Gleichberechtigung. Und man könnte einwenden: Männer und Frauen sind anatomisch nun einmal verschieden. Dies hat nichts mit unseren Rechten zu tun. Manchmal macht es eben keinen Sinn, das Gleiche tun zu dürfen, wenn es keine Vorteile bringt. Ich persönlich kenne zum Beispiel keine Männer, die beklagen, beim Joggen ohne Sport-BH unterwegs sein zu müssen, weil der Handel keine solchen BHs für Männer vorhält.





Frauen wiederum nutzen das ihnen unbenommene Recht kaum aus, sich ihr Gesicht jeden Morgen nass zu rasieren.
Völlig unabhängig von allen Gerechtigkeitsdebatten wäre aber ein Urinal speziell für Frauen eine sehr gute Idee, wenn es das Leben vieler Frauen viel schöner machen würde, ohne anderen Frauen und auch Männern das Leben schwerer zu machen. Also: Wahrscheinlich würde Ihnen geschätzt 80 Prozent aller Reinigungskräfte bestätigen: Öffentliche Toiletten für Frauen sind ungleich stärker verschmutzt als die von Männern. Das liegt nicht am bösen Willen der Damen, sondern an dem wunderbar praktischen anatomischen Utensil der Männer, das den Frauen trotz aller Gleichberechtigung und der rasanten Fortschritte in der Genforschung wohl noch viele Jahrzehnte fehlen wird.
Das Problem ist: Wie Männer auch wollen Frauen sich zum Pinkeln nicht auf die nackte Klobrille öffentlicher Toiletten setzen. Während Männer sich aber in speziellen Pissoire erleichtern können, bleibt Frauen nichts anderes übrig, als sich einzuschließen und angestrengt frei über der Schüssel hockend gut zu zielen. Und das gelingt aus der Höhe eben nicht so optimal.
Der Effekt: Die Nächste, die sich setzen will oder muss, häuft angeekelt Schichten von Papier auf die Brille, um die Folgen der Fehlschüsse zu verdecken. Doch von diesem Papier fliegt schließlich einiges neben die Toilette auf den feuchten Boden, statt in den Abfluss. Und prompt ist die Kabine eine einzige Zumutung. Bislang ist den Männern nicht mehr dazu eingefallen, als stolz zu lächeln: „Tja.“
Nun gibt es also ein Urinal für Frauen. Die Berliner schlagen das Modell „Girly Urinal“ vor - übrigens designet von einem Mann - dem Italiener Matteo Thun. Dieses Frauen-Urinal kommt den weiblichen Bedürfnissen regelrecht entgegen. Im Klartext: Es fängt den Strahl dort auf, wo er anatomisch bedingt entlang geht. Vor allem viel weiter oben. Gegen den Streuverlust. Das ist sauberer.
Nun ist es aber so, dass auch ein sauberes Urinal eben nicht zum Sitzen einlädt. Genau wie ein Standard-Klo mit verschmutzter Brille kann man es für das große Geschäft im Sitzen nicht benutzen. Mit anderen Worten: Für Frauen, die sich gerne setzen wollen, ist nichts gewonnen. Und im Stehen pinkeln kann man ja auch auf Toiletten, auf die man sich auf keinen Fall mehr setzen möchte (das weiß ich als Mann nur allzu gut).