Front National Rechtspopulistin Le Pen setzt bei Wahl auf Trump-Effekt

Zweieinhalb Monate vor der französischen Präsidentschaftswahl scheint es wahrscheinlich, dass Le Pen in die Stichwahl kommt. Damit ist die Wahl auch eine Entscheidung über das Schicksal der Europäischen Union.

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Marine Le Pen, Vorsitzende des Front National (FN). Quelle: dpa

Im Wahlkampf-Hauptquartier von Marine Le Pen wird demonstrativ aus einer Trump-Tasse getrunken. So zu sehen in einem betont locker inszenierten Youtube-Video aus dem Pariser Büro von David Rachline, dem Kampagnenchef der französischen Rechtspopulistin. Die Botschaft ist klar: Die Front National sieht den Sieg von Donald Trump in den USA als Zeichen, dass auch ihre Stunde gekommen ist.

An diesem Wochenende schwört Le Pen ihre Mitstreiter in Lyon auf den Wahlkampf ein und stellt ihr Programm vor. Noch nie konnte die Rechtsaußen-Partei so ein gutes Ergebnis bei der Präsidentschaftswahl erwarten. In Umfragen für den ersten Wahlgang im April liegt sie mit um die 25 Prozent seit Wochen vorn und kann damit rechnen, in die entscheidende Stichwahl im Mai zu kommen.

Die Abstimmung ist damit auch eine Entscheidung über das Schicksal der Europäischen Union. Denn eins ist klar: Der ohnehin angeschlagenen EU droht bei einem Le-Pen-Sieg das Auseinanderbrechen. Die 48-Jährige hat schon angekündigt, dass sie innerhalb von sechs Monaten ein Referendum über den Austritt der zweitgrößten Euro-Wirtschaft aus der Gemeinschaft organisieren würde. In ihrem Wahlprogramm steht die Forderung an erster Stelle. Wenn die EU keinem Komplettumbau nach Le Pens Gusto zustimmt, will Le Pen für den „Frexit“ werben.

Das ist Geert Wilders

Seit der Übernahme der rechtsextremen FN von ihrem Vater, dem wegen Anstiftung zum Rassenhass verurteilten Jean-Marie Le Pen, bemüht sich Marine Le Pen, der Partei ein bürgerlicheres Image zu verpassen. Damit konnte sie bei Wahlen Zugewinne feiern, die wegen des Mehrheitswahlrechts aber nicht zu großer Macht führten.

Le Pen habe den FN-Diskurs „banalisiert“, sagte die Professorin Cécile Alduy, die ihre Sprache untersucht hat, dem Magazin „L'Obs“. Aber: „Um von einer ideologischen Entschärfung zu sprechen, müsste man das über das Vokabular hinaus in den Maßnahmen ihre Programms feststellen. Das ist nicht der Fall.“

„Zur Erneuerung der Partei gehörte, offenen Rassismus zu unterbinden“, analysiert die Deutsche Gesellschaft für auswärtige Politik. „Xenophobie ist allerdings weiterhin ein bestimmendes Thema. Statt Judentum ist das neue Feindbild der Islam.“ Ein Thema, das Le Pen vor allem vor dem Hintergrund der islamistischen Anschlagsserie in Frankreich herausstellt.

Nationalisten schwimmen auf der Euro-Welle
„Die EU ist ein impotentes Imperium, das Frankreich ausgeplündert hat.“Frankreich steht vor ungemütlichen Wochen. Der rechtspopulistische Front Nation von Parteichefin Marine Le Pen ist Umfragen zufolge die derzeit populärste Partei in Frankreich. Nach Siegen bei Regionalwahlen hoffen die Euro- und Europa-Kritiker nun, auch bei der Europawahl im kommenden Jahr punkten zu können. Aggressiver als alle anderen Politiker hat Le Pen die Ängste vor der Globalisierung und vor den Folgen der Krise verdichtet: An allem sei die EU und die Banken schuld, in deren Auftrag die europäischen Funktionäre handelten. Le Pen will Europa zerschlagen, damit Frankreich wieder Herr im eigenen Hause ist. Quelle: REUTERS
"Ich beuge mich nicht dem Diktat unnützer Forderungen aus Brüssel"Die Regierungskoalition in den Niederlanden ist Ende April 2012 zerbrochen, weil sich Geert Wilders - der die europafreundliche Minderheitsregierung von Mark Rutte duldete - nicht länger dem "Spardiktat" und "unnützen Forderungen" aus Brüssel beugen wollte. Wilders Partei verlor daraufhin bei den Parlamentswahlen deutlich an Stimmen. Nun hofft Wilders bei den Europawahlen 2014 punkten zu können. Quelle: REUTERS
„Wir sagen Nein zu allem. Wir sind für den Umsturz“Schuldendesaster und Rezession bewegen immer wieder griechische Politiker zu scharfen Tönen gegenüber der Europäischen Union. Die Regierung von Antonis Samaras ist derzeit zwar stabil, doch keiner weiß, ob bei einer Zuspitzung der Krise die radikalen Kräfte ein Comeback feiern können. Offen europafeindlich geben sich die stalinistischen griechischen Kommunisten (KKE). „Wir sagen Nein zu allem. Wir sind für den Umsturz“, sagte KKE-Generalsekretärin Aleka Papariga (Foto). Quelle: Handelsblatt Online
„Wir sollten erwägen, mit möglichst geringem Schaden die Euro-Zone zu verlassen“Nur knapp bei den letzten Wahlen musste sich Kabarettist Beppe Grillo geschlagen geben. Aufgegeben hat er längst nicht. Er macht lautstarke Opposition. Gegen die Regierung und gegen die Europäische Union. Quelle: AP
"Deutschland und Frankreich zwingen der EU ihre rigorose Sparpolitik auf"Die Schuldenkrise und der Sparkurs waren die Hauptgründe dafür, dass die Spanien im November 2011 die sozialistische Regierung abwählten und der konservativen Partido Popular das beste Ergebnis ihrer Geschichte bescherten. Doch ihr Stimmenanteil ist in Umfragen von 45 Prozent auf inzwischen rund 38 Prozent geschrumpft. Premier Mariano Rajoy (im Bild) bekommt den Unmut der Wähler zu spüren. Vor allem die Arbeitsmarktreform mit der Lockerung des Kündigungsschutzes oder die jüngsten Einsparungen im Gesundheits- und Bildungssystem lassen seine Zustimmungswerte sinken. Quelle: REUTERS

Le Pen präsentiert sich als nah an den Sorgen der Bürger und appelliert meisterhaft an das verbreitete Gefühl des Misstrauens und der Enttäuschung über „die da oben“. Nach dem Scheitern der Staatschefs Nicolas Sarkozy und François Hollande, die beide mit dem Versprechen eines Wechsels angetreten waren, ist diese Kluft ständig spürbar. Das Land leidet weiter unter einer hohen Arbeitslosigkeit vor allem bei jungen Leuten.

Marine Le Pens Antwort: Protektionismus und deutliche Reduzierung der Einwanderung - einen Einreisestopp à la Trump fordert sie aber nicht. Le Pen will etwa eine Steuer auf Arbeitsverträge für Ausländer, eine „Sozialabgabe“ auf Importe, den Austritt aus der Nato. Das alles wird flankiert mit dem Versprechen von Entlastungen für Geringverdiener und Mittelschicht.

Wie radikal ist der Front National?

Der Wirbel um die Scheinbeschäftigungsvorwürfe gegen den konservativen Kandidaten François Fillon könnte Le Pen weiter nützen. Dieser galt als ein Bollwerk gegen ein Vorrücken der Front National etwa im katholischen Wählermilieu.

Dabei steht Le Pen selbst in der Kritik, weil sie verdächtigt wird, als Europaabgeordnete aus EU-Mitteln Mitarbeiter bezahlt zu haben, die in Wahrheit für ihre Partei arbeiteten. Sie kontert die Vorwürfe und die laufenden Ermittlungen schlicht mit der Anschuldigung, diese seien rein politisch motiviert.

Nun sollte nicht vergessen werden, dass Le Pen zwar für den ersten Wahlgang Rückenwind hat - für den zweiten Wahlgang sagen Umfragen ihr aber ebenso regelmäßig eine krachende Niederlage voraus. Egal, ob sie nun in einem Duell gegen Fillon oder den unabhängigen Polit-Jungstar Emmanuel Macron steht. Zwar steht die Aussagekraft von Umfragen spätestens seit dem Brexit-Votum zur Debatte, doch der Abstand ist mit um die 60 zu 40 Prozent schon sehr deutlich.

Dennoch haben in Frankreich in den vergangenen Monaten auch Politiker wie der ehemalige Premierminister Manuel Valls gewarnt, dass ein Sieg Le Pens möglich sei. In jedem Fall hat die Front-National-Chefin es geschafft, zur zentralen Figur des Wahlkampfs zu werden - und dürfte damit auch maßgeblich dessen Themen prägen.

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