Italien Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

Ein Gericht in Italien hat den langjährigen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi in einem Abhör-Verfahren am Donnerstag zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt. Auch sein Bruder Paolo Berlusconi wurde verurteilt.

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Silvio Berlusconi Quelle: dpa

Der frühere italienische Regierungschef Silvio Berlusconi ist in einem Prozess um veröffentlichte vertrauliche Telefongespräche zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das entschied ein Mailänder Gericht am Donnerstag. Berlusconi war der Beihilfe zur Veröffentlichung von Telefongesprächen angeklagt, mit denen ein politischer Gegner geschädigt wurde.

Ins Gefängnis muss Berlusconi vorerst nicht, sofern er Berufung einlegt, womit allerdings zu rechnen ist. Bis alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind, muss er nicht ins Gefängnis. Das könnte sich über Jahre hinziehen. Sein Bruder Paolo Berlusconi wurde wegen der Veröffentlichungen in der Zeitung „Il Giornale“ zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

In dem offensichtlich von Ermittlern abgehörten Gespräch soll der Linkspolitiker Piero Fassino den früheren Unipol-Chef Giovanni Consorte zu einer Bankenübernahme ermutigt haben. Die Versicherungsgesellschaft Unipol steht der Mitte-Links-Partei PD nahe, die stärkster Gegner Berlusconis war. Consorte wurde wegen Insiderhandels in dem Übernahmeverfahren verurteilt. Berlusconi hatte ausgesagt, dass er niemals das besagte Telefongespräch mitgehört habe, sonst wüsste er davon. Sein Anwalt Pietro Longo nannte das Urteil das jüngste Beispiel der Feindseligkeit der Mailänder Justiz seinem Mandanten gegenüber. „Ich bin nicht überrascht, wir sind in Mailand“, sagte Longo. Berlusconi hat immer wieder beklagt, linke Mailänder Richter und Staatsanwälte verfolgten ihn aus politischen Gründen.

Für Berlusconi ist es die zweite Verurteilung in erster Instanz in einem Gerichtsverfahren innerhalb weniger Monate. Zu den noch laufenden Verfahren gegen den umstrittenen Mailänder Medienzar und Milliardär gehört vor allem noch das spektakuläre „Ruby“-Verfahren um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch. In dem Prozess wird das Urteil in erster Instanz noch im März erwartet. In Italien wird ein Urteil nach drei Instanzen rechtskräftig, sofern der Verurteilte in die Berufungsverfahren geht.

Bereits im Herbst 2012 wurde Berlusconi im Mediaset-Verfahren um Steuerhinterziehung zu vier Jahren Haft verurteilt. Doch ob das Urteil im Berufungsverfahren je rechtskräftig wird, ist fraglich. Die Mediaset-Straftaten verjähren Mitte 2014. In zweiter Instanz soll noch im März ein Urteil gesprochen werden.

Schon im Februar 2012 endete ein Korruptionsprozess gegen Berlusconi mit Freispruch. Die ihm zur Last gelegten Vorwürfe in dem Verfahren um den britischen Anwalt David Mills seien verjährt, entschied das Gericht. Berlusconi soll dem britischen Anwalt in den 90er Jahren für Falschaussagen 600 000 Dollar Bestechungsgeld gezahlt haben. Ein zweites Verfahren ging zuvor im Herbst 2011 gut für Berlusconi aus: In der Vorverhandlung um mutmaßliche Steuervergehen beim Verkauf von Film- und TV-Rechten seines Subunternehmens Mediatrade sprach eine Untersuchungsrichterin Berlusconi frei. Das Verfahren war ein Nebenstrang des Mediaset-Prozesses.

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