
Der Ort ist sicher nicht zufällig. Das Berliner Theater „Volksbühne“ am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. Mehr „links“ in einer Adresse geht kaum. Also genau der richtige Ort für den früheren griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis und Mitstreiter aus ganz Europa, die heute, wie schon lange angekündigt, ihr Netzwerk „Democracy in Europe Movement 2025“ (DiEM25) der Öffentlichkeit präsentiert haben. Es soll verschiedene linke Protestbewegungen bündeln.
Die schrägsten Varoufakis-Zitate
"Die monumentale Aufgabe, vor der wir stehen, liegt darin, den Geist der Troika zu vertreiben, ihre Mentalität auszulöschen und ihre Macht in Europa, nicht nur in Griechenland, zu beenden."
"Heute zu sagen, dass die Griechen zahlen müssen, was mir vernünftig erscheint, heißt, dass die üblichen Opfer noch mehr leiden müssen. Das ist eine Einstellung Auge um Auge, Zahn um Zahn, eine Art biblische Wirtschaft, die jeden in Europa hilflos macht."
"Zu jedem verantwortungslosen Kreditnehmer gehört ein verantwortungsloser Kreditgeber. Vor 2010 hat das im Überfluss vorhandene Kapital in Griechenland einen Tsunami an Schmarotzer-Krediten ausgelöst."
"Im Mittelalter haben „Ärzte“ Aderlässe verschrieben, die oft eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Patienten auslösten, auf die der „Arzt“ mit weiteren Aderlässen reagiert. Das ist die Art von Gedankengang, die perfekt die Einstellung Europas zeigt: Je mehr die Austerität scheitert, desto mehr wird von ihr verschrieben."
"Wenn wir in Europa unter einem Defizit leiden, dann ist es ein Defizit an Demokratie. Davon profitieren schwarze Mächte, die Demokratie und Menschenrechte aushöhlen wollen."
"Europas heutige Haltung ist eine Bedrohung für die Zivilisation, wie wir sie kennen."
"Merkel ist die mit Abstand scharfsinnigste Politikerin in Europa. Da gibt es keinen Zweifel. Und Wolfgang Schäuble ist vermutlich der einzige europäische Politiker mit intellektueller Substanz."
„Der rasche Zerfall Europas muss gestoppt werden“, sagte Varoufakis. Er warnte vor einem neuen Nationalismus in Europa und einer Situation wie in den 1930er Jahren. Das "Phänomen der Renationalisierung" sei verbunden mit einer "Nationalisierung der Hoffnung". Ziel vieler Regierungen sei es, Probleme "nicht vor der eigenen Haustür" zu haben. Die Lösung könne aber nicht sein, "zum Nationalstaat zurückzukehren, Mauern zu bauen und den Kopf in den Sand zu stecken". Es gehe darum, die Rückkehr zu Nationalstaaten und zu neuen Mauern zu verhindern, sagte Varoufakis mit Blick auf die Flüchtlingskrise. Die EU-Institutionen hätten versagt in den vergangenen Monaten. Und jedes EU-Land sei auf den eigenen Vorteil bedacht.
Demokratisierung als Lösung
Die EU habe einen "jahrzehntelangen Prozess der Entpolitisierung von Entscheidungsfindung" durchlebt, beklagte Varoufakis. Die Lösung sei eine Demokratisierung der europäischen Institutionen sowie mehr Transparenz. „Die EU wird demokratisiert werden. Oder sie wird auseinanderfallen!“ steht als Motto über dem Manifest der Bewegung.
Varoufakis geht es nach eigener Aussage nicht darum, eine neue Partei zu gründen aus einem bestimmten Land heraus. Vielmehr gehe es um eine europaweite Bewegung, die allen Demokraten offen stehe - Linken, Grünen, Sozialisten und Liberalen. Konservative fehlen allerdings in dieser Auflistung.
Ziel sei es, Europa zu demokratisieren und die Vorherrschaft des Finanzkapitals zu brechen, erklärten die Initiatoren der neuen Bewegung. Dazu seien eine umfassende Reform der EU-Institutionen und ein verfassungsgebender Prozess von unten notwendig, wie es in dem Manifest heißt.
Varoufakis war im Juli vergangenen Jahres auf dem Höhepunkt der harten Verhandlungen zwischen Griechenland und den internationalen Gläubigern des Landes zur Verhinderung eines Staatsbankrotts zurückgetreten.