Rüstungsexporte Schöne Waffen für Athen

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Europa schlägt Profit

Daniel Cohn-Bendit, Chef der Grünen im Europaparlament Quelle: REUTERS

Cohn-Bendit glaubt, dass hinter dem Zaudern Europas handfeste wirtschaftliche Interessen stehen. Hauptprofiteur der griechischen Aufrüstungspolitik ist dabei ausgerechnet Europas Sparmeister Deutschland. Laut dem gerade veröffentlichten Rüstungsexportbericht 2010 sind die Griechen nach den Portugiesen – auch ein Staat kurz vor der Pleite – die größten Abnehmer deutscher Kriegswaffen.

Spanische und griechische Zeitungen verbreiteten gar das Gerücht, Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hätten Griechenlands Ex-Premier Giorgos Papandreou noch Ende Oktober am Rande eines Gipfeltreffens daran erinnert, bestehende Rüstungsaufträge zu erfüllen oder gar neue abzuschließen. Im Umfeld Papandreous wird das nicht bestätigt, auch die Bundesregierung dementiert entschieden: "Meldungen, Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy hätten Griechenland jüngst zu neuen Rüstungsgeschäften gedrängt, entbehren jeder Grundlage", teilt ein Sprecher per E-Mail mit.

Griechenland investiert zu viel

Aber wer sich in Berlin, Brüssel und Athen umhört, bekommt Zweifel, ob Deutschlands Rolle wirklich so ist, wie es die Bundesregierung beschreibt. Die Rüstungsbranche hat Einfluss in der Bundeshauptstadt – wie viel, hat Hilmar Linnenkamp erlebt. Er war jahrelang Unterabteilungsleiter für internationale Rüstungsangelegenheiten im Verteidigungsministerium und ist heute Berater der Stiftung Wissenschaft und Politik. "Die Industrie unterhält traditionell beste Beziehungen bis in die Regierungsspitzen", sagt er.

Deutlich ist das offenbar auch bei Staatsbesuchen in Griechenland geworden: Deutsche Regierungsmitglieder äußerten dort ihre Exportwünsche, und die Griechen bekräftigten ihren Importbedarf. Dabei habe jeder gewusst, "dass Griechenland zu viel in sein Militär investiert", so Linnenkamp. Dennoch türmten die Griechen im Lauf der Jahre enorme Verpflichtungen auf.

Eines der milliardenschweren Geschäfte spricht auch der Mann in dem Café in der Athener Innenstadt an. Er sagt, dass die griechische Regierung schon 1999 insgesamt 90 Eurofighter bestellen wollte und deshalb sowohl mit dem Hersteller EADS wie auch dem damaligen Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) gesprochen habe. Damals tätige Rüstungslobbyisten konnten ihr Glück kaum fassen: "Wir brachten einen Außenminister Fischer dazu, mit dem damaligen griechischen Ministerpräsidenten Simitis über den Erwerb von Eurofightern zu reden. Ein grüner Minister trat gegenüber einem griechischen Sozialdemokraten für den Erwerb von Kampfflugzeugen für Griechenland ein", sagt einer. Nur: Bei der Absichtserklärung zum Kauf ist es bis heute geblieben – sehr zum Ärger der heutigen Bundesregierung und des Rüstungskonzerns EADS.

Zwischen 2005 und 2007, so berichten Personen aus dem Umfeld früherer griechischer Regierungen, drängte Angela Merkel die Griechen immer wieder, ihr Versprechen zu halten. Weil der damalige Regierungschef Kostas Karamanlis auf Zeit spielte, sei Merkel nicht gut auf ihn zu sprechen gewesen, heißt es. Die Inhalte von Regierungsgesprächen seien vertraulich; allerdings sei es "in solchen Gesprächen nicht üblich, dass Bundeskanzlerin Merkel zum Kauf von Eurofightern drängt", sagt dazu heute eine Sprecherin der Bundesregierung.

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