




Angesichts wachsender Schuldenberge in den Euro-Ländern wachsen die Zweifel, ob die Währungsunion ein gelungener Reformschritt für Europa war. Die „Alternative für Deutschland“ sieht im Euro die Ursache für die Schuldenkrise. Mit der Forderung nach Auflösung des Euro-Währungsgebietes wirbt die Partei bei der kommenden Bundestagswahl um Stimmen und kann vielleicht Zünglein an der Koalitionswaage spielen.
Aber hat der Euro tatsächlich Griechenland und den Rest Europas in die Schuldenkrise getrieben? Um diese Frage zu beantworten haben mein Kollege Sebastian Köhler und ich untersucht, wie hoch die Verschuldung der Euro-Länder heute ohne Einführung des Euro wäre. Die Modellrechnungen liefern drei überraschende Antworten:
Erstens wäre der Schuldenstand in den Euro-Ländern heute ohne die Einführung des Euro höher.
Zweitens sind hierfür die so genannten Geberländer des Nordens verantwortlich, während die Schuldenentwicklung in den Nehmerländern des Südens ohne den Euro teilweise niedriger, teilweise höher ausgefallen wäre.
Drittens ist nicht die Einführung des Euro schuld am griechischen Schuldenstand: Griechenland verschuldete sich bereits ab seinem EU-Beitritt im Jahr 1981 rasant.
Bevor ich diese Ergebnisse im Einzelnen erläutere, möchte ich daran erinnern, worauf sich die bislang vorherrschende Bewertung des Euro und des Schuldenstands in den Euro-Ländern stützt. Zum einen ist noch gut in Erinnerung, wie der deutsche Kanzler Gerhard Schröder und der französische Präsident Jacques Chirac den europäischen Wachstums- und Stabilitätspakt vor einigen Jahren aushebelten.
Gemeinsam brachten sie die Kommission sowie die anderen Mitgliedstaaten davon ab, ein so genanntes Defizitverfahren gegen die beiden europäischen Führungsnationen einzuleiten. Dieses Verfahren hätte laut Artikel 126 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Rahmen des Wachstums- und Stabilitätspakts greifen sollen, wenn das Haushaltsdefizit eines Landes den Referenzwert von 3 Prozent seines Bruttonationaleinkommens überschreitet.
Zum anderen scheint vielen Beobachtern der Blick auf den aktuellen Schuldenstand der Länder mit und ohne Euro auszureichen, um die höhere Überschuldung in den Euro-Ländern als Argument gegen den Euro zu werten. Griechenland liegt zurzeit bei einer Verschuldungsquote von über 150 Prozent seines Bruttonationaleinkommens, Italien über 120 und Irland über 100 Prozent, obwohl nur 60 Prozent laut Wachstums- und Stabilitätspakt erlaubt sind.